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Schein

Schein. Schein und Wahrheit sind nur im Urteil über den Gegenstand, also nur im „Verhältnisse des Gegenstandes zu unserem Verstande“. Der „empirische Schein“ (z. B. der optische) findet sich bei dem empirischen Gebrauche sonst richtiger Verstandesregeln; Wer wird die Urteilskraft durch den Einfluß der Einbildung verleitet. Der „transzendentale Schein“ fließt auf „Grundsätze“ ein, „deren Gebrauch nicht einmal auf Erfahrung angelegt ist“, indem er uns „über den empirischen Gebrauch der Kategorien wegführt und uns mit dem Blendwerke einer Erweiterung des reinen Verstandes hinhält“. Der Schein der angemaßten „transzendenten“ (s. d.), die Erfahrungsgrenze überschreitenden Grundsätze muß aufgedeckt werden. Während aber der „logische“ Schein (der Trugschlüsse) nur aus einem „Mangel der Achtsamkeit auf die logische Regel“ entspringt und mit der Schärfung der Aufmerksamkeit verschwindet, bleibt der transzendentale Schein auch nach seiner Aufdeckung durch die „transzendentale Kritik“ (Dialektik) bestehen. „Die transzendentale Dialektik wird also sich damit begnügen, den Schein transzendenter Urteile aufzudecken, und zugleich zu verhüten, daß er nicht betrüge; daß er aber auch (wie der logische Schein) sogar verschwinde und ein Schein zu sein aufhöre, das kann sie niemals bewerkstelligen. Denn wir haben es mit einer natürlichen und unvermeidlichen Illusion zu tun, die selbst auf subjektiven Grundsätzen beruht und sie als objektive unterschiebt.“ Diese natürliche und unvermeidliche Dialektik der reinen Vernunft ist nicht auszurotten, nur unschädlich zu machen, KrV tr. Dial. Einl. I (I 314 ff.—Rc 380 ff.). Schein (Apparenz) ist „das Subjektive in der Vorstellung eines Dinges, was eine Ursache sein kann, es in einem Urteil fälschlich für objektiv zu halten“, Fortschr. d. Metaph. 1. Abt. Gesch. d. Transzendentalphilos. (V 3, 94). Vgl. Dialektik, Irrtum, Illusion, Antinomie, Wahrheit, Erscheinung, Sinnestäuschung, Schönheit.

Über „moralischen Schein“ vgl. Anthr. 1. T. § 14 (IV 43 ff.) (Erlaubter moralischer Schein ist Anstand, Sittsamkeit, Wohlanständigkeit, Höflichkeit.)