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Metaphysik

Metaphysik. Die Kritik der reinen Vernunft (s. d.) zeigt, daß Metaphysik im älteren, dogmatischen Sinne, als apriorische Erkenntnis der Dinge an sich, des Übersinnlichen, nicht möglich ist. Wir erkennen die Dinge nur als Erscheinungen, in den Formen der Anschauung und des Denkens, als Gegenstände möglicher Erfahrung. Eine alle Erfahrung übersteigende, transzendente Metaphysik ist eine Illusion der natürlichen Dialektik (s. d.) unserer Vernunft (vgl. Antinomie). Metaphysik als Wissenschaft ist nur möglich als System der apriorischen Voraussetzungen, Bedingungen der Erfahrung selbst, als „Transzendentalphilosophie“ (s. d.). Diese kritische Metaphysik ist eine sichere, fest begründete, reine Vernunftwissenschaft, das System der allen Wissenschaften zugrunde liegenden apriorischen Grundsätze und Begriffe, der synthetischen Urteile a priori als eines organischen, innerlich zusammenhängenden Ganzen, welches allein Metaphysik möglich macht. Aller Metaphysik muß Erkenntniskritik, Kritik der reinen Vernunft vorangehen (vgl. Ontologie).

Metaphysik und Mathematik (s. d.) sind der Methode nach sehr verschieden. In der Metaphysik sind die Definitionen synthetisch, im Gegensatze zur Mathematik (s. d.). In der Mathematik liegen nur „wenig unerweisliche Sätze“ zugrunde. „Vergleicht man hiermit die Weltweisheit und namentlich die Metaphysik, so möchte ich nur gerne eine Tafel von den unerweislichen Sätzen, die in diesen Wissenschaften durch ihre ganze Strecke zum Grunde liegen, aufgezeichnet sehen. Sie würde gewiß einen Plan ausmachen, der unermeßlich wäre; allein in der Aufsuchung dieser unerweislichen Grundwahrheiten besteht das wichtigste Geschäft der höheren Philosophie, und diese Entdeckungen werden niemals ein Ende nehmen, solange sich eine solche Art der Erkenntnis erweitern wird“, Nat. Theol. 1. Btr. § 3 (V 1, 123 f.). „Die Metaphysik ist ohne Zweifel die schwerste unter allen menschlichen Einsichten; allein es ist noch niemals eine geschrieben worden. Die Aufgabe der Akademie zeigt, daß man Ursache habe, sich nach dem Wege zu erkundigen, auf welchem man sie allererst zu suchen gedenkt“, ibid. § 4 (VI, 126). Die Metaphysik ist nichts anderes als „eine Philosophie über die ersten Gründe unserer Erkenntnis“. Die Methode der Mathematik darf in der Metaphysik nicht nachgeahmt werden. Die Definitionen sind hier nicht das Erste, sondern das Letzte; man kann in der Philosophie „sehr viel von einem Gegenstande deutlich und mit Gewißheit erkennen, auch sichere Folgerungen daraus ableiten, ehe man die Definition desselben besitzt“, ibid. 2. Btr. (V 1, 126 f.). Die Regeln derjenigen Methode, nach welcher die höchstmögliche metaphysische Gewißheit zu erlangen ist, sind: 1. „daß man ja nicht von Erklärungen anfange, es müßte denn etwa bloß die Worterklärung ge- gucht werden, z. E.: notwendig ist, dessen Gegenteil unmöglich ist. Aber auch da sind nur wenig Fälle, wo man so zuversichtlich den deutlich bestimmten Begriff gleich zu Anfang festsetzen kann. Vielmehr suche man in seinem Gegenstande zuerst dasjenige mit Sorgfalt auf, dessen man von ihm unmittelbar gewiß ist, auch ehe man die Definition davon hat. Man ziehe daraus Folgerungen und suche hauptsächlich nur wahre und ganz gewisse Urteile von dem Objekt zu erwerben“; 2. „daß man die unmittelbaren Urteile von dem Gegenstande in Ansehung desjenigen, was man zuerst in ihm mit Gewißheit antrifft, besonders aufzeichnet, und nachdem man gewiß ist, daß das eine in dem anderen nicht enthalten sei, sie sowie die Axiome der Geometrie als die Grundlage zu allen Folgerungen voranschickt“. „Die echte Methode der Metaphysik ist mit derjenigen im Grunde einerlei, die Newton in die Naturwissenschaft einführte und die daselbst von so nutzbaren Folgen war. Man soll, heißt es daselbst, durch sichere Erfahrungen, allenfalls mit Hilfe der Geometrie, die Regeln aufsuchen, nach welchen gewisse Erscheinungen der Natur vorgehen. Wenn man gleich den ersten Grund davon in den Körpern nicht einsieht, so ist gleichwohl gewiß, daß sie nach diesem Gesetze wirken, und man erklärt die verwickelten Naturbegebenheiten, wenn man deutlich zeigt, wie sie unter diesen wohlerwiesenen Regeln enthalten seien. Ebenso in der Metaphysik: suchet durch sichere innere Erfahrung, d. i. ein unmittelbares augenscheinliches Bewußtsein diejenigen Merkmale auf, die gewiß im Begriffe von irgendeiner allgemeinen Beschaffenheit liegen, und ob ihr gleich das ganze Wesen der Sache nicht kennt, so könnt ihr euch doch derselben sicher bedienen, um vieles in dem Dinge daraus herzuleiten“, ibid. (V1, 129 f.). „Wenn auf solche Weise diese Wissenschaft eifrig gepflegt würde, so wird ihr Boden sich nicht so unfruchtbar zeigen, und der Vorwurf einer müßigen und studierten Spitzfindigkeit, der ihr von ihren Verächtern gemacht wird, wird dann durch eine reiche Ernte edlerer Erkenntnis widerlegt werden“, N. diluc. Propos. 13 Scholion (V 1, 51). Das Verfahren der Metaphysik ist synthetisch, das der Mathematik analytisch. „Diesem zufolge ist das Einfache und Allgemeinste in der Größenlehre auch das Leichteste, in der Hauptwissenschaft aber das Schwerste; in jener muß es seiner Natur nach zuerst, in dieser zuletzt vorkommen. In jener fängt man die Doktrin mit den Definitionen an, in dieser endigt man sie mit denselben und so in anderen Stücken mehr“, Nachricht v. d. Einrichtung seiner Vorlesungen 1765/1766 (VI, 154 f.).

Von den Gegenständen der Sinne kann man niemals sagen, ihre Erkenntnis sei erschöpft. „Allein mit dem philosophischen Lehrbegriff von geistigen Wesen ist es ganz anders bewandt. Er kann vollendet sein, aber im negativen Verstande, indem er nämlich die Grenzen unserer Einsicht mit Sicherheit festsetzt und uns überzeugt: daß die verschiedenen Erscheinungen des Lebens in der Natur und deren Gesetze alles sind, was uns zu erkennen vergönnt ist, das Prinzipium dieses Lebens aber, d. i. die geistige Natur, welche man nicht kennt, sondern vermutet, niemals positiv könne gedacht werden, weil keine Data hierzu in unseren gesamten Empfindungen anzutreffen sind, und daß man sich mit Verneinungen behelfen müsse, um etwas von allem Sinnlichen so sehr Unterschiedenes zu denken, daß aber selbst die Möglichkeit solcher Verneinungen weder auf Erfahrung noch auf Schlüssen, sondern auf einer Erdichtung beruhe, zu der eine von allen Hilfsmitteln entblößte Vernunft ihre Zuflucht nimmt.“ „Nunmehr lege ich die ganze Materie von Geistern, ein weitläufiges Stück der Metaphysik, als abgemacht und vollendet beiseite. Sie geht mich künftig nichts mehr an. Indem ich den Plan meiner Nachforschung auf diese Art besser zusammenziehe und mich einiger gänzlich vergeblicher Untersuchungen entschlage, so hoffe ich meine geringe Verstandesfähigkeit auf die übrigen gegenstände vorteilhafter anlegen zu können“, Träume 1. T. 4. H. (V 2, 43 f.). „Die Metaphysik, in welche ich das Schicksal habe, verliebt zu sein, ob ich mich gleich von ihr nur selten einiger Gunstbezeigungen rühmen kann, leistet zweierlei Vorteile. Der erste ist, den Aufgaben ein Genüge zu tun, die das forschende Gemüt aufwirft, wenn es verborgenen Eigenschaften der Dinge durch Vernunft nachspäht. Aber hier täuscht der Ausgang nur gar zu oft die Hoffnung.“ „Der andere Vorteil ist der Natur des menschlichen Verstandes mehr angemessen und besteht darin: einzusehen, ob die Aufgabe aus demjenigen, was man wissen kann, auch bestimmt sei, und welches Verhältnis die Frage zu den Erfahrungsbegriffen habe, darauf sich alle unsere Urteile jederzeit stützen müssen. Insofern ist die Metaphysik eine Wissenschaft von den Grenzen der menschlichen Vernunft.“ Dieser Nutzen der Metaphysik ist „der unbekannteste und zugleich der wichtigste“. Es ist einzusehen, daß jeder sich könne „aller vergeblichen Nachforschungen überheben in Ansehung einer Frage, wozu die Data in einer anderen Welt, als in welcher er empfindet, anzutreffen sind“. Vertilgt ist nun der „Wahn und das eitle Wissen, welches den Verstand aufbläht und in seinem engen Raume den Platz ausfüllt, den die Lehren der Weisheit und der nützlichen Unterweisung einnehmen könnten“, ibid. 2. T. 2. H. (V 2, 62 f.). „Allein unter unzähligen Aufgaben, die sich selbst darbieten, diejenige auswählen, deren Auflösung dem Menschen angelegen ist, ist das Verdienst der Weisheit. Wenn die Wissenschaft ihren Kreis durchlaufen hat, so gelangt sie natürlicherweise zu dem Punkte eines bescheidenen Mißtrauens und sagt, unwillig über sich selbst: Wie viel Dinge gibt es doch, die ich nicht einsehe! Aber die durch Erfahrung gereifte Vernunft, welche zur Weisheit wird, spricht in dem Munde des Sokrates mitten unter den Waren eines Jahrmarkts mit heiterer Seele: Wie viel Dinge gibt es doch, die ich alle nicht brauche!“ Endlich gelangt so die Wissenschaft „zu der Bestimmung der ihr durch die Natur der menschlichen Vernunft gesetzten Grenzen“. „Die Fragen von der geistigen Natur, von der Freiheit und Vorherbestimmung, dem künftigen Zustande u. dgl. bringen anfänglich alle Kräfte des Verstandes in Bewegung und ziehen den Menschen durch ihre Vortrefflichkeit in den Wetteifer der Spekulation, welche ohne Unterschied klügelt und entscheidet, lehrt oder widerlegt, wie es die Scheineinsicht jedesmal mit sich bringt. Wenn diese Nachforschung aber in Philosophie ausschlägt, die über ihr eigen Verfahren urteilt, und die nicht die Gegenstände allein, sondern deren Verhältnis zu dem Verstande des Menschen kennt, so ziehen sich die Grenzen enger zusammen, und die Marksteine werden gelegt, welche die Nachforschung aus ihrem eigentümlichen Bezirke niemals mehr ausschweifen lassen“, ibid. 3. H. (V 2, 64 f.). Ist man zu den „Grundverhältnissen“ gelangt, so „hat das Geschäft der Philosophie ein Ende, und wie etwas könne eine Ursache sein oder eine Kraft haben, ist unmöglich jemals durch Vernunft einzusehen, sondern diese Verhältnisse müssen lediglich aus der Erfahrung genommen werden“. — „Alle solche Urteile, wie diejenigen von der Art, wie meine Seele den Körper bewegt oder mit anderen Wesen ihrer Art jetzt oder künftig im Verhältnis steht, können niemals etwas mehr als Erdichtungen sein“, ibid. (V 2, 66 f.). Zur Sittlichkeit bedarf es keiner Metaphysik; jene beruht auf „unmittelbaren Vorschriften des menschlichen Herzens“. Auf die „Empfindungen einer wohlgearteten Seele“ gründet sich der „moralische Glaube“, „dessen Einfalt mancher Spitzfindigkeit des Vernünfteins überhoben sein kann“, ibid. (V 2, 69).

Es ist nicht zu verhehlen, „daß der Weg, den man gewählt hat, ganz verkehrt sei, daß die im Schwang gehenden Methoden den Wahn und die Irrtümer ins Unendliche vermehren müssen und daß selbst die gänzliche Vertilgung aller dieser eingebildeten Einsichten nicht so schädlich sein könne als die erträumte Wissenschaft mit ihrer so verwünschten Fruchtbarkeit“. „Ich bin so weit entfernt, die Metaphysik selbst, objektiv erwogen, vor gering oder entbehrlich zu halten, daß ich vornehmlich seit einiger Zeit, nachdem ich glaube ihre Natur und die ihr unter den menschlichen Erkenntnissen eigentümliche Stelle einzusehen, überzeugt bin, daß sogar das wahre und dauerhafte Wohl des menschlichen Geschlechts auf ihr ankomme...“ Es ist aber nichts ratsamer, als dem sich öffentlich darbietenden Wissen „das dogmatische Kleid abzuziehen und die vorgegebenen Einsichten skeptisch zu behandeln, wovon der Nutzen freilich nur negativ ist (stultitia caruisse), aber zum Positiven vorbereitet“ (als „Catarcticon“). Die Erdichtung z. B. einer „primitiven Kraft“ durch bloße Vernunftschlüsse „kann niemals auch nur einen Beweis ihrer Möglichkeit zulassen, und die Denklichkeit (deren Schein daher kommt, daß sich auch keine Unmöglichkeit davon dartun läßt) ist ein bloßes Blendwerk“. In den „Träumen eines Geistersehers“ wird gezeigt, „wie weit man, und zwar auch ungehindert, in philosophischen Erdichtungen fortgehen kann, wo die Data fehlen, und wie nötig es bei einer solchen Aufgabe sei, auszumachen, was zur Solution des Problems nötig sei und ob nicht die dazu notwendigen Data fehlen“. „Es liegt hier daran, auszumachen, ob es nicht hier wirklich Grenzen gebe, welche nicht durch die Schranken unserer Vernunft, nein, der Erfahrung, die die Data zu ihr enthält, festgesetzt seien“, An Mendelssohn, 8. April 1766. Kants Augenmerk ist darauf gerichtet, „die eigentliche Bestimmung und die Schranken der menschlichen Fähigkeiten und Neigungen zu erkennen“. Betreffs der Sitten glaubt er dies ziemlich erreicht zu haben; er arbeitet jetzt an einer „Metaphysik der Sitten“, An Herder, 9. Mai 1768.

„Diejenige Philosophie, welche die obersten Prinzipien des reinen Verstandesgebrauchs enthält, ist die Metaphysik.“ In ihr gibt es „keine Erfahrungsprinzipien“, Mund. sens. § 8 (V 2, 100). Im Gegensatze zu den Wissenschaften, in welchen der Gebrauch der Methode (s. d.) vorangeht, bzw. nur ein formal-logischer ist, steht die Metaphysik. „Allein in der reinen Philosophie, wozu die Metaphysik gehört, in der der Gebrauch des Verstandes in bezug auf die Prinzipien ein realer ist, d. h. wo die ursprünglichen Begriffe der Dinge und Verhältnisse und die Grundsätze selbst durch den reinen Verstand selbst ursprünglich gegeben werden, und, da sie keine Anschauungen sind, der Irrtum nicht immer vermieden werden kann, geht die Methode aller Wissenschaft voraus, und alles, was vor der genauen Prüfung und sicheren Feststellung ihrer Vorschriften versucht wird, erscheint als ein voreiliges Denken und muß unter die leeren Tändeleien des Verstandes verwiesen werden. Denn da der rechte Gebrauch der Vernunft hier die Grundsätze selbst feststellt, und sowohl die Gegenstände als die in bezug auf sie aufzustellenden Grundsätze allein durch ihre eigene Natur zuerst bekannt werden, so ist die Darlegung der Gesetze der reinen Vernunft auch die Erzeugung der Wissenschaft selbst, und ihre Unterscheidung von untergeschobenen Gesetzen das Kennzeichen der Wahrheit“, ibid. § 23 (V 1, 121). „Die ganze Methode der Metaphysik in betreff des Sinnlichen und des durch den Verstand Erkannten läuft vor allem auf den Satz hinaus: Man verhüte sorgfältig, daß die der sinnlichen Erkenntnis eigentümlichen Prinzipien ihre Grenzen überschreiten und die Verstandeskenntnisse affizieren. Denn da das Prädikat in jedem verstandesmäßig ausgedrückten Urteile die Bedingung ist, ohne solche das Subjekt nicht denkbar sein soll, und mithin das Prädikat ein Prinzip des Erkennens ist: so wird es, wenn der Begriff ein sinnlicher Begriff ist, nur die Bedingung einer möglichen sinnlichen Erkenntnis sein und wird deshalb vorzüglich zu dem Subjekt des Urteils Passen, dessen Begriff ebenfalls ein sinnlicher ist. Wird es aber mit einem Verstandesbegriff verbunden, so wird ein solches Urteil nur nach subjektiven Gesetzen gültig sein und kann deshalb von dem Verstandesbegriff selbst nicht ausgesagt und als ein objektives behauptet werden: sondern nur als die Bedingung, ohne welche eine sinnliche Erkenntnis des gegebenen Begriffes nicht stattfindet. Da nun das Blendwerk des Verstands, das in der Zustutzung eines sinnlichen Begriffes zu einem Verstandesbegriffe liegt, ein Fehler der Erschleichung... genannt werden kann, so wird die Verwechslung der Verstandes- und sinnlichen Begriffe zum metaphysischen Fehler der Erschleichung (einer verstandesmäßig gemachten Erscheinung, wenn der barbarische Ausdruck erlaubt ist), und deshalb nenne ich einen solchen Bastardsatz, der das Sinnliche als dem Verstandesbegriffe notwendig anhängend ausgibt, einen erschlichenen Grundsatz. Aus solchen unechten Grundsätzen sind die den Verstand irreführenden Prinzipien hervorgegangen, welche in der ganzen Metaphysik aufs schlimmste gehaust haben“, ibid. § 24 (V 2, 122 f.).

Die „unvermeidlichen Aufgaben“ der reinen Vernunft, sofern diese über die Sinnen-Welt hinausgeht, sind Gott, Freiheit und Unsterblichkeit. „Die Wissenschaft aber, deren Endabsicht mit allen ihren Zurüstungen eigentlich nur auf die Auflösung derselben gerichtet ist, heißt Metaphysik, deren Verfahren im Anfange dogmatisch ist, d. i. ohne vorhergehende Prüfung des Vermögens oder Unvermögens der Vernunft zu einer so großen Unternehmung zuversichtlich die Ausführung übernimmt.“ Der Glaube an vermeintliche Erkenntnisse von Gegenständen, die alle Erfahrung übersteigen, wird dadurch genährt, daß man aus dem Vermögen, in der Mathematik (s. d.) a priori zu erkennen (aber eben Gegenstände, die sich in reiner Anschauung darstellen lassen) oder (ontologisch) durch Analyse von Begriffen a priori Einsichten (aber nur Erläuterungen, nicht Neues) zu gewinnen, auf die Fähigkeit der Vernunft schließt, das Übersinnliche (s. d.) theoretisch zu erkennen. „Die leichte Taube, indem sie im freien Fluge die Luft teilt, deren Widerstand sie fühlt, könnte die Vorstellung fassen, daß es ihr im luftleeren Raume noch viel besser gelingen werde“, KrV Einl. III (I 52 ff.—Rc 53 ff.). In der Metaphysik (als einer bisher bloß versuchten, aber durch die Natur der menschlichen Vernunft unentbehrlichen Wissenschaft) sind synthetische Urteile a priori enthalten, die zum Teil über alle Erfahrung hinausgehen (z. B.: die Welt muß einen ersten Anfang haben), deren Möglichkeit untersucht werden muß. Die menschliche Vernunft geht „unaufhaltsam“, „durch eigenes Bedürfnis getrieben“, bis zu solchen Fragen fort, „die durch keinen Erfahrungsgebrauch und daher entlehnte Prinzipien beantwortet werden können“. Von dieser unausrottbaren Metaphysik ist nun die Frage: „Wie ist Metaphysik als Naturanlage möglich? d. i. wie entspringen die Fragen, welche reine Vernunft sich aufwirft..., aus der Natur der allgemeinen Menschenvernunft?“ Wegen der Widersprüche in der versuchten Beantwortung dieser Fragen (s. Antinomie), muß man die Metaphysik „zur Gewißheit“ bringen, „entweder im Wissen oder Nichtwissen der Gegenstände“. Es erhebt sich also die Frage: „Wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?“, ibid. VI (I 63 ff.—Rc 73 ff.).

Die (kritische) Metaphysik ist „die ganze (wahre sowohl als scheinbare) philosophische Erkenntnis aus reiner Vernunft im systematischen Zusammenhange“; bzw. ist sie auch die ganze „reine Philosophie“ mit Inbegriff der „Kritik“ (s. d.), die zur Metaphysik eigentlich nur die „Propädeutik“ ist — „um sowohl die Untersuchung alles dessen, was jemals a priori erkannt werden kann, als auch die Darstellung desjenigen, was ein System reiner philosophischer Erkenntnisse dieser Art ausmacht, von allem empirischen aber, imgleichen dem mathematischen Vernunftgebrauche unterschieden ist, zusammenzufassen“ (vgl. System). Die Metaphysik zerfällt in die des „spekulativen“ und die des „praktischen“ Gebrauchs der reinen Vernunft und ist also entweder „Metaphysik der Natur“ oder „Metaphysik der Sitten“. „Jene enthält alle reinen Vernunftprinzipien aus bloßen Begriffen (mithin mit Ausschließung der Mathematik) von dem theoretischen Erkenntnisse aller Dinge, diese die Prinzipien, welche das Tun und Lassen a priori bestimmen und notwendig machen.“ „Die Metaphysik der spekulativen Vernunft ist nun das, was man im engeren Verstande Metaphysik zu nennen pflegt“, KrV tr. Meth. 3. H. (I 692—Rc 847 f.). Die Metaphysik der Natur, „die alles, sofern es ist (nicht das, was sein soll), aus Begriffen a priori erwägt“, besteht aus der „[Transzendentalphilosophie](transzendentalphilosophie“ (s. d.) und der „Physiologie“ (s. d.) der reinen Vernunft. „Die erstere betrachtet nur den Verstand und die Vernunft selbst in einem System aller Begriffe und Grundsätze, die sich auf Gegenstände überhaupt beziehen, ohne Objekte anzunehmen, die gegeben wären (Ontologia); die zweite betrachtet Natur, d. i. den Inbegriff gegebener Gegenstände (sie mögen nun den Sinnen oder, wenn man will, einer anderen Art von Anschauung gegeben sein), und ist also Physiologie (obgleich nur rationalis).“ Letztere zerfällt in die „immanente“ und „transzendente“ Physiologie. Diese ist „transzendentale Welterkenntnis“ oder „transzendentale Gotteserkenntnis“, während jene in die „rationale Physik“ (s. d.) und „rationale Psychologie“ zerfällt. Das System der Metaphysik besteht daher aus: 1. Ontologie (s. d.); 2. rationaler Physiologie; 3. rationaler Kosmologie (s. d.); 4. rationaler Theologie. Die empirische Psychologie (s. d.) gehört nicht zur Metaphysik, ibid. (I 695 ff.—Rc. 850 ff.). Die Metaphysik kann zwar nicht „die Grundveste der Religion“ sein, muß aber doch stets als „Schutzwehr“ derselben stehen bleiben. Die durch ihre Natur „dialektische“ menschliche Vernunft kann nie einer solchen Wissenschaft entbehren, „die sie zügelt und durch ein szientifisches und völlig einleuchtendes Selbsterkenntnis die Verwüstungen abhält, welche eine gesetzlose spekulative Vernunft sonst ganz unfehlbar in Moral sowohl als Religion anrichten würde“. Eigentliche Philosophie ist Metaphysik; denn sie „bezieht alles auf Weisheit, aber durch den Weg der Wissenschaft, den einzigen, der, wenn er einmal gebahnt ist, niemals verwächst und keine Verirrungen verstattet“. „Eben deswegen ist Metaphysik auch die Vollendung aller Kultur der menschlichen Vernunft, die unentbehrlich ist, wenn man gleich ihren Einfluß als Wissenschaft auf gewisse bestimmte Zwecke beiseite setzt. Denn sie betrachtet die Vernunft nach ihren Elementen und obersten Maximen, die selbst der Möglichkeit einiger Wissenschaften und dem Gebrauche aller zum Grunde liegen müssen. Daß sie, als bloße Spekulation, mehr dazu dient, Irrtümer abzuhalten als die Erkenntnis zu erweitern, tut ihrem Werte keinen Abbruch, sondern gibt ihr vielmehr Würde und Ansehen durch das Zensoramt, welches die allgemeine Ordnung und Eintracht, ja den Wohlstand des wissenschaftlichen gemeinen Wesens sichert und dessen mutige und fruchtbare Bearbeitungen abhält, sich nicht von dem Hauptzwecke, der allgemeinen Glückseligkeit, zu entfernen“, ibid. (I 698 f.—Rc 854 f.). „Die Metaphysik hat zum eigentlichen Zwecke ihrer Nachforschung nur drei Ideen: Gott, Freiheit und Unsterblichkeit... Alles, womit sich diese Wissenschaft sonst beschäftigt, dient ihr bloß zum Mittel, um zu diesen Ideen und ihrer Realität zu gelangen. Sie bedarf sie nicht zum Behuf der Naturwissenschaft, sondern um über die Natur hinaus zu kommen“, ibid. tr. Dial. 1. B. 3. Abs. Anm. (I 346—Rc 415). (Kritische) Metaphysik ist „das Inventarium aller unserer Besitze durch reine Vernunft, systematisch geordnet“. Unbedingte Vollständigkeit ist hier notwendig. Nur durch Kritik der reinen Vernunft wird Metaphysik eine wirkliche Wissenschaft, freilich nicht von Dingen an sich, sondern von den Bedingungen der Erkenntnis der Gegenstände möglicher Erfahrung, KrV Vorr. z. 1. A. (I 20 ff.—Rc 13 ff.). Über die Grenze der Erfahrung kann die Metaphysik nicht hinaus, nur von Erscheinungen gibt es theoretische Erkenntnis. Das Übersinnliche (s. d.) kann nur in praktisch-sittlicher Absicht bestimmt werden, ibid. Vorr. z. 2. A. (I 29 ff.—Rc 23 ff.). — Über die Art der Nachforschung, wie sie die Kritik d. r. V. übt: „sie enthält die Metaphysik von der Metaphysik.“, An M. Herz 1781.

Die Quellen einer metaphysischen Erkenntnis können nicht empirisch sein. „Die Prinzipien derselben (wozu nicht bloß ihre Grundsätze, sondern auch Grundbegriffe gehören) müssen also niemals aus der Erfahrung genommen sein; denn sie soll nicht physische, sondern metaphysische, d. i. jenseits der Erfahrung liegende Erkenntnis sein. Also wird weder äußere Erfahrung, welche die Quelle der eigentlichen Physik, noch innere, welche die Grundlage der empirischen Psychologie ausmacht, bei ihr zum Grunde liegen. Sie ist also Erkenntnis a priori, oder aus reinem Verstande und reiner Vernunft“, Prol. § 1 (III 13 f.). „Metaphysische Erkenntnis muß lauter Urteile a priori enthalten, das erfordert das Eigentümliche ihrer Quellen“, ibid. § 2 (III 14). Eigentlich metaphysische Urteile sind synthetische Urteile a priori. „Man muß zur Metaphysik gehörige von eigentlich metaphysischen Urteilen unterscheiden. Unter jenen sind sehr viele analytisch, aber sie machen nur die Mittel zu metaphysischen Urteilen aus, auf die der Zweck der Wissenschaft ganz und gar gerichtet ist, und die allemal synthetisch sind. Denn wenn Begriffe zur Metaphysik gehören, z. B. der von Substanz, so gehören die Urteile, die aus der bloßen Zergliederung derselben entspringen, auch notwendig zur Metaphysik, z. B. Substanz ist dasjenige, was nur als Subjekt existiert usw., und vermittelst mehrerer dergleichen analytischen Urteile suchen wir der Definition der Begriffe nahe zu kommen.“ In solchen Fällen ist aber der Begriff, nicht das analytische Urteil metaphysisch. „Wenn man die Begriffe a priori, welche die Materie der Metaphysik und ihr Bauzeug ausmachen, zuvor nach gewissen Prinzipien gesammelt hat, so ist die Zergliederung dieser Begriffe von großem Werte; auch kann dieselbe als ein besonderer Teil (gleichsam als philosophia definitiva), der lauter analytische, zur Metaphysik gehörige Sätze enthält, von allen synthetischen Sätzen, die die Metaphysik selbst ausmachen, abgesondert vorgetragen werden.“ Den wesentlichen Inhalt der Metaphysik bildet aber „die Erzeugung der Erkenntnis a priori, sowohl der Anschauung als Begriffen nach, endlich auch synthetischer Sätze a priori, und zwar in der philosophischen Erkenntnis“, ibid. (III 20 f.).

Eine Metaphysik als sichere Wissenschaft gibt es noch nicht. Die Frage erhebt sich daher: ist Metaphysik möglich? „Überdrüssig also des Dogmatismus, der uns nichts lehrt, und zugleich des Skeptizismus, der uns gar überall nichts verspricht, auch nicht einmal den Ruhestand einer erlaubten Unwissenheit; aufgefordert durch die Wichtigkeit der Erkenntnis, deren wir bedürfen und mißtrauisch durch lange Erfahrung in Ansehung jeder, die wir zu besitzen glauben oder die sich uns unter dem Titel der reinen Vernunft anbietet, bleibt uns nur noch eine kritische Frage übrig, nach deren Beantwortung wir unser künftiges Betragen einrichten können: Ist überall Metaphysik möglich?“ Durch Kritik (s. d.) der reinen Vernunft ist diese Frage zu beantworten, Prol. § 4 (III 23 f.). Die „Transzendentalphilosophie“ (s. d.) muß ihr vorhergehen, als systematische Erledigung der Frage: Wie sind synthetische Urteile a priori möglich? ibid. § 5 (III 30). Metaphysik hat es außer mit „Naturbegriffen, die in der Erfahrung jederzeit ihre Anwendung finden“, noch mit „reinen Vernunftbegriffen“ zu tun, „die niemals in irgendeiner nur immer möglichen Erfahrung gegeben werden, mithin mit Begriffen, deren objektive Realität (daß sie nicht bloße Hirngespinste sind), und mit Behauptungen, deren Wahrheit oder Falschheit durch keine Erfahrung bestätigt oder aufgedeckt werden kann“. Dieser Teil der Metaphysik ist „gerade derjenige, welcher den wesentlichen Zweck derselben, wozu alles andere nur Mittel ist, ausmacht“, ibid. § 40 (III 91); vgl. Idee. Unsere Vernunft hat „Metaphysik als ihr Lieblingskind ausgeboren“, dessen Erzeugung „einem ursprünglichen Keime zuzuschreiben ist, welcher zu großen Zwecken weislich organisiert ist“. Denn Metaphysik ist vielleicht mehr als eine andere Wissenschaft „durch die Natur selbst ihren Grundzügen nach in uns gelegt“. Durch die sinnliche Erfahrung ist die Vernunft nicht befriedigt, sie strebt nach einer Vollendung, die in der Sinnenwelt nicht enthalten ist (s. Idee). Sie geht so bis zur Grenze (s. d.) der Erfahrung, bis zur Annahme und wenigstens analogiehaften Bestimmung von Dingen an sich oder Verstandeswesen (s. Noumenon), die im Verhältnis zur Sinnenwelt gedacht werden, wenn sie auch nicht nach ihrer Beschaffenheit an sich erkannt werden, ibid § 57 (III 124 ff.). Das ist der durch Disziplin und Kritik gezügelte und in Schranken gesetzte natürliche Gebrauch der Anlage zur Metaphysik im Gegensatz zur dialektisch „vernünftelnden“ Metaphysik, welche „zur Beförderung der Naturerkenntnis entbehrlich, ja wohl gar ihr nachteilig ist“. Der Naturzweck der metaphysischen Anlage ist der, „unseren Begriff von den Fesseln der Erfahrung und den Schranken der bloßen Naturbetrachtung so weit loszumachen, daß er wenigstens ein Feld vor sich eröffnet sehe, was bloß Gegenstände für den reinen Verstand enthält, die keine Sinnlichkeit erreichen kann“, und zwar bloß zur allgemeinen Geltendmachung der praktischen Grundsätze. Die Ideen der reinen Vernunft befreien uns vom Materialismus, Naturalismus und Fatalismus und verschaffen so den moralischen Ideen Raum, ibid. § 60 (III 136 ff.). Der Mensch wird niemals von der Metaphysik lassen, ebensowenig wie vom Atemholen. „Metaphysik, als Naturanlage der Vernunft, ist wirklich, aber sie ist auch für sich allein ... dialektisch und trüglich.“ Wissenschaft kann sie nur durch Kritik der Vernunft werden. Diese enthält allein den „Plan, ja sogar alle Mittel der Vollziehung in sich, wonach Metaphysik als Wissenschaft zustande gebracht werden kann; durch andere Wege und Mittel ist sie unmöglich“. Wer einmal Kritik gekostet hat, dem „ekelt auf immer alles dogmatische Gewäsche“. „Die Kritik verhält sich zur gewöhnlichen Schulmetaphysik gerade wie Chemie zur Alchimie, oder wie Astronomie zur wahrsagenden Astrologie.“ Die ältere Metaphysik ist eine „sophistische Scheinwissenschaft“. Eine Metaphysik wird es stets geben, die aber nur durch die Kritik zu einer Wissenschaft (einer abgeschlossenen noch dazu) werden kann, wie sie bisher noch gar nicht existiert hat. Diese Wissenschaft muß apodiktische Beweise enthalten, denn eine apriorische „Philosophie aus reiner Vernunft“ kann nicht auf „Wahrscheinlichkeit und Mutmaßung“ basieren; ebenso nicht auf dem „gesunden Menschenverstand“, denn die Einsicht in die Regeln des Verstandes a priori und unabhängig von der Erfahrung gehört vor den spekulativen Verstand. Nur wenn man genötigt ist, die Metaphysik zu verlassen und zu einem Vernunftglauben überzugehen, kommt der gesunde Menschenverstand zur Geltung. „Metaphysik muß Wissenschaft sein, nicht allein im ganzen, sondern auch in allen ihren Teilen, sonst ist sie gar nichts“, ibid. 3. T. Auflösung der Frage (III 140 ff.). „Metaphysischer Behauptungen ist die Welt satt; man will die Möglichkeit dieser Wissenschaft, die Quellen, aus denen Gewißheit in derselben abgeleitet werden könne, untersucht wissen und sichere Kriterien haben, den dialektischen Schein der reinen Vernunft von der Wahrheit zu unterscheiden“, ibid. Anh. Probe eines Urteils... (III 155). Metaphysik hat in der Vernunft den Maßstab ihrer Beurteilung, ibid. (III 156 f.). Es liegt in der Metaphysik ein „Erbfehler“, der nur erklärt und behoben werden kann, „wenn man bis zu ihrem Geburtsort, der reinen Vernunft selbst, hinaufsteigt“, ibid. (III 158). Die Metaphysik allein kann in einen beharrlichen, abgeschlossenen Zustand gebracht werden, ibid. Vorschlag... (III 161.)

Metaphysik (oder „reine Philosophie“) ist „reine Vernunfterkenntnis aus bloßen Begriffen“. „Alle wahre Metaphysik ist aus dem Wesen des Denkungsvermögens selbst genommen, und keineswegs darum erdichtet, weil sie nicht von der Erfahrung entlehnt ist, sondern enthält die reinen Handlungen des Denkens, mithin Begriffe und Grundsätze a priori, welche das Mannigfaltige empirischer Vorstellungen allererst in die gesetzmäßige Verbindung bringen, dadurch es empirisches Erkenntnis, d. i. Erfahrung, werden kann.“ Eigentliche Naturwissenschaft (s. d.) setzt „Metaphysik der Natur“ voraus; alle Naturphilosophie hat sich stets metaphysischer Prinzipien bedient, Anfangsgr. d. Naturw. Vorr. (VII 192, 195).

Metaphysik ist „ihrem Wesen und ihrer Endabsicht nach ein vollendetes Ganze: entweder Nichts oder Alles, was zu ihrem Endzweck erforderlich ist; kann also nicht, wie etwa Mathematik oder empirische Naturwissenschaft, die ohne Ende immer fortschreiten, fragmentarisch abgehandelt werden“. Die „erste und notwendigste Frage“ ist: „Was die Vernunft eigentlich mit der Metaphysik will? welchen Endzweck sie mit ihrer Bearbeitung vor Augen habe?“ Dieser Endzweck begründet folgende Definition der Metaphysik: „Sie ist die Wissenschaft, von der Erkenntnis des Sinnlichen zu der des Übersinnlichen durch die Vernunft fortzuschreiten.“ Die schulmäßige Definition der Metaphysik aber ist: „Sie ist das System aller Prinzipien der reinen theoretischen Vernunfterkenntnis durch Begriffe; oder kurz gesagt: sie ist das System der reinen theoretischen Philosophie.“ „Sie enthält also keine praktischen Lehren der reinen Vernunft, aber doch die theoretischen, die dieser ihrer Möglichkeit zum Grunde liegen. Sie enthält nicht mathematische Sätze, d. i. solche, welche durch die Konstruktion der Begriffe Vernunfterkenntnis hervorbringen, aber die Prinzipien der Möglichkeit einer Mathematik überhaupt.“ „Die ersten und ältesten Schritte in der Metaphysik wurden nicht etwa als bedenkliche Versuche bloß gewagt, sondern geschahen mit völliger Zuversicht, ohne vorher über die Möglichkeit der Erkenntnisse a priori sorgsame Untersuchungen anzustellen. Was war die Ursache von diesem Vertrauen der Vernunft zu sich selbst? Das vermeinte Gelingen. Denn in der Mathematik gelang es der Vernunft, die Beschaffenheit der Dinge a priori zu erkennen, über alle Erwartung der Philosophen vortrefflich; warum sollte es nicht ebensogut in der Philosophie gelingen?“ Aber die Mathematik (s. d.) kann ihre Objekte anschaulich konstruieren und an ihnen ihre Sätze bewahrheiten, während die Behauptungen der (dogmatischen) Metaphysik in der Luft schweben. Trotzdem wanderten die Metaphysiker „an dem Leitfaden ihrer ontologischen Prinzipien, die freilich wohl eines Ursprungs a priori sind, aber nur für Gegenstände der Erfahrung gelten“, getrost fort, „und obzwar die vermeinte Erwerbung überschwenglicher Einsichten auf diesem Wege durch keine Erfahrung bestätigt werden konnte, so konnte sie doch eben darum, weil sie das Übersinnliche betrifft, auch durch keine Erfahrung widerlegt werden“. Der zweite Schritt der Metaphysik ist der des Skeptizismus, der in den Antinomien (s. d.) der Vernunft seine letzte Grundlage hat. Der dritte Schritt der Metaphysik ist der Kritizismus (s. d.), „die Kritik der reinen Vernunft selbst in Ansehung ihres Vermögens, die menschliche Erkenntnis überhaupt, es sei in Ansehung des Sinnlichen oder Übersinnlichen, a priori zu erweitern“. Durch eine solche Kritik würde die Metaphysik „in einen beharrlichen Zustand nicht allein des Äußeren, sondern auch des Inneren, fernerhin weder einer Vermehrung noch Verminderung bedürftig oder auch nur fähig zu sein, versetzt werden“, Fortschr. d. Metaph. Vorr. (V 3, 83 ff.). Die Transzendentalphilosophie (s. d.) hat zu ihrem Zweck „die Gründung einer Metaphysik, deren Zweck wiederum als Endzweck der reinen Vernunft dieser ihre Erweiterung von der Grenze des Sinnlichen zum Felde des Übersinnlichen beabsichtigt, welches ein Überschritt ist, der, damit er nicht ein gefährlicher Sprung sei, indessen daß er doch auch nicht ein kontinuierlicher Fortgang in derselben Ordnung der Prinzipien ist, eine den Fortschritt hemmende Bedenklichkeit an der Grenze beider Gebiete notwendig macht“, ibid. 1. Abt. V. Begriffen a priori (V 3, 98). Es gibt eine Metaphysik der „körperlichen Natur“ als Gegenstandes der äußeren Sinne und eine Metaphysik der „denkenden Natur“ als Gegenstandes des inneren Sinnes, die beide nach dem, „was an ihnen a priori erkennbar ist“, betrachtet, ibid. 2. Abt. (V 3, 108 f.). Die Metaphysik als „theoretische Wissenschaft“ ist die „Metaphysik der Natur“; als „moralischpraktische Vernunftwissenschaft“ ist sie „Metaphysik der Sitten“ (s. d.), ibid. 3. Stadium (V 3, 123). Eine „theoretisch-dogmatische“ Erkenntnis des Übersinnlichen (s. d.) gibt es nicht, wohl aber eine „praktisch-dogmatische“ Bestimmung desselben in sittlicher Absicht. Es war vergebliche Mühe, das Übersinnliche „auf dem Wege der Spekulation und der theoretischen Erkenntnis zu erreichen, und so wurde die Metaphysik das durchlöcherte Faß der Danaiden“. „Allererst, nachdem die moralischen Gesetze das Übersinnliche im Menschen, die Freiheit, deren Möglichkeit keine Vernunft erklären, ihre Realität aber in jenen praktisch-dogmatischen Lehren beweisen kann, entschleiert haben, so hat die Vernunft gerechten Anspruch auf Erkenntnis des Übersinnlichen, aber nur mit Einschränkung auf den Gebrauch in der letzteren Rücksicht gemacht, da sich dann eine gewisse Organisation der reinen praktischen Vernunft zeigt, wo erstlich das Subjekt der allgemeinen Gesetzgebung als Welturheber, zweitens das Objekt des Willens der Weltwesen als ihres jenem gemäßen Endzweckes, drittens der Zustand der letzteren, in welchem sie allein der Erreichung desselben fähig sind, in praktischer Absicht selbstgemachte Ideen sind, welche aber ja nicht in theoretischer aufgestellt werden müssen, weil sie sonst aus der Theologie Theosophie, aus der moralischen Teleologie Mystik und aus der Psychologie eine Pneumatik machen und so Dinge, von denen wir doch etwas in praktischer Absicht zur Erkenntnis benutzen könnten, ins Überschwengliche hin verlegen, wo sie für unsere Vernunft ganz unzugänglich sind und bleiben.“ Die Metaphysik ist hierbei „nur die Idee einer Wissenschaft als Systems, welches nach Vollendung der Kritik der reinen Vernunft aufgebaut werden kann und soll..., ein Ganzes, was gleich der reinen Logik keiner Vermehrung weder bedürftig noch fähig ist, welches auch beständig bewohnt und im baulichen Wesen erhalten werden muß, wenn nicht Spinnen und Waldgeister, die nie ermangeln werden, hier Platz zu suchen, sich darin einnisten und es für die Vernunft unbewohnbar machen sollen“. „Dieser Bau ist auch nicht weitläuftig, dürfte aber der Eleganz halber, die gerade in ihrer Präzision unbeschadet der Klarheit besteht, die Vereinigung der Versuche und des Urteiles verschiedener Künstler nötig haben, um sie als ewig und unwandelbar zustande zu bringen“, ibid. Auflösung der Aufgabe III (V 3, 142 f.). Die Kritik der reinen Vernunft hat im Verhältnis zur Metaphysik zwei Angeln: „erstlich die Lehre von der Identität des Raumes und der Zeit, welche in Ansehung der theoretischen Prinzipien aufs Übersinnliche, aber für uns Unerkennbare bloß hinweiset, indessen daß sie auf ihrem Wege zu diesem Ziel, wo sie es mit der Erkenntnis a priori der Gegenstände der Sinne zu tun hat, theoretisch-dogmatisch ist; zweitens die Lehre von der Realität des Freiheitsbegriffes als Begriffes eines erkennbaren Übersinnlichen, wobei die Metaphysik doch nur praktisch-dogmatisch ist“. „Beide Angeln aber sind gleichsam in dem Pfosten des Vernunftbegriffes von dem Unbedingten in der Totalität aller einander untergeordneter Bedingungen eingesenkt, wo der Schein weggeschafft werden soll, der eine Antinomie der reinen Vernunft durch Verwechslung der Erscheinungen mit den Dingen an sich selbst bewirkt und in dieser Dialektik selbst Anleitung zum Übergange vom Sinnlichen zum Übersinnlichen enthält“, ibid. Anh. zur Übersicht... (V 3,144). Die Metaphysik enthält (als Ontologie) „Elemente der menschlichen Erkenntnis a priori, sowohl in Begriffen als Grundsätzen und muß ihrer Absicht nach solche enthalten; allein der bei weitem größte Teil derselben findet seine Anwendung in den Gegenständen möglicher Erfahrung, z. B. der Begriff einer Ursache und der Grundsatz des Verhältnisses aller Veränderung zu derselben“. Aber das Ziel der Metaphysik war ein weiterliegendes. „Der alte Name dieser Wissenschaft meta ta physika gibt schon eine Anzeige auf die Gattung von Erkenntnis, worauf die Absicht mit derselben gerichtet war. Man will vermittelst ihrer über alle Gegenstände möglicher Erfahrung (trans physicam) hinausgehen, um womöglich das zu erkennen, was schlechterdings kein Gegenstand derselben sein kann, und die Definition der Metaphysik nach der Absicht, die den Grund der Bewerbung um eine dergleichen Wissenschaft enthält, würde also sein: Sie ist eine Wissenschaft, von der Erkenntnis des Sinnlichen zu der des Übersinnlichen fortzuschreiten.“ Sie ist „eine philosophische Wissenschaft, die ein Inbegriff der Vernunfterkenntnis aus Begriffen a priori ist“. Ihren Erkenntnismitteln nach ist sie „das System aller reinen Vernunfterkenntnis der Dinge durch Begriffe“. Die (dogmatische) Metaphysik hat nicht einmal die „Realität“ der übersinnlichen Objekte (theoretisch) dartun, geschweige eine Erkenntnis dieser Objekte bieten können. Man kann ja transzendente Objekte denken, ohne daß die Erfahrung ihnen je widersprechen könnte; aber durch keine Erfahrung können transzendente Begriffe belegt werden, so daß diese Begriffe „ganz leer“ und die Sätze, welche Gegenstände derselben als wirklich annehmen, „ganz irrig“ sein können, „und es ist doch kein Probierstein da, diesen Irrtum zu entdecken“. Selbst der Begriff des Übersinnlichen läßt sich theoretisch nicht in seiner Realität direkt dartun; es läßt sich nicht beweisen oder widerlegen, „ob nicht alles, was ist und sein kann, auch Gegenstand möglicher Erfahrung sei“, ibid. Beilage I Einl. (V 3, 146 ff.).

„Was den Namen der Metaphysik anbetrifft, so ist nicht zu glauben, daß derselbe von ohngefähr entstanden, weil er so genau mit der Wissenschaft paßt: denn da physis die Natur heißt, wir aber zu den Begriffen der Natur nicht anders als durch die Erfahrung gelangen können, so heißt diejenige Wissenschaft, die auf sie folgt, Metaphysik (von meta, trans, und physica). Es ist eine Wissenschaft, die gleichsam außer dem Gebiete der Physik, jenseits derselben liegt“, Vorles. üb. Metaphysik aus drei Semestern ed. M. Heinze, Abhdlg. d. K. Sächs. Ges. d. Wissensch., phil.-histor. Kl. XIV 666. Einteilung der Metaphysik: „1. Metaphysica pura: a) Ontologia, b) Cosmologia, c) Theologia naturalis; 2. Metaphysica applicata: a) Somatologia rationalis, b) Psychologia rationalis“, ibid. 667. „Metaphysik als eine Philosophie der reinen Vernunft führt kein genügsames spekulatives Interesse bei sich, um eine so schwer zu erreichende Kenntnis zu unternehmen; aber sie führt ein praktisches Interesse der Vernunft bei sich, und dieses treibt uns eben zur Gründung der Metaphysik an.“ „Die Ontologie löst eigentlich die metaphysische Sprache auf, und entwarf sozusagen eine metaphysische Grammatik. Diese Sätze interessierten zwar die spekulative Vernunft, aber man kann sich doch ohne sie behelfen, wie Newton dies bewiesen, und für sie würde man nichts unternehmen. Daher kommt es, daß in vielen Ländern die Metaphysik eine verächtliche Wissenschaft gewesen ist“, ibid. 698. „Die Anwendung der Elemente unserer Erkenntnisse a priori ist Metaphysik“, ibid. 699.

„Der Zweck der Metaphysik: 1. Den Ursprung der synthetischen Erkenntnis a priori auszumachen. 2. Die restringierenden Bedingungen des empirischen Gebrauchs unserer Vernunft einzusehen. 3. Die Unabhängigkeit unserer Vernunft von diesen Bedingungen, mithin die Möglichkeit des absoluten Gebrauchs zu zeigen. 4. Dadurch unseren Vernunftgebrauch über die Grenzen der Sinnenwelt, obzwar nur negativ auszudehnen, d. i. die Hindernis, die die Vernunft selbst (aus Prinzipien ihres empirischen Gebrauchs) macht, wegzuschaffen. 5. Die Bedingung der absoluten Einheit derselben zu zeigen, damit sie ein vollständiges principium praktischer Einheit, d. i. Zusammenstimmung zur Summe aller Zwecke, sein könne“, N 4849. Die Wissenschaft, zu den obersten Gründen a priori zu gelangen, ist Metaphysik. Diese Wissenschaft ist auflösend. „Grundbegriffe, Grundurteile, Methode der Natur“, N 3917. „Die Metaphysik handelt nicht von Objekten, sondern Erkenntnissen“, N 4853. „Es ist die Frage, was kann man durch bloße Vernunft ohne alle Erfahrung erkennen (Mathematik Moral)? Welches sind die Quellen, Bedingungen und Grenzen. Die Transzendentalphilosophie ist Kritik der reinen Vernunft; Studium des Subjekts“, N 4455. „Meine Absicht ist zu untersuchen, wieviel die Vernunft a priori erkennen kann und wie weit sich ihr Abhängigkeit von der Belehrung der Sinne erstrecke, welches also die Fragen sind, über die sie ohne Beihilfe der Sinne nicht hinausgehen kann“, N 5013. „In der transzendentale. Wissenschaft muß alles vom Subjekt hergenommen sein; nur einiges bezieht sich davon auf Gegenstände“, N 5058. „Kann wohl durch Metaphysik etwas erfunden werden? Ja; in Ansehung des Subjekts, aber nicht des Objekts“, N 4457. „Die Metaphysik ist eine Wissenschaft von den Gesetzen der reinen menschlichen Vernunft und also subjektiv“, N 3952. Die Metaphysik ist, „die Vernunftwissenschaft synthetischer Erkenntnisse und Urteile“, N 3974, eine „Philosophie der reinen Vernunft“, N 4146; die „Philosophie über die Form“, N 4366. „Metaphysik ist die Naturerkenntnis a priori, deren Objekt wenigstens durch die Sinne gegeben ist“, N 4889 „Metaphysica est logica intellectus puri“, N 4360. „Eigentliche Metaphysik ist die Anwendung der Transzendentalphilosophie auf in der Vernunft gegebene Begriffe (die ihr notwendig sind), denen aber keine korrespondierenden Gegenstände in der Erfahrung gegeben werden können (folglich aufs Übersinnliche). Das kann also nur das Unbedingte sein, denn das ist die einzige theoretische Vernunftidee. Also geht die Metaphysik: 1. auf das, wovon nur das Ganze als absolut unbedingt vorgestellt werden soll; 2. auf Dinge, sofern sie an sich sinnlich unbedingt sind“, N 6414. Die rationale Kosmologie hat zwei Teile: „Natur und Freiheit, und deren Gesetze a priori“, N 5356. Die Metaphysik zeigt „den Ursprung allgemeiner Begriffe, auf den alle Erkenntnis muß zurückgeführt werden, wenn die Erscheinungen in Begriffe sollen verwandelt werden“. „Die Metaphysik ist also eine Wissenschaft von den Grundbegriffen und Grundsätzen der menschlichen Vernunft“, N 3946. „Alle Wissenschaften, worin Vernunft gebraucht wird, haben ihre Metaphysik“, N 5681. „Metaphysik ist das System aller Erkenntnis a priori aus Begriffen überhaupt“, N 5667. „Metaphysik ist Wissenschaft von den Prinzipien aller Erkenntnis a priori und aller Erkenntnis, die aus diesen Prinzipien folgt“, N 5674. Die „kritische“ Metaphysik ist besonders durch ihren negativen Charakter wertvoll, durch Abhaltung von Irrtümern und Anmaßungen der dogmatischen Metaphysik, N 191—193, 5027. Der Geist muß „diszipliniert werden, d. i. seine Unarten ihm abgewöhnt werden“, N 5044. Die Metaphysik ist die „Schutzwehr“ der Religion, N 4865. „Der Gebrauch der Metaphysik in Ansehung des Theoretischen ist bloß negativ; sie eröffnet nicht die Erkenntnis der Dinge und ist nicht dogmatisch.“ Sie „verhütet nur den falschen Gebrauch der Vernunft, die aus ihren Schranken tritt und die intellectualia als Objekte betrachtet, da sie doch nur zum modo cognoscendi der sensitive dabilium und allenfalls zur Einschränkung derselben, insofern sie die sensitiva über ihre Schranken gebrauchen will, dienen“. Hypothesen gibt es hier nicht, N 4445. „Physischer Nutzen der Metaphysik ist auch, die dogmatische Synthesis a priori abzuhalten, welche die Kontinuität der Erkenntnis nach Erfahrungsgesetzen hindern kann.“ „Der Nutzen ist also durchgängig negativ: 1. dogmatische Verneinungen, welche die empirische Ausbreitung der Erkenntnis einschränken, wegzuräumen; 2. dogmatische Behauptungen, welche die Vernunft über den praktischen Gebrauch unnütz ausdehnen wollen, einzuschränken“, N 5119. Die Vernunft bedarf der „Zucht“, sonst stimmt sie nicht mit Religion und Sittlichkeit zusammen und verwirrt den gesunden Verstand, N 4468. Metaphysik ist „bloß der sich selbst kennende Verstand“, die „logische Selbsterkenntnis“. Die Religion wird durch sie in allem Moralischen gesichert, gegen Schwärmerei und Unglauben gedeckt, N 4284. „Sie ist die Demarkation der reinen Vernunft und die Grenzwache, um zu verhüten, daß sie nicht. indem sie über ihre Grenzen ausschweift, sich selbst verwirre und Religion und Sitte mit ihren Chimären beunruhige“, N 4464. Die Gegenüberstellung von Beweisen und Gegenbeweisen (Antinomien) durch die „skeptische“ Methode ist die beste Methode, N 4454, 4469; vgl. 5015; vgl. Vorles. über Metaphysik. Vgl. Philosophie, Kritik der reinen Vernunft, Kritizismus, Dogmatismus, Ontologie, Transzendentalphilosophie, Mathematik (u. Philosophie), Urteile (analytische und synthetische), Naturwissenschaft, Übersinnlich, Ding an sich, Noumenon, Postulate, Glaube.