IV. 1770-1780


IV. Ein volles Jahrzehnt (1770-1780) blieb dann der Ausreifung dieser Gedanken zum Systeme gewidmet. In dieser Zeit hat der bis dahin so fruchtbare Schriftsteller nichts Philosophisches, ja, wenn man von der Rezension einer Schrift Moscatis über den Unterschied von Tieren und Menschen (1771), einer Abhandlung über die Menschenrassen (1775) und zwei Zeitungsartikeln über das Dessauer Philanthropin (1776 und 1777) absieht, überhaupt nichts veröffentlicht. Es ist die Entstehungszeit der Kritik der reinen Vernunft, die im Frühjahr 1781 ans Licht trat, indem er »das Produkt des Nachdenkens von wenigstens 12 Jahren innerhalb etwa 4-5 Monaten« niederschrieb. Eine kurz zusammenfassende Darstellung dessen, was wir von ihm selbst, namentlich aus den Briefen an seinen Freund Marcus Herz in Berlin, über die Entstehungsweise seines Werkes erfahren, gibt der zweite Abschnitt der Einleitung zu meiner Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft (S. VIII - X), desgleichen B. Erdmann in Bd. III und IV der Akademie-Ausgabe.

Ehe wir uns nun den einzelnen Teilen des Kantischen Systems zuwenden, versuchen wir die zum Verständnis desselben unerläßliche neue Methode, soweit es auf so beschränktem Räume möglich ist, zu charakterisieren.*)

 

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*) Vorbemerkung. Wir wissen dabei sehr wohl und bemerken es daher hier von vornherein ausdrücklich, dass diese neue Methode in Kants Werken nicht überall gleich durchsichtig hervortritt, sondern öfters noch von älteren Gedankengängen durchkreuzt wird, halten es indessen, sowohl im Interesse der Klarheit als auch in Anbetracht der sonst kaum zu bewältigenden Masse des Materials, für geboten, gerade das Neue und Eigenartige, was die Kantische Philosophie vor anderen auszeichnet und auch heute noch fruchtbar macht, mit besonderem Nachdruck hervorzuheben.


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