- E. A. Poe
- Deutsch von T. Etzel
- Deutsch von H. Lachmann
The Coliseum
Type of the antique Rome! Rich reliquary
Of lofty contemplation left to Time
By buried centuries of pomp and power!
At length—at length—after so many days
Of weary pilgrimage and burning thirst,
(Thirst for the springs of lore that in thee lie,)
I kneel, an altered and an humble man,
Amid thy shadows, and so drink within
My very soul thy grandeur, gloom, and glory!
Vastness! and Age! and Memories of Eld!
Silence! and Desolation! and dim Night!
I feel ye now—I feel ye in your strength—
O spells more sure than e’er Judaean king
Taught in the gardens of Gethsemane!
O charms more potent than the rapt Chaldee
Ever drew down from out the quiet stars!
Here, where a hero fell, a column falls!
Here, where the mimic eagle glared in gold,
A midnight vigil holds the swarthy bat!
Here, where the dames of Rome their gilded hair
Waved to the wind, now wave the reed and thistle!
Here, where on golden throne the monarch lolled,
Glides, spectre-like, unto his marble home,
Lit by the wanlight—wan light of the horned moon,
The swift and silent lizard of the stones!
But stay! these walls—these ivy-clad arcades—
These mouldering plinths—these sad and blackened shafts—
These vague entablatures—this crumbling frieze—
These shattered cornices—this wreck—this ruin—
These stones—alas! these gray stones—are they all—
All of the famed, and the colossal left
By the corrosive Hours to Fate and me?
“Not all”—the Echoes answer me—“not all!
“Prophetic sounds and loud, arise forever
“From us, and from all Ruin, unto the wise,
“As melody from Memnon to the Sun.
“We rule the hearts of mightiest men—we rule
“With a despotic sway all giant minds.
“We are not impotent—we pallid stones.
“Not all our power is gone—not all our fame—
“Not all the magic of our high renown—
“Not all the wonder that encircles us—
“Not all the mysteries that in us lie—
“Not all the memories that hang upon
“And cling around about us as a garment,
“Clothing us in a robe of more than glory.”
Das Kolosseum
Urbild des alten Rom! Reliquienschrein
Für Schaun und hohen Traum, den in die Zeit
Jahrhunderte von Pracht und Macht gestellt!
Nun endlich — endlich — nach so vielen Tagen
Von Wandermüdigkeit und gierem Durst
(Von Durst zum Quell des Wissens, den du birgst)
Ein andrer und demütiger kniee ich
In deinem Schatten nun und trinke ein
Dein ragend Düster, deinen Glanz und Ruhm.
Unendlichkeit und Öde! Schwermut, Schweigen!
Uralter Zeit Erinnern — düstere Nacht!
Ich fühl euch jetzt — fühl eure ganze Wucht —
O Zauber, stärker als Judäas König
Voreinst gelehrt im Berg Gethsemane!
O Wunder, machtvoller als der Chaldäer
Jemals verzückt aus stillen Sternen zog!
Hier, wo ein Held einst stürzte, stürzt die Säule.
Hier, wo ein goldner toter Adler glänzte,
Hält mitternächtig Wacht die Fledermaus.
Hier, wo der Damen Roms vergoldet Haar
Im Winde wehte, wogt nun Ried und Distel.
Hier, wo auf goldnem Thron der Herrscher lehnte,
Schlüpft geisterhaft aus ihrem Marmorhaus,
Vom Schein des zwiegehörnten Monds beleuchtet,
Die flinke Echse schweigend über Steine.
Doch halt! Die Mauern — diese Bogengänge,
Hochauf von altem Efeu eingekleidet,
Die schwarzen bröckeligen Säulensockel
Und düstern Schäfte, dunklen Kapitelle,
Zerfallenden und fast verblaßten Friese,
Zersprungnen Kranzgebälke — dieses Wrack —
All diese Steine — ach, die grauen Steine —
Sind sie denn alles, was der Zahn der Zeit
Von all dem Ruhm und ungeheuren Glanz
Für mich und für das Schicksal übrigließ?
“Nicht alles”, geben mir die Echos Antwort,
“Nicht alles, nein! Prophetische Klänge steigen —
Und laute Klänge — ewig von uns auf,
Von allen Trümmern zu den Weisen auf,
Wie Melodie von Memnon steigt zur Sonne.
Wir leiten alle riesenhaften Geister.
In unumschränkter Macht beherrschen wir
Mit unserm Schwung die Herzen aller Großen.
Wir sind nicht leblos — wir erblichnen Steine.
Nicht alle Macht ist hin — nicht aller Ruhm —
Nicht aller Zauber unsres hohen Rufes —
Nicht all das Wunder, das uns rund umfaßt —
Nicht all Geheimnis, das in uns verborgen —
Nicht all Erinnern, das wie ein Gewand
Uns rund umhängt und überall bedeckt,
Und das uns hüllt in mehr als Herrlichkeit.”
Das Kolosseum
Urbild des alten Roms! Reliquienschrein
Erhabener Betrachtung! Nach so langer,
Mühsel’ger Pilgerschaft und heißem Durst,
(Durst nach dem Quell des Einst, der in dir fließt)
Knie’ ich ein andrer, demuthsvoller Mann
In deinem Schatten und in vollen Zügen
Trink’ ich vom Borne deiner Größe, deiner Weihe.
Unendlichkeit, ich höre deinen Strom!
Ich fühl’ euch, dunkle Mächte der Zerstörung,
Nacht, Schweigen, Endlichkeit, ich fühl euch jetzt!
O Zauber, sichrer als Judäa’s Kön’ge
Ihn jemals in Gethsemane gelehrt,
Gewaltiger als die Chaldäer ihn
Vom Sternenhimmel in Verzückung lasen.
Hier, wo ein Held fiel, fällt jetzt eine Säule,
Dort, wo der Adler einst in Gold gestrotzt,
Hält eine Fledermaus Vigilien,
Wo ihr vergoldet Haar die Damen Roms
Im Winde flattern ließen, wogen nun
Riedgras und Disteln, und wo der Monarch
Auf goldnem Thron wollüstig träge saß –
Da schlüpfen nun, vom Monde schwach beleuchtet,
Eidechsen hurtig in ihr Marmorheim.
O Mauern, moosbewachsene Arkaden,
Geschwärzte Schafte, schwankendes Gebälk,
Zerbröckelnde Ruinen, Steine, Steine,
Graue Steine, seid ihr alles, alles,
Was dem Geschick und mir vom Kolossalen
Der Stunden rastloses Zerstören ließ?
Nicht alles! giebt das Echo mir zurück.
Prophetenstimmen dringen zu dem Weisen
Aus uns und allen Trümmern, wie zur Sonne
Vom Memnonsteine Melodieen klingen.
Vor unsrer Größe beugen sich in Ehrfurcht
Die Mächtigsten der Erde – wir beherrschen
Die Riesengeister aller Nationen.
Wir sind nicht machtlos, wir verblichnen Steine,
Nicht aller Ruhm vergangner Tage schwand,
Nicht aller Zauber unsres hohen Rufs,
Nicht alle Wunderkraft, die in uns wohnt,
Nicht die Mysterien, die in uns liegen,
Nicht die Erinnerung, die an uns hängt,
Sich an uns schmiegt wie ein Gewand, uns kleidend
In einen Schmuck, der köstlicher als Ruhm.