- E. A. Poe
- Deutsch von T. Etzel
- Deutsch von H. Lachmann
The City in the Sea
Lo! Death has reared himself a throne
In a strange city lying alone
Far down within the dim West,
Where the good and the bad and the worst and the best
Have gone to their eternal rest.
There shrines and palaces and towers
(Time-eaten towers that tremble not!)
Resemble nothing that is ours.
Around, by lifting winds forgot,
Resignedly beneath the sky
The melancholy waters lie.
No rays from the holy heaven come down
On the long night-time of that town;
But light from out the lurid sea
Streams up the turrets silently—
Gleams up the pinnacles far and free—
Up domes—up spires—up kingly halls—
Up fanes—up Babylon-like walls—
Up shadowy long-forgotten bowers
Of sculptured ivy and stone flowers—
Up many and many a marvellous shrine
Whose wreathéd friezes intertwine
The viol, the violet, and the vine.
Resignedly beneath the sky
The melancholy waters lie.
So blend the turrets and shadows there
That all seem pendulous in air,
While from a proud tower in the town
Death looks gigantically down.
There open fanes and gaping graves
Yawn level with the luminous waves;
But not the riches there that lie
In each idol’s diamond eye—
Not the gaily-jewelled dead
Tempt the waters from their bed;
For no ripples curl, alas!
Along that wilderness of glass—
No swellings tell that winds may be
Upon some far-off happier sea—
No heavings hint that winds have been
On seas less hideously serene.
But lo, a stir is in the air!
The wave—there is a movement there!
As if the towers had thrust aside,
In slightly sinking, the dull tide—
As if their tops had feebly given
A void within the filmy Heaven.
The waves have now a redder glow—
The hours are breathing faint and low—
And when, amid no earthly moans,
Down, down that town shall settle hence,
Hell, rising from a thousand thrones.
Shall do it reverence.
Die Stadt im Meer
Weh! wunderliche, einsame Stadt,
Drin Tod seinen Thron errichtet hat,
Tief unter des Westens düsterer Glut,
Wo Sünde bei Güte, wo Schlecht bei Gut
In letzter ewiger Ruhe ruht.
An Schlössern, Altären und Türmen hat
(Zerfreßnen Türmen, die nicht beben!)
Nichts Gleiches eine unsrige Stadt.
Von Winden vergessen, die wühlen und heben,
Stehn unterm Himmel die Wasser ringsum,
Schwermütige Wasser, ergeben und stumm.
Kein Strahlen vom Himmel kommt herab
Auf jener Stadt langnächtiges Grab.
Doch steigt ein Licht aus dem Meere herauf,
Strömt schweigend an kühnen Zinnen hinauf,
Hinauf an Türmen bis zum Knauf,
Hinauf an Palästen, an Zitadellen,
An Tempeln hinauf und an Babylonwällen,
Hinauf an vergessenen Laubengängen
Mit eingemeißelten Fruchtgehängen,
Hinauf an manchem Opferstein,
Auf dessen Friesen zu engem Verein
Verflochten Viola, Violen und Wein.
Stehn unterm Himmel die Wasser ringsum,
Schwermütige Wasser, ergeben und stumm.
Die Mauern und Schatten wie Nebelduft –
Es scheint, als hänge alles in Luft.
Vom Turm, der herrschend ragt und droht,
Schaut riesenhaft herab der Tod.
Geöffnete Tempel und Totengrüfte
Gähnen auf leuchtende Meeresschlüfte.
Doch nicht die blitzenden Juwelen
In goldner Götzen Augenhöhlen
Und nicht der reiche Tod verführen
Die starren Wasser, sich zu rühren:
Kein kleinstes Wellchen kommt in Gang
Die gläserne Einöde entlang;
Kein Kräuseln erinnert, daß weniger leer
Von Wind ist irgendein anderes Meer,
Nichts sagt, daß je ein Wehen war
Auf Meeren, die weniger grauenhaft klar.
Doch, oh – es regt sich leis wie Wind!
Ein Wellen durch das Wasser rinnt –
Als ob die Türme im sachten Sinken
Die Flut verschöben zur Rechten und Linken –
Als ob schon die Spitzen inmitten des blassen
Himmels Lücken zurückgelassen.
Ein roteres Glimmen steigt heran –
Die Stunden halten den Atem an –
Und wenn die Stadt hinab, hinab
Von hinnen sinkt mit unirdischem Stöhnen,
Wird ihr von eintausend Thronen herab
Der Gruß der Hölle tönen.
Die Stadt im Meer
Das ist des Todes Residenz,
Diese seltsame Stadt im fernen Westen.
Hier thront er und erteilt Audienz
Den Bösen und Guten, den Schlimmsten und Besten.
Hier stehen mächtige Säulenhallen
(Zermorschtes Gemäuer, das nicht zittert)
Neben Kapellen und Kathedralen
Und hohen Palästen, schwarz und verwittert.
Ringsum, vom Winde vergessen, ruht,
Wie schlafend, eine eisige Flut.
Kein Strahl aus dem himmlischen Gewölbe
Fällt auf das Dunkel dieser Stadt;
Doch einen Schimmer, traurig und matt
Entsendet das Meer, das rötlich gelbe,
Und der kriecht hinauf an dunklen Palästen,
An babylonischen Türmen und Vesten
Der kriecht empor an eisernen Kerkern,
Und schattigen, ausgestorbenen Erkern,
Der schlängelt sich aufwärts an Säulenhallen
Und an gigantischen Kathedralen
Mit steinernem Zierat von grotesken
Blumengewinden und Arabesken,
An vielen wundersamen Kapellen
Und gleitet zurück in die kalten Wellen,
Die melancholischen, schweigenden Wellen.
Von einem stolzen Turm übersieht
Der finstere König sein Gebiet.
Tempel und Gräber öffnen sich weit –
Da erglänzt eine seltsame Herrlichkeit.
Doch weder die Gräber mit ihren Schätzen,
Noch die demantenen Augen der Götzen
Locken die Wogen aus ihrem Bette.
Gläsern bleibt die schaurige Glätte,
Kein Hauch, kein noch so leises Säuseln
Erhebt sich, diese Fläche zu kräuseln,
Kein Schwellen erzählt von glücklichen Seeen,
Worüber heitere Lüfte wehen.
Kein Wallen erzählt, daß es Meere gibt,
Weniger grauenhaft ungetrübt.
Da regt sich etwas im trägen Meere,
Als wären die Türme plötzlich versunken
Und hätten die Flut auseinandergeschoben;
Die Woge färbt sich, als ob ein Funken,
Ein wärmender Sonnenfunken von oben
Auf sie herniedergeglitten wäre.
Und wenn nun durch den geöffneten Spalt
Der trägen, melancholischen Flut
Die seltsame Stadt versinkt – dann zahlt
Ihr die Hölle selber Tribut.