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Transzendentalphilosophie

Transzendentalphilosophie. Ein System transzendentaler (s. d.) Begriffe (bzw. Erkenntnisse) heißt „Transzendentalphilosophie“. Sie enthält „sowohl die analytische Erkenntnis, als die synthetische a priori vollständig“. Sie ist „das System aller Prinzipien der reinen Vernunft“. In diese Wissenschaft gehören nur rein apriorische Begriffe und Grundsätze. Daher gehören die obersten Grundsätze der Moralität und die Grundbegriffe derselben nicht in die Transzendentalphilosophie, weil sie die Gefühle der Lust und Unlust, der Begierden, Neigungen usw., die insgesamt empirischen Ursprungs sind, mit berücksichtigen müssen. „Daher ist die Transzendentalphilosophie eine Weltweisheit der reinen bloß spekulativen Vernunft.“ Sie zerfällt in eine „Elementarlehre“ und eine „Methodenlehre“, KrV Einl. VII (I 68 ff.—Rc 83 ff.). Es gibt Wissenschaften, in welchen „jede darin vorkommende Frage aus dem, was man weiß, schlechthin beantworte bar sein muß, weil die Antwort aus denselben Quellen entspringen muß, daraus die Frage entspringt“ (so in der reinen Mathematik und reinen Ethik). In der Transzendentalphilosophie ist „keine Frage, welche einen der reinen Vernunft gegebenen Gegenstand betrifft, für eben dieselbe menschliche Vernunft unauflöslich“, „weil eben derselbe Begriff, der uns in den Stand setzt, zu fragen, durchaus uns auch tüchtig machen muß, auf diese Frage zu antworten, indem der Gegenstand außer dem Begriffe gar nicht angetroffen wird“. Das gilt auch von den transzendentalen Ideen (s. d.), über deren Bedeutung Gewißheit besteht, weil sie nur Produkte, Aufgaben der Vernunft — die verstandesmäßige Verarbeitung der Erfahrung (Synthesis) immer weiter fortzusetzen — sind, ibid. tr. Dial. 2. B. 2. H. 4. Abs. (I 428 ff.—Rc 559 ff.). Die Transzendentalphilosophie ist ein Teil der (theoretischen) „Metaphysik“ (s. d.). Sie „betrachtet nur den Verstand und Vernunft selbst in einem System aller Begriffe und Grundsätze, die sich auf Gegenstände überhaupt beziehen, ohne Objekte anzunehmen, die gegeben wären (Ontologia)“, ibid. tr. Meth. 3. H. (I 695—Rc 850 f.). Die ganze Transzendentalphilosophie, die vor aller Metaphysik vorhergehen muß, ist nichts anderes als die vollständige, systematisch geordnete und ausführliche Auflösung der Frage: „Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?“ Prol. 5 § (III 30). Der „höchste Punkt“ der transzendentalen Philosophie ist die Frage: Wie ist Natur (s. d.) möglich? ibid. § 35 (II 79).

Während die (formale) Logik „es niemals mit der Möglichkeit der Erkenntnis ihrem Inhalte nach, sondern bloß mit der Form derselben, sofern es eine diskursive Erkenntnis ist, zu tun hat“, ist es Sache der Transzendentalphilosophie, „den Ursprung der Erkenntnis a priori von Gegenständen zu erforschen“, Üb. e. Entdeck. 2. Abs. (V 3, 70). Die wahre Ontologie ist Transzendentalphilosophie, welche „die Bedingungen und ersten Elemente aller unserer Erkenntnis a priori enthält“, Fortschr. d. Metaph. Vorr. (V 3, 84). Die Transzendentalphilosophie ist „die Lehre von der Möglichkeit aller Erkenntnis a priori überhaupt, welche die Kritik der reinen Vernunft ist“. Ihr Zweck ist die Gründung einer (kritischen) „Metaphysik“, ibid. 1. Abt. V. Begriffen a priori (V 3, 98). Die „höchste Aufgabe“ der Transzendentalphilosophie ist: „Wie ist Erfahrung möglich?“ Den synthetischen Urteilen (s. d.) a priori, „welche der möglichen Erfahrung a priori die Regel vorschreiben“, kann „ihre strenge Allgemeinheit und Notwendigkeit und daß sie bei allem dem doch synthetisch sind“, nicht bestritten werden. So ist der „Empirismus, welcher alle diese synthetische Einheit unserer Vorstellungen in der Erkenntnis für bloße Gewohnheitssache ausgibt“, „gänzlich unhaltbar, und es ist eine Transzendentalphilosophie in unserer Vernunft fest gegründet, wie denn auch, wenn man sie als sich selbst vernichtend vorstellig machen wollte, eine andere und schlechterdings unauflösliche Aufgabe eintreten würde. Woher kommt den Gegenständen der Sinne der Zusammenhang und die Regelmäßigkeit ihres Beieinanderseins, daß es dem Verstande möglich ist, sie unter allgemeine Gesetze zu fassen und die Einheit derselben nach Prinzipien aufzufinden? Welcher der Satz des Widerspruches allein nicht Genüge tat, da dann der Rationalismus unvermeidlich herbeigerufen werden muß“, ibid. 1. Abt. V. dem Umfange... (V 3, 101 f.).

„Die Transzendentalphilosophie, welche die Elemente unserer Erkenntnis a priori vorträgt, ist eine Wissenschaft von der Möglichkeit einer synthetischen Erkenntnis a priori“, N 5133. Sie „betrachtet nicht die Gegenstände, sondern das menschliche Gemüt nach den Quellen, woraus in ihm die Erkenntnis a priori abstammt, und den Grenzen“, N 4873. Sie „beweist, daß wir mit unserer Erkenntnis niemals aus der Sinnenwelt herausgehen können“, N 5083 Die Transzendentalphilosophie ist das Erkenntnissystem, welches a priori die Gegenstände der reinen Vernunft in einem System notwendig verbunden darstellt. Sie ist „das formale System der Ideen, dadurch das Subjekt sich selbst zum Objekt macht“, ein „Idealism, da ... das Subjekt sich selbst konstituiert, nicht Erkenntnisart irgendeines Objektes der Philosophie, sondern nur eine gewisse Methode oder (formales) Prinzip zu philosophieren“, Altpreuß. Mth. XXI 373 f.; vgl. 368 u. ö. Die Transzendentalphilosophie ist die „Selbstschöpfung (Autokratie) der Ideen zu einem vollständigen System der Gegenstände der reinen Vernunft“, ibid. 373; vgl. „[Als Ob](als ob)“, welches den „höchsten Standpunkt“ der Transzendentalphilosophie bedeutet. Vgl. Kritik der reinen Vernunft, Ontologie, Metaphysik, Ethik, Logik (transzendentale), Transzendental.