Christchurch College


Dieses Kollegium war anfangs ein Nonnenkloster unter S. Frideswiden; hernach ward ein Mannskloster von Regularibus, Augustinern, daraus; und erst spät bei der Aufhebung desselben stiftete Wolsey das Kollegium, welches in der Folge, als man in Oxford ein Bistum stiftete, sammt der dazu gehörigen Kirche zum Kapitel und zur Kathedralkirche erhoben ward. In der Kapelle zeigt man noch Monumente vom Jahre 740 und älter.

Die hiesige Bildergalerie soll 35000 Pfund gekostet haben; der General Guise hat sie hierher geschenkt. Auf die Vortrefflichkeit und Echtheit einer Damaskenerklinge hätte er sich vielleicht besser verstanden; denn diese Bilder sind großenteils Kopien, so viel man sich auch darauf zu gute tut, und zum Teil sehr schlechte Kopien. Das beste ist unstreitig ein verblichener Karton von Andrea del Sarto, eine heilige Familie, von exquisiter Zeichnung. Annibal Caracci's Bild von seiner Familie, als Fleischer gekleidet, war mir wegen der plumpen Phantasie des Malers merkwürdig. Dieser Mensch konnte nicht dichten. Hier ist ein Fleischerscharrn mit großen Fleischstücken abgebildet, und die Söhne des alten Caracci's sind die Metzger. – Dies ist auch der ganze Charakter seiner Werke; Fleisch und Blut konnte er nachbilden, aber nicht den lebendigen Geist. Es sind allerdings unter dieser zahlreichen Sammlung einige Originale; allein es ekelt einen über allen Ausdruck, den Führer je zuweilen eine Kopie eingestehen zu hören, oder mit dem Ausdruck: nach Raphael, nach Titian, nach Guido, der Lüge zu entgehen, indes er sich bei diesen Geständnissen das Recht vorbehält, die ärgsten Sudeleien für Meisterwerke von der Hand der größten Künstler auszugeben. Von Holbein sah ich hier ein paar schöne Köpfe, wie denn überhaupt seine besten Arbeiten in England anzutreffen sind. Es ist in diesen weniger Härte, als ich ihm sonst zugetrauet hätte, und eine unübertreffliche Treue. Kein Strich, kein Zug ist vergessen; aber von dem Seinen ist nichts hinzugekommen: denn was der Künstler hinzutun soll, Genie in der Darstellung und Idealisierung, das hatte er nicht. Fleiß und Anstrengung sind unverkennbar.

Eine sehr zahlreiche Sammlung von Gemälden befindet sich in einem akademischen Gebäude, neben der Bodleyischen Bibliothek. Hier ist ein Gemisch von Gutem, Mittelmäßigem und Schlechtem zusammen gehäuft, dessen vorzüglicher Wert nur darin besteht, dass selbst ein schlechtes Porträt doch einige Idee von einem berühmten Manne, den es vorstellen soll, erweckt. Was hier außer den Porträts vorhanden ist, verdient keine Erwähnung.

In Magdalen College wird die Kapelle jetzt repariert. Wir sahen daher das schöne Altarblatt in der alten Bibliothek, wo die Bücher noch, nach der beliebten Methode der Klosterherren, an Ketten liegen. Der Guido ist in der Tat dieses Ganges wert, und eins der vortrefflichsten Werke von diesem Maler. Es ist ein Christus, der sein Kreuz trägt, in Lebensgröße. In dem Kopfe liegt ein wunderbarer Reichtum von Seelenausdruck, der den Zuschauer, welcher auch von dem dargestellten Gegenstande nichts wüßte, doch mit Entzücken über den Dichtergeist des liebevollen Künstlers erfüllen muß. Es ist fast der vollendetste Christuskopf, den ich je gesehen habe. Man erstaunt, dass der Künstler dieses Interesse unter den übrigen nachteiligen Umständen der darzustellenden Geschichte erwecken konnte. Die Stellung unter dem schweren Holze, das Christus trägt; die unmalerische Figur dieses Holzes selbst; die Entstellung der Gesichtszüge durch die livide Farbe, welche von den Wunden der Dornenkrone verursacht wird; der Strick um den Leib, der auf der Erde schleppt: – alles scheint sich verschworen zu haben, den edlen Gegenstand unter den ungünstigsten Verhältnissen so unedel als möglich erscheinen zu lassen. Dennoch hat der Geist des Künstlers gesiegt, wo er ungefesselt blieb. Schade nur, dass er gerade diesen Zeitpunkt wählte! Doch wie oft ist es der Fall, dass der Künstler wählen darf? Ein Mönch oder ein Pfaffe, oder, was noch ärger als beide ist, ein Andächtler, bestimmt das Sujet, und dem Maler bleibt nur das Verdienst übrig, die neue Schwierigkeit, die aus der Wahl eines unschicklichen Gegenstandes entspringt, durch seine Kunst zu überwinden.

In Allsouls College sieht man ein Altarblatt von Rafael Mengs. Es ist ein Heiland im Garten, nach der Auferstehung. Magdalene liegt vor ihm auf den Knieen, und seine Linke gebietet ihr, ihn nicht zu berühren. Dieses berühmte Noli me tangere ist unstreitig besser gemalt als der Guido; allein es läßt den Zuschauer kalt, weil ihm die theatralische Stellung nicht den Ausdruck ersetzt. Es ist fast nicht möglich einen schönern Körper als den des Heilands zu sehen; jeder Zug ist der Natur abgeborgt; das Ganze ist – eine sehr schöne Akademie. Auch wüßte ich nicht, dass Rubens etwas wahrer und schöner koloriert hätte. Ich finde die Draperie edel, die Verkürzung des Arms meisterhaft, den Christus–, oder besser, den bärtigen Bacchuskopf von großer Schönheit, und selbst die kniende Magdalene hat genug von einer Niobes-Tochter, um vor Kenneraugen Gnade zu finden. Allein dieser behagliche Christus-Kopf sagt mir nichts, erzählt nichts von seiner Geschichte; und die Magdalene mit den Tränen im Auge, scheint zu weinen, weil sie zurückgestoßen wird, nicht weil sie ein Wunder ahndet.

Die Ausführung und Vollendung dieses schönen Gemäldes geht übrigens bis in die geringsten Details. Die Blumen und Kräuter, die Zypressen in der Mitte, und die Wipfel der Palme in der einen Ecke des Bildes zeugen von der Sorgsamkeit des Künstlers, auch in diesen hors d'oeuvres nichts was täuschen konnte zu vernachlässigen.




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Seite zuletzt aktualisiert: 16.11.2007 
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