§ 29. Formen des Handels. Freier Eigenhandel


§ 29. Freier Eigenhandel (Fall 4) – von dem zunächst allein die Rede sein soll – ist stets »Erwerbsbetrieb«, nie »Haushalt«, und also unter allen normalen Verhältnissen (wenn auch nicht unvermeidlich): Geldtauscherwerb in Form von Kauf- und Verkauf- Verträgen. Aber er kann sein:

a) »Nebenbetrieb« eines Haushalts,

 

Beispiel: Abtausch von Hausgewerbe-Überschüssen durch eigens dafür bestimmte Hausgenossen auf deren Rechnung. Der bald von diesen, bald von jenen Genossen betriebene Abtausch ist dagegen nicht einmal »Nebenbetrieb«. Wenn die betreffenden Genossen sich auf eigene Rechnung nur dem Abtausch (oder Eintausch) widmen, liegt der Fall Nr. 4 (modifiziert) vor, wenn sie auf Rechnung der Gesamtheit handeln, der Fall Nr. 1.

 

b) untrennbarer Bestandteil einer Gesamtleistung, welche durch eigene Arbeit (örtliche) Genußreife herstellt.

 

Beispiel: Die Hausierer und die ihnen entsprechenden mit den Waren reisenden, primär die örtliche Bewegung an den Marktort besorgenden Kleinhändler, die deshalb früher unter »Transport« miterwähnt sind. Die reisenden »Kommendahändler« bilden zuweilen den Übergang zu Nr. 3. Wann die Transportleistung »primär« ist, der »Handelsgewinn« sekundär und wann umgekehrt, ist ganz flüssig. »Händler« sind alle diese Kategorien in jedem Fall.

 

Eigenhandel (Fall 4) wird betrieben stets auf Grundlage der Appropriation der Beschaffungsmittel, mag die Verfügungsgewalt auch durch Kreditnahme beschafft sein. Stets trifft das Kapitalrisiko den Eigenhändler als Eigenrisiko, und stets ist ihm die Gewinnchance, kraft Appropriation der Beschaffungsmittel, appropriiert.

Die Spezifizierung und Spezialisierung innerhalb des freien Eigenhandels (Fall 4) ist unter sehr verschiedenen Gesichtspunkten möglich. Es interessieren ökonomisch vorerst nur die Arten:

a) nach dem Typus der Wirtschaften, von denen und an welche der Händler tauscht.

1. Handel zwischen Überschußhaushaltungen und Konsumhaushaltungen.

2. Handel zwischen Erwerbswirtschaften (»Produzenten« oder »Händlern«) und Haushaltungen: »Konsumenten«, mit Einschluß, natürlich, aller Verbände, insbesondere: der politischen.

3. Handel zwischen Erwerbswirtschaften und anderen Erwerbswirtschaften.

Die Fälle 1 und 2 entsprechen dem Begriff »Detailhandel«, der bedeutet: Absatz an Konsumenten (einerlei: woher gekauft), der Fall 3 entspricht dem Begriff »Großhandel« oder »Kaufmannshandel«.

Der Handel kann sich vollziehen

a) marktmäßig

α. auf dem Markt für Konsumenten, normalerweise in Anwesenheit der Ware (Marktdetailhandel),

β. auf dem Markt für Erwerbswirtschaften,

αα) in Anwesenheit der Ware (Meßhandel),

 

Meist, aber nicht begriffsnotwendig, saisonmäßig.

 

ββ) in Abwesenheit der Ware (Börsenhandel);

Meist, aber nicht begriffsnotwendig, ständig.

b) kundenmäßig, bei Versorgung fester Abnehmer, und zwar entweder a. Haushaltungen (Kundendetailhandel), oder

β. Erwerbswirtschaften, und zwar entweder

αα) produzierende (Grossist), oder

ββ) detaillierende (Engrossortimenter), oder endlich

γγ) andere grossierende: »erste«, »zweite« usw. »Hand« im Großhandel (Engroszwischenhandel).

Er kann sein, je nach dem örtlichen Bezug der am Ort abgesetzten Güter:

a) interlokaler Handel,

b) Platzhandel. Der Handel kann material oktroyieren

a) seinen Einkauf den an ihn kundenmäßig absetzenden Wirtschaften (Verlagshandel),

b) seinen Verkauf den von ihm kaufenden Wirtschaften (Absatzmonopolhandel).

Der Fall a steht der Verlagsform des Gewerbebetriebs nahe und ist meist mit ihr identisch.

Der Fall b ist material »regulierter« Handel (Nr. 4 Fall b). Der eigene Güterabsatz ist selbstverständlich Bestandteil jedes marktmäßigen Erwerbsbetriebes, auch eines primär »produzierenden«. Dieser Absatz aber ist nicht »Vermittlung« im Sinne der Definition, solange nicht eigens dafür spezialisiert bestimmte Verwaltungsstabsmitglieder (z.B.: »Kommis«) vorhanden sind, also eine eigene berufsmäßige »händlerische« Leistung stattfindet. Alle Übergänge sind völlig flüssig.

Die Kalkulation des Handels soll »spekulativ« in dem Grade heißen, als sie an Chancen sich orientiert, deren Realisierung als »zufällig« und in diesem Sinn »unberechenbar« gewertet werden und daher die Übernahme eines »Zufalls-Risiko« bedeutet. Der Übergang von rationaler zu (in diesem Sinn) spekulativer Kalkulation ist völlig flüssig, da keine auf die Zukunft abgestellte Berechnung vor unerwarteten »Zufällen« objektiv gesichert ist. Der Unterschied bedeutet also nur verschiedene Grade der Rationalität.

Die technische und ökonomische Leistungs- Spezialisierung und -Spezifikation des Handels bietet keine Sondererscheinungen. Der »Fabrik« entspricht – durch ausgiebigste Verwendung innerer Leistungsspezialisierung – das »Warenhaus«.


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