Spiel
Spiel ist eine „Beschäftigung, die für sich selbst angenehm ist“, KU § 43 (II 156).
Die ästhetische Lust beruht auf der Zusammenstimmung der Erkenntnisvermögen; die „Spontaneität im Spiel der Erkenntnisvermögen“ macht den Zweckbegriff zur Vermittlung der Gebiete des Naturbegriffs mit dem Freiheitsbegriffe tauglich, KU Einl. IX (II 35). Im Geschmacksurteil (s. d.) geht dem Lustgefühl die Empfindung des „freien Spiels“ von Einbildungskraft und Verstand vorher als Bewußtsein des zur Erkenntnis schicklichen Verhältnisses. Es wird die Wirkung der Vorstellung auf das Bewußtsein empfunden, „die im erleichterten Spiele beider durch wechselseitige Zusammenstimmung belebten Gemütskräfte (der Einbildungskraft und des Verstandes) besteht“, ibid. § 9 (II 56 f.). „Die Erkenntniskräfte, die durch diese Vorstellung ins Spiel gesetzt werden, sind hierbei in einem freien Spiele, weil kein bestimmter Begriff sie auf eine besondere Erkenntnisregel einschränkt“, ibid. (II 55). Das Bewußtsein der „bloß formalen Zweckmäßigkeit im Spiel der Erkenntniskräfte“ ist die ästhetische Lust, ibid. § 12 (II 61). „Alles wechselnde freie Spiel der Empfindungen (die keine Absicht zum Grunde haben) vergnügt, weil es das Gefühl der Gesundheit befördert.“ — Es gibt Glücks-, Ton- und Gedankenspiele. „Das erste fordert ein Interesse, sei es der Eitelkeit oder des Eigennutzes, welches aber bei weitem nicht so groß ist als das Interesse an der Art, wie wir es uns zu verschaffen suchen; das zweite bloß den Wechsel der Empfindungen, deren jede ihre Beziehung auf Affekt, aber ohne den Grad eines Affekts hat und ästhetische Ideen rege macht; das dritte entspringt bloß aus dem Wechsel der Vorstellungen, in der Urteilskraft, wodurch zwar kein Gedanke, der irgendein Interesse bei sich führte, erzeugt, das Gemüt aber doch belebt wird.“ Alle Spiele beleben den Organismus, sie bewegen ihn wohltätig, ibid. § 54 (II 188 ff.). — Es gibt ferner ein Spiel der Einbildungskraft, des Verstandes und der Vernunft (Spiel mit Ideen), ein „Spiel der Empfindungen“ (mit Farben, Tönen), ein „Spiel der Gestalten“ (s. Gestalt). — Über die Annehmlichkeit des Spiels mit dem Schein (s. Illusion).
Die Spiele der Knaben und Erwachsenen „werden insgesamt unwissentlich von der reiferen Natur zu Wagstücken, ihre Kräfte im Streit mit anderen zu versuchen, angespornt: eigentlich damit die Lebenskraft überhaupt vor dem Ermatten bewahrt und rege erhalten werde“, Anthr. 1. T. § 86 (IV 215). „Der Mensch vor sich allein spielt nicht ... Er ist vor sich ernsthaft. Ebenso würde er auf das Schöne nicht die geringste Mühe verwenden, es müßte denn sein, daß er erwartete, dereinst von anderen gesehen und bewundert zu werden. Dieses gehört auch zum Spiel ... Spiel ohne menschliche Zuschauer würde vor Wahnsinn gehalten werden. Also hat alles dieses eine wesentliche Beziehung auf Geselligkeit, und was wir selbst unmittelbar daran empfinden, ist ganz unbeträchtlich. Die Mitteilung und was daraus auf uns selbst reflektiert wird, ist das einzige, was uns anzieht“, N 987.
„Bei der Arbeit ist die Beschäftigung nicht an sich selbst angenehm, sondern man hernimmt sie einer anderen Absicht wegen. Die Beschäftigung bei dem Spiele dagegen ist an sich angenehm, ohne weiter irgendeinen Zweck dabei zu beabsichtigen.“ Das Kind soll spielen, es soll Erholungsstunden haben; aber es muß auch arbeiten lernen. „Der Mensch ist das einzige Tier, das arbeiten muß.“ Die beste Ruhe für ihn ist die nach der Arbeit. „Das Kind muß also zum Arbeiten gewöhnt werden.“ Die Schule ist eine „zwangsmäßige Kultur“. „Es ist äußerst schädlich, wenn man das Kind dazu gewöhnt, alles als Spiel zu betrachten. Es muß Zeit haben, sich zu erholen, aber es muß auch eine Zeit für dasselbe sein, in der es arbeitet“, Üb. Pädagogik (VIII 222 f.). Vgl. Kunst, Geschmacksurteil, Harmonisch, Frei, Gestalt, Dichtung, Musik.