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Skeptizismus

Skeptizismus. Die skeptische Methode ist nichts Endgültiges, sondern nur ein Mittel, die Vernunft „aus ihrem süßen dogmatischen Traume zu erwecken, um ihren Zustand in sorgfältigere Prüfung zu ziehen“, KrV tr. Meth. 1. H. 2. Abs. (I 632—Rc 7791 Die Notwendigkeit der Unwissenheit betreffs des Übersinnlichen, jenseits aller Erfahrung Liegenden kann nur durch Kritik (s. d.) festgestellt werden. Die (Humesche) „Zensur“ der Vernunft, die auf Zweifel gegen allen transzendenten Gebrauch der Grundsätze der reinen Vernunft (so des Satzes der Kausalität) führt, ist skeptisch und zeugt von Vorsichtigkeit der durch Erfahrung gewitzigten Urteilskraft gegenüber dem Dogmatismus (s. d.). Endgültig ist aber erst der Standpunkt der „Kritik“ der (s. d.) der Vernunft, durch die „nicht bloß Schranken, sondern die bestimmten Grenzen“ der Vernunft aus Prinzipien bewiesen werden, ibid. Von d. Unmöglichkeit... (I 632 ff.—Rc 780 ff.). Die Skepsis dient dazu, dem Dogmatiker „das Konzept zu verrücken und ihn zur Selbsterkenntnis zu bringen“, ibid. (I 636—Rc 784 f.). „Und so ist der Skeptiker der Zuchtmeister des dogmatischen Vernünftlers auf eine gesunde Kritik des Verstandes und der Vernunft selbst“, ibid. (I 640— Rc 789). — Unter dem Skeptizismus ist zu verstehen „das ohne vorhergegangene Kritik gegen die reine Vernunft gefaßte allgemeine Mißtrauen, bloß um des Mißlingens ihrer Behauptungen willen“, Üb. e. Entdeck. 2. Abs. (V 3,50). Dieses Mißlingen findet nur da statt, „wo lediglich Beweise a priori verlangt werden können, weil die Erfahrung hierüber nichts bestätigen oder widerlegen kann“, und besteht darin, „daß Beweise a priori von gleicher Stärke, die gerade das Gegenteil dartun, in der allgemeinen Menschenvernunft enthalten sind“. Infolge der sich so ergebenden Widersprüche (s. Antinomien) „muß, wenn man die Kritik vorbeigeht, welche die Grenzscheidung allein bestimmen kann, nicht allein ein Skeptizismus in Ansehung alles dessen, was durch bloße Ideen der Vernunft gedacht wird, sondern endlich ein Verdacht gegen alle Erkenntnis a priori entspringen, welcher denn zuletzt die allgemeine metaphysische Zweifellehre herbeiführt“, ibid. Anm.

Der Skeptizismus hat sich stets gegen den Anspruch auf metaphysische Erkenntnis des Übersinnlichen gerichtet (s. Metaphysik). „Die Ausdehnung der Zweifellehre sogar auf die Prinzipien der Erkenntnis des Sinnlichen und auf die Erfahrung selbst kann man nicht füglich für eine ernstliche Meinung halten, die in irgendeinem Zeitalter der Philosophie stattgefunden habe, sondern ist vielleicht eine Aufforderung an die Dogmatiker gewesen, diejenigen Prinzipien a priori, auf welchen selbst die Möglichkeit der Erfahrung beruht, zu beweisen und, da sie dieses nicht vermochten, die letztere ihnen auch als zweifelhaft vorzustellen“, Fortschr. d. Metaph. Vorr. (V 3, 88). Die Antinomie der Vernunft bringt eine „Verzweiflung der Vernunft an sich selbst“ hervor, allen Anspruch auf Gewißheit auf zugeben (Zustand des „dogmatischen Skeptizismus“). Dagegen ist nur die Kritik der reinen Vernuft (s. d.) das rechte Mittel, ibid. Beilage II (V 3, 158 f.).

„Es gibt einen Grundsatz des Zweifeins, der in der Maxime besteht, Erkenntnisse in der Absicht zu behandeln, daß man sie ungewiß macht und die Unmöglichkeit zeigt, zur Gewißheit zu gelangen. Diese Methode des Philosophierens ist die skeptische Denkart oder der Skeptizismus“ Er vertilgt alle unsere Bemühungen, zum Besitze einer Erkenntnis des Gewissens zu gelangen. Nützlich hingegen ist die „skeptische Methode“, d. h. die Art, „etwas als ungewiß zu behandeln und auf die höchste Ungewißheit zu bringen, in der Hoffnung, der Wahrheit auf diesem Wege auf die Spur zu kommen“. Diese Methode ist eigentlich „eine bloße Suspension des Urteilens“ und ist dem kritischen Verfahren sehr nützlich. „Der absolute Skeptizismus gibt alles für Schein aus. Er unterscheidet also Schein von Wahrheit und muß mithin doch ein Merkmal des Unterschiedes haben, folglich eine Erkenntnis der Wahrheit voraussetzen, wodurch er sich selbst widerspricht“, Log. Einl. X (IV 93). Vgl. Kritizismus, Polemik, Dialektik, Antinomie, Kategorie, Wissen, Glaube.