Zweck
Zweck. Der Begriff des Zwecks ist zunächst der des praktischen Zwecks; als solcher gehört er der praktischen Vernunft (s. d.) an; das „Vermögen der Zwecke“ ist der Wille (s. d.). Nun enthält aber auch die Urteilskraft (s. d.), und zwar die „reflektierende“, ein apriorisches Prinzip, indem sie die Idee des Zwecks zur Beurteilung des Gegebenen verwendet. Sie gibt aber dadurch nicht der Natur, sondern nur sich selbst ein Gesetz, bestimmt durch diese Zweckidee kein Objekt, schreibt der Natur nicht wirkliche Zwecktätigkeit zu, sondern faßt nur die besonderen, empirischen Formen und Gesetze (s. d.) der Natur so auf, als ob sie von einem zwecksetzenden Prinzip eine einheitliche, zweckmäßige Gestalt, einen zielgemäßen Zusammenhang erhielte. Die Zweckidee hat in bezug auf die Natur nur „regulative“ Bedeutung, sie dient dem Zusammenhange der besonderen Erfahrungen, der Herstellung einer systematischen Ordnung unter ihnen. Die ästhetische Zweckmäßigkeit bezieht sich auf das Verhältnis der Form des Angeschauten zum Erkenntnisvermögen, auf das Zusammenspiel von Einbildungskraft und Verstand (s. Ästhetik, Schönheit, Spiel, Erhaben). Eine andere Art der (an sich immer „subjektiven“) Zweckmäßigkeit ist die „objektive“ Zweckmäßigkeit, welche Naturdinge (als „Naturzwecke“) insofern haben, als bei ihnen Ganzes und Teile wechselseitig voneinander Mittel und Zweck sind (s. Organismus). Die kritische Teleologie oder Zweckbeurteilung kann und darf nicht die Kausalforschung (den Mechanismus) verdrängen oder umgehen, sondern ist immer nur eine sie ergänzende, zu ihrer Erweiterung und Ergänzung, auch zur Förderung derselben selbst dienende, bloß regulative Beurteilung (nicht selbst die „Erklärung“) von Zusammenhängen. An sich sind vielleicht Kausal- und Finalnexus identisch. Alle Zweckmäßigkeit kommt zustande durch die Wirksamkeit von Naturursachen, auch da. wo wir nicht begreifen, wie dies geschieht; nur per analogiam können wir von einer „Absicht“ (s. d.) der Natur reden (vgl. Geschichte). Die Welt ist so eingerichtet, daß die in ihr waltenden Kräfte und Gesetze zu einer zweckmäßigen Entwicklung (s. d.) führen. Endzweck (s. d.) der Schöpfung ist das vernünftige Wesen als Subjekt der Moralität; der Zusammenhang solcher Wesen konstituiert eine „moralische“ oder „intelligible Welt“, ein „Reich der Zwecke“ (s. d.). Der letzte Zweck der Natur betreffs des Menschen ist die Kultur (s. d.).
„Man ist gewohnt, die Übereinstimmungen, die Schönheit, die Zwecke und eine vollkommene Beziehung der Mittel auf dieselbe in der Natur zu bemerken und herauszustreichen. Allein indem man die Natur von dieser Seite erhebet, so sucht man sie andererseits wiederum zu verringern. Diese Wohlgereimtheit, sagt man, ist ihr fremd, sie würde, ihren allgemeinen Gesetzen überlassen, nichts als Unordnung zuwege bringen. Die Übereinstimmungen zeigen eine fremde Hand, die eine von aller Regelmäßigkeit verlassene Materie in einen weisen Plan zu zwingen gewußt hat. Allein ich antworte: wenn die allgemeinen Wirkungsgesetze der Materie gleichfalls eine Folge aus dem höchsten Entwürfe seien, so können sie vermutlich keine anderen Bestimmungen haben, als die den Plan von selber zu erfüllen trachten, den die höchste Weisheit sich vorgesetzet hat“, Th. des Himmels Vorr. (VII 9). Man kann „nützliche und auf Zwecke abzielende Verfassungen“ aus den allgemeinsten und einfachsten Naturgesetzen herleiten. Die „sich selbst durch die Mechanik ihrer Kräfte bestimmende Materie“ hat „eine gewisse Richtigkeit in ihren Folgen“. Sie bringt „durch ihr natürliches Betragen“ (durch eine „blinde Mechanik“) „anständige Folgen hervor“. Aber nicht durch Zufall, sondern notwendig stimmen alle Teile der Materie zu den zweckmäßigen Wirkungen zusammen, weil sie einen „gemeinschaftlichen Ursprung“ haben, vom göttlichen Urwesen abhängig sind, welches „die Quelle der Wesen selbst und ihrer ersten Wirkungsgesetze in sich hat“, ibid. (VII ll ff.). „Die Materie, die der Urstoff aller Dinge ist, ist also an gewisse Gesetze gebunden, welchen sie frei überlassen, notwendig schöne Verbindungen hervorbringen muß. Sie hat keine Freiheit, von diesem Plane der Vollkommenheit abzuweichen.“ Es ist ein Gott, „weil die Natur auch selbst im Chaos nicht anders als regelmäßig und ordentlich verfahren kann“. Gott hat in die Kräfte der Natur „eine geheime Kraft“ gelegt, „sich aus dem Chaos von selber zu einer vollkommenen Weltverfassung auszubilden“, ibid. (VII 5 f.). „Die Natur, ohnerachtet sie eine wesentliche Bestimmung zur Vollkommenheit und Ordnung hat, fasset in dem Umfange ihrer Mannigfaltigkeit alle möglichen Abwechselungen, sogar bis auf die Mängel und Abweichungen, in sich. Eben dieselbe unbeschränkte Fruchtbarkeit derselben hat die bewohnten Himmelskugeln sowohl als die Kometen, die nützlichen Berge und die schädlichen Klippen, die bewohnbaren Landschaften und öden Wüsteneien, die Tugenden und Laster hervorgebracht“, ibid. Schluß (VII 164). Vgl. Harmonie.
„Der Wille wird als ein Vermögen gedacht, der Vorstellung gewisser Gesetze gemäß sich selbst zum Handeln zu bestimmen. Und ein solches Vermögen kann nur in vernünftigen Wesen anzutreffen sein. Nun ist das, was dem Willen zum objektiven Grunde seiner Selbstbestimmung dient, der Zweck, und dieser, wenn er durch bloße Vernunft gegeben wird, muß für alle vernünftigen Wesen gleich gelten. Was dagegen bloß den Grund der Möglichkeit der Handlung enthält, deren Wirkung Zweck ist, heißt das Mittel. Der subjektive Grund des Begehrens ist die Triebfeder, der objektive des Wollens der Bewegungsgrund; daher der Unterschied zwischen subjektiven Zwecken, die auf Triebfedern beruhen, und objektiven, die auf Bewegungsgründe ankommen, welche für jedes vernünftige Wesen gelten. Praktische Prinzipien sind formal, wenn sie von allen subjektiven Zwecken abstrahieren; sie sind aber material, wenn sie diese, mithin gewisse Triebfedern zum Grunde legen.“ „Die Zwecke, die sich efn vernünftiges Wesen als Wirkungen seiner Handlung nach Belieben vorsetzt (materiale Zwecke), sind insgesamt nur relativ; denn nur bloß ihr Verhältnis auf ein besonders geartetes Begehrungsvermögen des Subjekts gibt ihnen den Wert, der daher keine allgemeinen, für alle vernünftigen Wesen und auch nicht für jedes Wollen gültige und notwendige Prinzipien, d. i. praktische Gesetze, an die Hand geben kann. Daher sind alle diese relativen Zwecke nur der Grund von hypothetischen Imperativen.“ Gäbe es aber etwas, „dessen Dasein an sich selbst einen absoluten Wert hat, was als ein Zweck an sich selbst ein Grund bestimmter Gesetze sein könnte“, so würde in ihm der Grund eines kategorischen Imperativs (s. d.) liegen. „Nun sage ich: der Mensch und überhaupt jedes vernünftige Wesen existiert als Zweck an sich selbst, nicht bloß als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen, sondern muß in allen seinen sowohl auf sich selbst als auch auf andere vernünftige Wesen gerichteten Handlungen jederzeit zugleich als Zweck betrachtet werden.“ Vernünftige Wesen, Personen, sind „objektive Zwecke“ und haben als solche absoluten Wert. „Die vernünftige Natur existiert als Zweck an sich selbst.“ Der praktische Imperativ lautet also: „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ „Das Subjekt aller Zwecke ... ist jedes vernünftige Wesen als Zweck an sich selbst“, GMS 2. Abs. (III 51 ff.). Jedes vernünftige Wesen muß so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen „Reich der Zwecke“ (s. d.) wäre, ibid. (III 66). „Die vernünftige Natur nimmt sich dadurch vor den übrigen aus, daß sie ihr selbst einen Zweck setzt. Dieser würde die Materie eines jeden guten Willens sein. Da aber in der Idee eines ohne einschränkende Bedingung (der Erreichung dieses oder jenes Zweckes) schlechterdings guten Willens durchaus von allem zu bewirkenden Zwecke abstrahiert werden muß (als der jeden Willen nur relativ gut machen würde), so wird der Zweck hier nicht als ein zu bewirkender, sondern selbständiger Zweck, mithin nur negativ gedacht werden müssen, d. i. dem niemals zuwider gehandelt, der also niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck in jedem Wollen geschätzt werden muß. Dieser kann nun nichts anderes als das Subjekt aller möglichen Zwecke sein“, ibid. (III 63 f.). „Die Teleologie erwägt die Natur als ein Reich der Zwecke, die Moral ein mögliches Reich der Zwecke als ein Reich der Natur. Dort ist das Reich der Zwecke eine theoretische Idee zur Erklärung dessen, was da ist. Hier ist es eine praktische Idee, um das, was nicht da ist, aber durch unser Tun und Lassen wirklich werden kann, und zwar eben dieser Idee gemäß zustande zu bringen“, ibid. 2. Abs. 12. Anm. (III 62 f.).
Die Naturforschung verfügt über zwei Methoden: die „theoretische“ und „teleologische“. Als „Physik“ kann sie nur empirisch zu ermittelnde Zwecke gebrauchen, als „Metaphysik“ „nur einen Zweck, der durch reine Vernunft feststeht“ (das höchste Gut). In beiden Fällen wird nur der „Mangel der unzulänglichen Theorie“ ergänzt. Mit Recht „ruft die Vernunft in aller Naturuntersuchung zuerst nach Theorie und nur später nach Zweckbestimmung“. „Den Mangel der ersteren kann keine Teleologie noch praktische Zweckmäßigkeit ersetzen. Wir bleiben immer unwissend in Ansehung der wirkenden Ursachen, wenn wir gleich die Angemessenheit unserer Voraussetzung mit Endursachen, es sei der Natur oder unseres Willens, noch so einleuchtend machen können“, Gebrauch teleolog. Prinzipien, am Anfang (VIII 131 f.). — Der Begriff eines „organisierten Wesens“ schließt schon ein, „daß es eine Materie sei, in der alles wechselseitig als Zweck und Mittel aufeinander in Beziehung steht“, und dies kann sogar „nur als System von Endursachen gedacht werden“, so daß die Möglichkeit desselben „nur teleologische, keineswegs aber physisch-mechanische Erklärungsart, wenigstens der menschlichen Vernunft, übrig läßt“, ibid. (VIII 153); vgl. Organismus. — Eine Grundkraft, die eine Organisation bewirken würde, muß als „eine nach Zwecken wirkende Ursache“ gedacht werden. „Wir kennen aber dergleichen Kräfte, ihrem Bestimmungsgrunde nach, durch Erfahrung nur in uns selbst, nämlich an unserem Verstande und Willen, als eine Ursache der Möglichkeit gewisser ganz nach Zwecken eingerichteter Produkte, nämlich der Kunstwerke. Verstand und Wille sind bei uns Grundkräfte, deren der letztere, sofern er durch den ersteren bestimmt wird, ein Vermögen ist, etwas gemäß einer Idee, die Zweck genannt wird, hervorzubringen.“ Da wir uns keine neue Grundkraft erdenken dürfen (vgl. Kraft), so ist der Begriff von dem „Vermögen eines Wesens, aus sich selbst zweckmäßig, aber ohne Zweck und Absicht, die in ihm oder seiner Ursache lägen, zu wirken — als eine besondere Grundkraft, von der die Erfahrung kein Beispiel gibt, völlig erdichtet und leer, d. i. ohne die mindeste Gewährleistung, daß ihr überhaupt irgendein Objekt korrespondieren könne“. Nur ein „intelligentes Wesen“ außer oder in der Welt könnte also eine nach Zwecken wirkende Ursache (der Organisation) sein, ibid. (VIII 156 f.). „Zwecke haben eine gerade Beziehung auf die Vernunft, sie mag nun fremde oder unsere eigene Vernunft sein. Allein um sie auch in fremder Vernunft zu setzen, müssen wir unsere eigene wenigstens als ein Analogon derselben zum Grunde legen; weil sie ohne diese gar nicht vorgestellt werden können.“ Es gibt Zwecke der Natur und der Freiheit. „Daß es in der Natur Zwecke geben müsse, kann kein Mensch a priori einsehen; dagegen er a priori ganz wohl einsehen kann, daß es darin eine Verknüpfung der Ursachen und Wirkungen geben müsse. Folglich ist der Gebrauch des teleologischen Prinzips in Ansehung der Natur jederzeit empirisch bedingt.“ „Ebenso würde es mit den Zwecken der Freiheit bewandt sein, wenn dieser vorher die Gegenstände des Wollens durch die Natur (in Bedürfnissen und Neigungen) als Bestimmungsgründe gegeben werden müßten, um, bloß vermittelst der Vergleichung derselben untereinander und mit ihrer Summe, dasjenige durch Vernunft zu bestimmen, was wir uns zum Zwecke machen. Allein die Kritik der Vernunft zeigt, daß es reine praktische Prinzipien gebe, wodurch die Vernunft a priori bestimmt wird, und die also a priori den Zweck derselben angeben. Wenn also der Gebrauch des teleologischen Prinzips zu Erklärungen der Natur darum, weil es auf empirische Bedingungen eingeschränkt ist, den Urgrund der zweckmäßigen Verbindung niemals vollständig und für alle Zwecke bestimmt genug angeben kann, so muß man dieses dagegen von einer reinen Zweckslehre (welche keine andere als die der Freiheit sein kann) erwarten, deren Prinzip a priori die Beziehung einer Vernunft überhaupt auf das Ganze aller Zwecke enthält und nur praktisch sein kann.“ „Weil aber eine reine praktische Teleologie, d. i. eine Moral, ihre Zwecke in der Welt wirklich zu machen bestimmt ist, so wird sie deren Möglichkeit in derselben, sowohl was die darin gegebenen Endursachen betrifft, als auch die Angemessenheit der obersten Weltursache zu einem Ganzen aller Zwecke, als Wirkung, mithin sowohl die natürliche Teleologie als auch die Möglichkeit einer Natur überhaupt, d. i. eine Transzendental-Philosophie, nicht verabsäumen dürfen, um der praktischen reinen Zweckslehre objektive Realität, in Absicht auf die Möglichkeit des Objekts in der Ausübung, nämlich die des Zweckes, den sie als in der Welt zu bewirken vorschreibt, zu sichern“, ibid. (VIII 157 f.).
Der Zweck ist „der Begriff von einem Objekt, sofern er zugleich den Grund der Wirklichkeit dieses Objekts enthält“, KU Einl. IV (II 17). „Wenn man, was ein Zweck sei, nach seinen transzendentalen Bestimmungen (ohne etwas Empirisches, dergleichen das Gefühl der Lust ist, vorauszusetzen) erklären will: so ist Zweck der Gegenstand eines Begriffs, sofern dieser als die Ursache von jenem (der reale Grund seiner Möglichkeit) angesehen wird, und die Kausalität eines Begriffs in Ansehung seines Objekts ist die Zweckmäßigkeit (forma finalis). Wo also nicht etwa bloß das Erkenntnis von einem Gegenstande, sondern der Gegenstand selbst (die Form oder Existenz desselben) als Wirkung nur als durch einen Begriff von der letzteren möglich gedacht wird, da denkt man sich einen Zweck. Die Vorstellung der Wirkung ist hier der Bestimmungsgrund ihrer Ursache und geht vor der letzteren vorher“, ibid. § 10 (II 58). Zweck ist „die vorgestellte Wirkung, deren Vorstellung zugleich der Bestimmungsgrund der verständigen wirkenden Ursache zu ihrer Hervorbringung ist“, ibid. § 82 (II 294); vgl. Endzweck, Zweckmäßigkeit.
„.. ohne allen Zweck kann kein Wille sein; obgleich man, wenn es bloß auf gesetzliche Nötigung der Handlungen ankommt, von ihm abstrahieren muß und das Gesetz allein den Bestimmungsgrund desselben ausmacht.“ „Aber nicht jeder Zweck ist moralisch (z B. nicht der der eigenen Glückseligkeit), sondern dieser muß uneigennützig sein; und das Bedürfnis eines durch reine Vernunft aufgegebenen, das Ganze aller Zwecke unter einem Prinzip befassenden Endzwecks (eine Welt als das höchste auch durch unsere Mitwirkung mögliche Gut), ist ein Bedürfnis des sich noch über die Beobachtung der formalen Gesetze zu Hervorbringung eines Objekts (das höchste Gut) erweiternden uneigennützigen Willens“. Theor. Prax. I, 3. Anm. (VI 75). „Zweck ist jederzeit der Gegenstand einer Zuneigung, d. i. einer unmittelbaren Begierde zum Besitz einer Sache, vermittelst seiner Handlung.“ „Ein objektiver Zweck (d. i. derjenige, den wir haben sollen) ist der, welcher uns von der bloßen Vernunft als ein solcher aufgegeben wird. Der Zweck, welcher die unumgängliche und zugleich zureichende Bedingung aller übrigen enthält, ist der Endzweck.“ Der „subjektive Endzweck“ vernünftiger Weltwesen ist eigene Glückseligkeit (s. d.). Daß jeder sich das höchste in der Welt mögliche Gut (s. d.) zum Endzwecke machen solle, ist ein synthetischer, „objektiv-praktischer“ Satz a priori, der über den Begriff der Pflichten in der Welt hinausgeht (vgl. Gott, Ethik), Rel. Vorr. z. 1. A. 2. Anm. (IV 5). „Zweck ist ein Gegenstand der Willkür (eines vernünftigen Wesens), durch dessen Vorstellung diese zu einer Handlung, diesen Gegenstand hervorzubringen, bestimmt wird.“ Ich kann zu Handlungen (als Mitteln zu einem Zweck), nie aber zu einer Zweckhabung von anderen gezwungen werden; „ich kann nur selbst mir etwas zum Zweck machen“. „Aber sich selbst einen Zweck zu setzen, der zugleich Pflicht ist, ist kein Widerspruch; weil ich da mich selbst zwinge, welches mit der Freiheit gar wohl zusammen besteht.“ Es gibt Zwecke, die an sich selbst Pflicht sind; insofern ist die Ethik (s. d.) „das System der Zwecke der reinen praktischen Vernunft“, MST Einl. I (III 219 f.). Es ist ein Akt der Freiheit des handelnden Subjekts, nicht eine Wirkung der Natur, einen Zweck der Handlungen zu haben. Unter den Zwecken muß es einige geben, die zugleich (d. h. „ihrem Begriffe nach“) Pflichten sind; denn sonst wären alle Zwecke immer nur Mittel zu anderen Zwecken, und ein kategorischer Imperativ (s. d.) wäre unmöglich. Die „moralische (objektive) Zwecklehre“ handelt von den Zwecken, die der Mensch sich setzen soll, ibid. Einl. III (III 225). Die Zwecke, die zugleich Pflichten sind, sind: „Eigene Vollkommenheit — fremde Glückseligkeit“, ibid. Einl. IV (III 225); vgl. Vollkommenheit, Glückseligkeit. In beiden Fällen wird der „subjektive“ Zweck (den jedermann hat) dem „objektiven“ (den sich jedermann dazu machen soll) untergeordnet, ibid. Einl. VI (III 230). „Zu den Maximen der Vernunft gehört, daß selbst dasjenige, was die deutlichste Beziehung auf Zwecke enthält, doch nach der Ordnung der Natur entstanden sei“, N 4647. Vgl. Zweckmäßigkeit, Endzweck, Reich der Zwecke, Pflicht, Imperativ, Praktisch, Philosophie, Weisheit, Gut, Nützlich, Organismus, Gott.