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Organismus

Organismus. Kausale Erklärung und teleologische Beurteilung vereinigen sich in der Biologie. Es kann eher der Ursprung der ganzen gegenwärtigen Verfassung des Weltbaues eingesehen werden, „ehe die Erzeugung eines einzigen Krauts oder einer Raupe aus mechanischen Gründen deutlich und vollständig kund werden wird“, Th. des Himmels Vorr. (VII 18). Die Organismen sind von Gott so geschaffen, daß sie (ohne übernatürliches Eingreifen) tauglich sind, „ihres Gleichen in der Folge nach einem natürlichen Gesetze nicht bloß zu entwickeln, sondern wahrhaftig zu erzeugen“, mag auch diese wie die übrigen organischen Funktionen mechanisch, aus den allgemeinen Naturgesetzen nicht begreiflich sein (da die „künstliche Einheit“ in dem Wirken der Organe besondere Gesetze voraussetzt), Beweisgr. Gottes 2. Abt. 4. Btr. 2 (VI 70 f.); s. 7. Btr. (VI 97); vgl. Zweck. Aber auch in der organisierten Natur ist „eine größere notwendige Einheit, als so geradezu in die Augen fällt“, zu vermuten. „Denn selbst im Baue eines Tieres ist zu vermuten, daß eine einzige Anlage eine fruchtbare Tauglichkeit zu viel vorteilhaften Folgen haben werde, wozu wir anfänglich vielerlei besondere Anstalten nötig finden möchten.“ Es ist aber erstaunlich, daß so etwas wie ein tierischer Körper möglich war. „Und wenn ich gleich alle Federn und Röhren, alle Nervengefäße, Hebel und mechanische Einrichtung desselben völlig einsehen könnte, so bliebe doch immer Bewunderung übrig, wie es möglich sei, daß so vielfältige Verrichtungen in einem Bau vereinigt werden, wie sich die Geschäfte zu einem Zwecke mit denen, wodurch ein anderer erreicht wird, so wohl paaren lassen, wie ebendieselbe Zusammenfügung außerdem noch dazu dient, die Maschine zu erhalten und die Folgen aus zufälligen Verletzungen wieder zu verbessern.“ So viel Einheit und Harmonie ist möglich, weil ein Urwesen da ist, „welches nebst den Gründen der Wirklichkeit auch die von aller Möglichkeit enthält“, ibid. 8. Btr. (VI 113). Ein organisiertes Wesen ist eine Materie, „in der alles wechselseitig als Zweck und Mittel aufeinander in Beziehung steht“. Es ist dies ein „System von Endursachen“, kann also, wenigstens für die menschliche Vernunft nur teleologisch, nicht physisch-mechanisch erklärt werden. Daher kann die Physik (Naturwissenschaft) nicht danach fragen, woher alle Organisierung selbst ursprünglich herkommt; höchstens hätte nur Metaphysik diese Frage zu beantworten, wenn diese Frage überhaupt für uns zugänglich ist. „Ich meinerseits leite alle Organisation von organischen Wesen (durch Zeugung) ab, und spätere Formen (dieser Art Naturdinge) nach Gesetzen der allmählichen Entwicklung von ursprünglichen Anlagen..., die in der Organisation ihres Stammes anzutreffen waren“, Gebrauch teleolog. Prinzipien (VIII 153 ff.).

In einem organisierten Wesen ist jeder Teil durch alle übrigen und um dieser und des Ganzen willen da, als hervorbringendes Organ, das durch die Einheit des Ganzen bestimmt ist (s. Zweckmäßigkeit). Ein organisiertes Wesen ist „nicht bloß Maschine, denn die hat lediglich bewegende Kraft“, sondern besitzt in sich „bildende“ Kraft, und zwar eine solche, die es den Materien, welche sie nicht haben, mitteilt (die sie „organisiert“), eine „sich fortpflanzende bildende Kraft, welche durch das Bewegungsvermögen allein (den Mechanism) nicht erklärt werden kann“. „Man sagt von der Natur und ihrem Vermögen in organisierten Produkten bei weitem zu wenig, wenn man dieses ein Analogon der Kunst nennt; denn da denkt man sich den Künstler (ein vernünftiges Wesen) außer ihr. Sie organisiert sich vielmehr selbst und in jeder Spezies ihrer organisierten Produkte, zwar nach einerlei Exemplar im ganzen, aber doch auch mit schicklichen Abweichungen, die die Selbsterhaltung nach den Umständen erfordert.“ Nennt man diese unerforschliche Eigenschaft ein „Analogon des Lebens“, so begabt man die Materie mit einer ihrem Wesen widerstreitenden Eigenschaft (Hylozoismus, s. d.); schreibt man sie einer „Seele“ zu, so setzt man doch schon organisierte Materie als Werkzeug dieser Seele voraus. „Genau zu reden, bat also die Organisation der Natur nichts Analogisches mit irgendeiner Kausalität, die wir kennen.“ (Man gebraucht das Wort „Organisation“ auch für die Einrichtung eines Staatskörpers, in welchem jedes Glied „nicht bloß Mittel, sondern zugleich Zweck“ sein und durch die Idee des Ganzen seine Stelle und Funktion bestimmt haben soll), KU § 65 u. Anm. (II 235 ff.). „Ein organisiertes Produkt der Natur ist das, in welchem alles Zweck und wechselseitig auch Mittel ist“, ibid. § 66 (II 239). „Es mag immer sein, daß z. B. in einem tierischen Körper manche Teile als Konkretionen nach bloß mechanischen Gesetzen begriffen werden könnten (als Häute, Knochen, Haare). Doch muß die Ursache, welche^ die dazu schickliche Materie herbeischafft, diese so modifiziert, formt und an ihren gehörigen Stellen absetzt, immer teleologisch beurteilt werden, so daß alles in ihm als organisiert betrachtet werden muß, und alles auch in gewisser Beziehung auf das Ding selbst wiederum Organ ist“, ibid. (II 240). Organisation als innerer Zweck der Natur „übersteigt unendlich alles Vermögen einer ähnlichen Darstellung durch Kunst“, ibid. § 68 (II 248). Das Prinzip der mechanischen Ableitung kann neben dem teleologischen stehen, es aber nicht unentbehrlich machen, d. h. man kann an einem organisierten Wesen „zwar alle bekannten und noch zu entdeckenden Gesetze der mechanischen Erzeugung versuchen und auch hoffen dürfen, damit guten Fortgang zu haben, niemals aber der Berufung auf einen davon ganz unterschiedenen Erzeugungsgrund, näm, lich der Kausalität durch Zwecke, für die Möglichkeit eines solchen Produkts überhoben sein, und schlechterdings kann keine menschliche Vernunft (auch keine endliche, die der Qualität nach der unsrigen ähnlich wäre, sie aber dem Grade nach noch so sehr überstiege) die Erzeugung auch nur eines Gräschens aus bloß mechanischen Ursachen zu verstehen hoffen“, ibid. § 77 (II 276). Der Naturforscher muß „eine ursprüngliche Organisation zum Grunde legen“, welche den Mechanismus für die Produktion anderer organisierter Formen und zur Entwicklung (s. d.) solcher benutzt, ibid. § 80 (II 285).

„Der Grundsatz der Zweckmäßigkeit im Bau organischer, vornehmlich lebender Geschöpfe ist so mit der Vernunft zusammenhängend als der Grundsatz der wirkenden Ursachen in Ansehung aller Veränderungen in der Welt.“ Wir „können uns die Möglichkeit solcher Wesen, in welchen ein Teil um aller und alle Teile um eines willen da sind, gar nicht anders als durch eine Idee gedenken, die ihrer Entstehung zugrunde lag“. Mit der Erklärung aus blinder Naturmechanik geriet ich „mit der Vernunft beständig auf den Strand“. Die Beharrlichkeit der Gattungen und Arten „bei so vielen auf sie einfließenden und ihre Entwicklung modifizierenden Ursachen“ setzt zweckmäßige Anlagen in ihnen voraus, Lose Bl. C 5. „Die Gründe der organischen Struktur sind nicht mechanisch, sondern teleologisch“, ibid. D 26. Einen organischen Körper kann man als eine „natürliche Maschine“ denken, d. h. als „ein System äußerlich bewegender, aber zu einem Ganzen innerlich vereinigter Kräfte, welchem eine Idee zum Grunde liegt“. Die bewegenden Kräfte in ihm sind Vegetations- und Lebenskräfte. Zur Erzeugung der letzteren gehört ein „immaterielles“ Prinzip mit „unteilbarer“ Einheit der „Vorstellungskraft“, Altpreuss. Mth. XIX 72 f. Der organische Körper ist ein solcher, „dessen jeder Teil in dem Innern eines Ganzen um des anderen willen da ist“ (teleologische Erklärung) oder „der, an welchem die Idee des Ganzen vor der Möglichkeit seiner Teile in Ansehung ihrer vereinigt bewegenden Kräfte vorausgeht“. Er wird also als „Maschine“ d. h. als seiner Form nach „absichtlich“ gebildeter Körper gedacht. Eine solche Absicht setzt ein einfaches, immaterielles Wesen voraus, denn die Materie „kann sich nicht selbst organisieren und nach Zwecken wirken“. „Ob dieses Wesen (gleichsam als Weltseele) Verstand oder bloß ein, den Wirkungen nach, dem Verstande analogisches Vermögen besitze: hierüber liegt das Urteil außer den Grenzen unserer Einsicht“, ibid. 73 f.; vgl. 260 f. Zur Möglichkeit eines organischen Körpers gehört „Einheit des aktiven Prinzips“, welches einfach ist, also kein Teil der Materie sein kann, also außerhalb des Raumes ist; „äußerlich“ kann es sein, sofern es im „Weltgeist“ sein kann, ibid. 270, Anm.; vgl. S. 583 ff. „Organischer Körper ist eine sich selbst der Form nach erzeugende Maschine, deren bewegende Kraft Mittel und Zweck zugleich ist“, ibid. XX 85. Vgl. Entwicklung, Leben, Zweckmäßigkeit, Präformation, Naturgeschichte.