2. Die Grundsätze als die Bedingungen der mathematischen Naturwissenschaft.


Denken oder Urteilen heißt: Vorstellungen in einem Bewußtsein vereinigen. Die zufälligen, subjektiven Urteile gehen uns hier nichts an. Objektiv urteilen heißt: Vorstellungen in einem Bewußtsein überhaupt notwendig vereinigen. Auch von ihnen scheiden die analytischen Urteile, deren oberster Grundsatz der Satz des Widerspruches ist (vgl. § 33), für unseren Zweck aus, denn wir wollen die Bedingungen der reinen Naturwissenschaft erforschen; diese aber besteht nicht aus analytischen, sondern aus synthetischen Urteilen. Deren oberste, nicht mehr weiter ableitbare Regeln (d.h. Bedingungen ihrer notwendigen Vereinigung im Bewußtsein) sind die Grundsätze. Machen die formalen Bedingungen aller Urteile überhaupt ein logisches, die der Grundbegriffe ein transzendentales, so machen die Grundsätze das System der Natur aus, »welches vor aller empirischen Naturerkenntnis vorhergeht, diese zuerst möglich macht und daher die eigentliche allgemeine und reine Naturwissenschaft genannt werden kann« (Proleg. § 23, Schluß). Die Grundsätze möglicher Erfahrung sind zugleich die allgemeinen Gesetze der Natur und konstituieren die Einheit derselben.

Ob nicht Kant von ihnen überhaupt ausgegangen sei und erst nachher und ihnen zuliebe die Tafel der Grundbegriffe aufgestellt habe, wie Gehen und nach ihm Stadler nachzuweisen gesucht haben, muß hier unerörtert bleiben. Genug, sie werden in der Kritik der reinen Vernunft auf die Tafel der Kategorien bezw. der Urteile zurückgeleitet. Sie zerfallen nach der Art ihrer Anwendung in

A. Mathematische, die nur auf die Anschauung gehen und daher apodiktisch lauten, und

B. Dynamische, die auf das Dasein einer Erscheinung überhaupt gehen und daher nur mittelbare Evidenz an sich tragen.


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