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Mathematik

Mathematik. Die Mathematik enthält außer ihren formal-logisch bedingten (analytisch-apriorischen) Sätzen (in den Beweisen usw.) wesentlich (als „reine“ Mathematik) synthetische Urteile (s. d.) a priori, Grundsätze, welche streng allgemein und notwendig gelten, und von der Erfahrung unabhängig sind. „Möglich“ sind solche Sätze, weil die „reine Anschauung“ (s. d.) (von Raum und Zeit), auf deren Eigenschaften sie sich beziehen, zugleich die Form der empirischen Anschauung und eine Bedingung der Erfahrbarkeit von Gegenständen derselben ist. Die „Konstruktion“ (s. d.), die der Verstand in der reinen Anschauung vornimmt (die Erzeugung räumlicher und zeitlicher Größen und Gebilde), ist zugleich eine Bedingung solcher Bestimmtheiten von Gegenständen in Raum und Zeit, gilt also für alles Erfahrbare, nicht bloß für ideelle Gebilde. Die Axiome (s. d.) der Mathematik sind apriorisch und evident. Die Zahl (s. d.) beruht auf einer Synthese seitens der Einbildungskraft und des Verstandes. Mathematik ist eine Bedingung aller exakten Erkenntnis.

Die reine Anschauung enthält die Begriffe des Raumes und der Zeit. „Da diese über die Beschaffenheit (Qualität) der Sinnendinge nichts bestimmen, so sind sie nur der Größe (Quantität) nach ein Gegenstand der Wissenschaft.“ Deshalb betrachtet die „reine Mathematik“ den Raum in der Geometrie, die Zeit in der reinen Mechanik. Zu diesen tritt noch die Zahl, der Gegenstand der Arithmetik. Indem so die reine Mathematik „die Form unserer ganzen sinnlichen Erkenntnis auseinanderlegt“, ist sie „das Organ jeder anschaulichen und deutlichen Erkenntnis“, und „da ihre Gegenstände selbst nicht bloß die formalen Prinzipien aller Anschauung, sondern selbst ursprüngliche Anschauungen sind, so spendet sie die wahrste Erkenntnis und zugleich das Muster der höchsten Gewißheit für andere“, Mund. sens. § 12 (V 2, 103).

Die Mathematik gehört (mit der „Physik“) zu den theoretischen Erkenntnissen der Vermint Sie bestimmt ihre Objekte ganz rein a priori. „Dem ersten, der den gleichschenkligen Triangel demonstrierte ..., dem ging ein Licht auf; denn er fand, daß er nicht dem, was er in der Figur sah, oder auch dem bloßen Begriffe derselben nachspüren und gleichsam davon ihre Eigenschaften ablernen, sondern durch das, was er nach Begriffen selbst a priori hineindachte und darstellte (durch Konstruktion), hervorbringen müsse, und daß er, um sicher etwas a priori zu wissen, der Sache nichts beilegen müsse, als was aus dem notwendig folgte, was er seinem Begriffe gemäß selbst in sie gelegt hat“, KrV Vorr. z. 2. A. (I 24 f.— Rc 18 f.). „Mathematische Urteile sind insgesamt synthetisch. Dieser Satz scheint den Bemerkungen der Zergliederer der menschlichen Vernunft bisher entgangen, ja allen ihren Vermutungen gerade entgegengesetzt zu sein, ob er gleich unwidersprechlich gewiß, und in der Folge sehr wichtig ist. Denn weil man fand, daß die Schlüsse der Mathematiker alle nach dem Satze des Widerspruchs fortgehen (welches die Natur einer jeden apodiktischen Gewißheit erfordert), so überredete man sich, daß auch die Grundsätze aus dem Satze des Widerspruchs erkannt würden; worin sie sich irrten; denn ein synthetischer Satz kann allerdings nach dem Satze des Widerspruchs eingesehen werden, aber nur so, daß ein anderer synthetischer Satz vorausgesetzt wird, aus dem er gefolgert werden kann, niemals aber an sich selbst.“ Zuvörderst muß bemerkt werden, „daß eigentliche mathematische Sätze jederzeit Urteile a priori und nicht empirisch sind, weil sie Notwendigkeit bei sich führen, welche aus Erfahrung nicht abgenommen werden kann. Will man aber dieses einräumen, wohlan, so schränke ich meinen Satz auf die reine Mathematik ein, deren Begriff es schon mit sich bringt, daß sie nicht empirische, sondern bloß reine Erkenntnisse a priori enthalte.“ „Man sollte anfänglich zwar denken, daß der Satz 7 + 5 = 12 ein bloß analytischer Satz sei, der aus dem Begriffe einer Summe von Sieben und Fünf nach dem Satze des Widerspruchs erfolge. Allein, wenn man es näher betrachtet, so findet man, daß der Begriff der Summe von 7 und 5 nichts weiter enthalte als die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige, wodurch ganz und gar nicht gedacht wird, welches diese einzige Zahl sei, die beide zusammenfaßt. Der Begriff von Zwölf ist keineswegs dadurch schon gedacht, daß ich mir bloß jene Vereinigung von Sieben und Fünf denke, und ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen Summe noch so lange zergliedern, so werde ich doch darin die Zwölf nicht antreffen. Man muß über diese Begriffe hinausgehen, indem man die Anschauung zu Hilfe nimmt, die einem von beiden korrespondiert, etwa seine fünf Finger, oder (wie Segner in seiner Arithmetik) fünf Punkte, und so nach und nach die Einheiten der in der Anschauung gegebenen Fünf zu dem Begriffe der Sieben hinzutut. Denn ich nehme zuerst die Zahl 7, und indem ich für den Begriff der 5 die Finger meiner Hand als Anschauung zu Hilfe nehme, so tue ich die Einheiten, die ich vorher zusammennahm, um die Zahl 5 auszumachen, nun an jenem meinem Bilde nach und nach zur Zahl 7, und sehe so die Zahl entspringen. Daß 5 zu 7 hinzugetan werden sollten, habe ich zwar in dem Begriff einer Summe = 7 + 5 gedacht, aber nicht, daß diese Summe der Zahl 12 gleich sei.“ „Ebensowenig ist irgendein Grundsatz der reinen Geometrie analytisch. Daß die gerade Linie zwischen zwei Punkten die kürzeste sei, ist ein synthetischer Satz. Denn mein Begriff vom Geraden enthält nichts von Größe, sondern nur eine Qualität. Der Begriff des Kürzesten kommt also gänzlich hinzu und kann durch keine Zergliederung aus dem Begriffe der geraden Linie gezogen werden. Anschauung muß also hier zu Hilfe genommen werden, vermittelst deren allein die Synthesis möglich ist.“ „Einige wenige Grundsätze, welche die Geometer voraussetzen, sind zwar wirklich analytisch und beruhen auf dem Satze des Widerspruchs; sie dienen aber auch nur wie identische Sätze zur Kette der Methode und nicht als Prinzipien, z. B. a = a, das Ganze ist sich selber gleich, oder (a + b) > a, d. i. das Ganze ist größer als sein Teil. Und doch auch diese selbst, ob sie gleich nach bloßen Begriffen gelten, werden in der Mathematik nur darum zugelassen, weil sie in der Anschauung können dargestellt werden“, ibid. Einl. V (I 59 ff.—Rc 67 ff.). „Geometrie ist eine Wissenschaft, welche die Eigenschaften des Raumes synthetisch und doch a priori bestimmt.“ Soll dies möglich sein, so muß der Raum (s. d.) eine reine Anschauung a priori sein, auf die sich die synthetischen Urteile a priori der Geometrie stützen, ebenso die Möglichkeit ihrer Konstruktionen (s. d.) a priori. Die Grundsätze der Geometrie (z. B. der Kaum hat nur drei Dimensionen) sind „apodiktisch“, d. h. „mit dem Bewußtsein ihrer Notwendigkeit verbunden“, KrV tr. Ästh. § 3 (I 81 f.—Rc 98 f.). — Durch Bestimmung der reinen Anschauung bekommen wir Erkenntnisse a priori von Gegenständen, „aber nur ihrer Form nach, als Erscheinungen“. Ob es Dinge geben könne, die in dieser Form angeschaut werden müssen, ist erst noch auszumachen. Mathematische Begriffe sind also nur dann Erkenntnisse, wenn es Dinge gibt, die der Form der reinen Anschauung gemäß sind. Dinge im Raum und in der Zeit werden aber durch Wahrnehmungen gegeben, ibid. tr. Anal. § 22 (I 161 f.—Rc 195 f.).

Die Mathematik hat „reine Grundsätze a priori“, die aus reinen Anschauungen, wenn auch vermittelst des Verstandes, gezogen sind. Aber die Anwendung dieser Grundsätze auf Erfahrung, mithin ihre objektive Gültigkeit, beruht doch auf dem reinen Verstande, der die Quelle der „Prinzipien“ dieser Grundsätze ist, ibid. 2. B. 2. H. 3. Abs. (I 199—Rc 255). Die Axiome der Mathematik (Geometrie) gründen sich auf die „sukzessive Synthesis der produktiven Einbildungskraft in der Erzeugung der Gestalten“. Sie betreffen nur Größen (quanta) als solche. „Was aber die Größe (quantitas), d. i. die Antwort auf die Frage: wie groß etwas sei? betrifft, so gibt es in Ansehung derselben, obgleich verschiedene dieser Sätze synthetisch und unmittelbar gewiß (indemonstrabilia) sind, dennoch im eigentlichen Verstande keine Axiome. Denn daß Gleiches zu Gleichem hinzugetan oder von diesem abgezogen ein Gleiches gebe, sind analytische Sätze, indem ich mir der Identität der einen Größenerzeugung mit der anderen unmittelbar bewußt bin; Axiome aber sollen synthetische Sätze a priori sein.“ „Dagegen sind die evidenten Sätze der Zahlverhältnisse zwar allerdings synthetisch, aber nicht allgemein, wie die der Geometrie, und eben um deswillen auch nicht Axiome, sondern können Zahlformel genannt werden“ (z. B. 7 + 5 = 12; die Zahl 7 ist nur auf eine einzige Art möglich, ebenso die Zahl 12, die durch die Synthesis von 7 mit 5 erzeugt werden soll. Der Grundsatz der Axiome der Anschauung ist es allein, was „die reine Mathematik in ihrer ganzen Präzision auf Gegenstände der Erfahrung anwendbar“ macht. „Die empirische Anschauung ist nur durch die reine (des Raumes und der Zeit) möglich; was also die Geometrie von dieser sagt, gilt auch ohne Widerrede von jener, und die Ausflüchte, als wenn Gegenstände der Sinne nicht den Regeln der Konstruktion im Raume ... gemäß sein dürfen, müssen wegfallen.“ „Die Synthesis der Räume und Zeiten, als der wesentlichen Formen aller Anschauung, ist das, was zugleich die Appre-hension der Erscheinung, mithin jede äußere Erfahrung, folglich auch alle Erkenntnis der Gegenstände derselben möglich macht, und was die Mathematik im reinen Gebrauch von jener beweist, das gilt auch notwendig von dieser“, ibid. 3. Abs. 1 (I 203 ff.—Rc 259 ff.).

Mathematische Urteile sind insgesamt „synthetisch“ (s. Urteil). Dieser Satz ist „unwidersprechlich gewiß“. Die „Schlüsse“ der Mathematiker gehen nach dem Satze des Widerspruchs fort, und deshalb meinte man, daß auch die Grundsätze der Mathematik aus dem Satze des Widerspruchs erkannt werden, was irrig ist; „denn ein synthetischer Satz kann allerdings nach dem Satze des Widerspruchs eingesehen werden, aber nur so, daß ein anderer synthetischer Satz vorausgesetzt wird, aus dem er gefolgert werden kann, niemals aber an sich selbst“. Eigentliche reine mathematische Sätze sind „Urteile a priori und nicht empirisch“, „weil sie Notwendigkeit bei sich führen, welche aus Erfahrung nicht abgenommen werden kann“. Die mathematischen Grundsätze sind synthetische Urteile a priori. Der Satz: 7 + 5 = 12 ist kein bloß analytischer Satz, denn der Begriff von Zwölf ist durch den Gedanken der Vereinigung von Sieben und Fünf noch nicht gedacht, sondern beruht auf einer an der Anschauung sich vollziehenden Synthese. Ebenso ist der Satz, daß die gerade Linie zwischen zwei Punkten die kürzeste ist, synthetisch, denn der Begriff des Kürzesten kommt zu dem der Geraden hinzu, und zwar wieder vermittelst einer Anschauung, Prol. § 2 (III 16 f.). „Das Wesentliche und Unterscheidende der reinen mathematischen Erkenntnis von aller anderen Erkenntnis a priori ist, daß sie durchaus nicht aus Begriffen, sondern Jederzeit nur durch die Konstruktion der Begriffe ... vor sich gehen muß. Da sie also in ihren Sätzen über den Begriff zu demjenigen, was die ihm korrespondierende Anschauung enthält, hinausgehen muß, so können und sollen ihre Sätze auch niemals durch Zergliederung der Begriffe, d. i. analytisch entspringen und sind daher insgesamt synthetisch“, ibid. (III 18 f.). Die reine Mathematik enthält „eine große und bewährte Erkenntnis..., die durch und durch apodiktische Gewißheit, d. i. absolute Notwendigkeit, bei sich führt, also auf keinen Erfahrungsgründen beruht, mithin ein reines Produkt der Vernunft, überdem aber durch und durch synthetisch ist“. Setzt das Vermögen einer solchen apriorischen Erkenntnis nicht einen „Erkenntnisgrund a priori“ voraus, „der tief verborgen liegt, der sich aber durch diese seine Wirkungen offenbaren dürfte, wenn man den ersten Anfängen derselben nur fleißig nachspürte?“, ibid. § 6 (III 33). Es zeigt sich als das Eigentümliche aller mathematischen Erkenntnis, „daß sie ihren Begriff vorher in der Anschauung, und zwar a priori, mithin einer solchen, die nicht empirisch, sondern reine Anschauung ist, darstellen müsse, ohne welches Mittel sie nicht einen einzigen Schritt tun kann; daher ihre Urteile jederzeit intuitiv sind, anstatt daß Philosophie sich mit diskursiven Urteilen aus bloßen Begriffen begnügen und ihre apodiktischen Lehren wohl durch Anschauung erläutern, niemals aber daher ableiten kann“. Die erste und oberste Bedingung der Möglichkeit der Mathematik ist also: „es muß ihr irgendeine reine Anschauung zum Grunde liegen, in welcher sie alle ihre Begriffe in concreto und dennoch a priori darstellen oder, wie man es nennt, sie konstruieren kann“. Diese Anschauung macht die synthetischen Urteile der Mathematik möglich, da sie mit dem Begriffe, den wir von einem Objekte der Anschauung haben, „vor aller Erfahrung oder einzelnen Wahrnehmung unzertrennlich verbunden ist“, ibid. § 7 (III 33 f.).

Die reinen Anschauungen von Raum und Zeit liegen a priori den empirischen Anschauungen zugrunde als bloße „Formen unserer Sinnlichkeit“, denen gemäß die Objekte der Mathematik also a priori erkannt werden müssen. „Geometrie legt die reine Anschauung des Raums zum Grunde. Arithmetik bringt selbst ihre Zahlbegriffe durch sukzessive Hinzusetzung der Einheiten in der Zeit zustande, vornehmlich aber reine Mechanik kann ihre Begriffe von Bewegung nur vermittelst der Vorstellung der Zeit zustande bringen“, ibid. § 10 (III 36 f.). „Reine Mathematik ist als synthetische Erkenntnis a priori nur dadurch möglich, daß sie auf keine anderen als bloße Gegenstände der Sinne geht, deren empirischer Anschauung eine reine Anschauung (des Raums und der Zeit), und zwar a priori zum Grunde liegt und darum zum Grunde liegen kann, weil diese nichts anderes als die bloße Form der Sinnlichkeit ist, welche von der wirklichen Erscheinung der Gegenstände vorhergeht, indem sie dieselbe in der Tat allererst möglich macht. Doch betrifft dieses Vermögen, a priori anzuschauen, nicht die Materie der Erscheinung, d. i. das, was in der Empfindung ist, denn diese macht das Empirische aus, sondern nur die Form derselben. Raum und Zeit“, ibid. § 11 (III 37). Die reine Mathematik „kann nur unter der Bedingung allein objektive Realität haben, daß sie bloß auf Gegenstände der Sinne geht, in Ansehung deren aber der Grundsatz feststeht, daß unsere sinnliche Vorstellung keineswegs eine Vorstellung der Dinge an sich selbst, sondern nur der Art sei, wie sie uns erscheinen. Daraus folgt, daß die Sätze der Geometrie nicht etwa Bestimmungen eines bloßen Geschöpfes unserer dichtenden Phantasie sind, und also nicht mit Zuverlässigkeit auf wirkliche Gegenstände könnten bezogen werden, sondern daß sie notwendigerweise vom Raume und darum auch von allem, was im Raume angetroffen werden mag, gelten, weil der Raum nichts anderes ist als die Form aller äußeren Erscheinungen, unter der uns allein Gegenstande der Sinne gegeben werden können. Die Sinnlichkeit, deren Form die Geometrie zum Grunde legt, ist das, worauf die Möglichkeit äußerer Erscheinungen beruht; diese also können niemals etwas anderes enthalten, als was die Geometrie ihnen vorschreibt. Ganz anders würde es sein, wenn die Sinne die Objekte vorstellen müßten, wie sie an sich selbst sind. Denn da würde aus der Vorstellung vom Raume, die der Geometer a priori mit allerlei Eigenschaften desselben zum Grunde legt, noch gar nicht folgen, daß alles dieses samt dem, was daraus gefolgert wird, sich gerade so in der Natur verhalten müsse.“ Die äußeren Gegenstände unserer Sinnenwelt müssen mit allen Sätzen der Geometrie genau übereinstimmen, „weil die Sinnlichkeit durch ihre Form äußerer Anschauung (den Raum), womit sich der Geometer beschäftigt, jene Gegenstände als bloße Erscheinungen selbst allererst möglich macht“. Der geometrische „Raum in Gedanken“ macht den „physischen“ Raum, d. h. die Ausdehnung der Materie selbst erst möglich; was von jenem gilt, muß daher auch von dieser gelten, so daß die geometrischen Sätze für die Gegenstände in der Natur selbst (als Erscheinungen) gültig sind, Prol. § 13 Anmerk. I (III 41 ff.). Die Lehre von der „Idealität“ des Raumes und der Zeit ist das einzige Mittel, die Anwendung der apriorischen Erkenntnis der Mathematik auf „wirkliche Gegenstände“ zu sichern und zu verhüten, daß sie für bloßen Schein gehalten werde; sonst wäre es nicht auszumachen, ob nicht die Anschauungen von Raum und Zeit „bloße selbstgemachte Hirngespinste wären, denen gar kein Gegenstand, wenigstens nicht adäquat, korrespondierte, und also Geometrie selbst ein bloßer Schein sei“, ibid. Anmerk. III (III 47).

„Von ebenderselben Größe kann ich mir durch mancherlei Art der Zusammensetzung und Trennung (beides aber, sowohl Addition als Substraktion, ist Synthesis) einen Begriff machen, der objektiv zwar identisch ist (wie in jeder Äquation), subjektiv aber, nach der Art der Zusammensetzung, die ich denke, um zu jenem Begriffe zu gelangen, sehr verschieden ist, so, daß das Urteil über den Begriff, den ich von der Synthesis habe, allerdings hinausgeht, indem es eine andere Art derselben (welche einfacher und der Konstruktion angemessener ist) an die Stelle der ersteren setzt, die gleichwohl immer das Objekt auf ebendieselbe Art bestimmt. So kann ich durch 3 + 5, durch 12 — 4, durch 2. 4, durch 2³ zu einerlei Bestimmung einer Größe = 8 gelangen. Allein in meinem Gedanken 3 + 5 war doch der Gedanke 2 . 4 gar nicht enthalten; ebensowenig also auch der Begriff von 8, welcher mit beiden einerlei Wert hat.“ „Die Arithmetik hat freilich keine Axiomen, weil sie eigentlich kein Quantum, d. i. keinen Gegenstand der Anschauung als Größe, sondern bloß die Quantität, d. i. einen Begriff von einem Dinge überhaupt durch Größenbestimmung zum Objekte hat. Sie hat aber dagegen Postulate, d. i. unmittelbar gewisse praktische Urteile. Denn wenn ich 3 + 4 für den Ausdruck eines Problems ansehe, nämlich zu den Zahlen 3 und 4 eine dritte = 7 zu finden, zu welcher die eine als das complementum ad totum der anderen betrachtet wird, so geschieht die Auflösung durch die einfachste Handlung, die keine besondere Vorschrift der Resolution bedarf, nämlich durch die sukzessive Addition, die die Zahl 4 hervorbringt, nur als Fortsetzung des Zählens der Zahl 3 angestellt ...“ Daß die Größenbegriffe 3 und 4 zusammengesetzt den Begriff von einer Größe geben können, ist „ein bloßer Gedanke“; die Zahl 7 nun ist „die Darstellung dieses Begriffs in einer Zusammenzählung“. — Die Zeit hat keinen Einfluß auf die Eigenschaften der Zahl (s. d.), die Zahlwissenschaft ist trotz der Sukzession, welche jede Größenkonstruktion erfordert, eine „reine intellektuelle Synthesis, die wir uns in Gedanken vorstellen“. Die Auffassung der Größen in der Anschauung aber ist der Zeitbedingung unterworfen, so daß die Mathematik sich „nur auf sensibilia“ erstreckt, An J. Schultz, 25. November 1788.

Der Geometer „konstruiert zuerst den Begriff eines Kegels“, d. i. er stellt ihn a priori in der Anschauung dar (das ist nun die erste Handlung, wodurch der Geometer die objektive Realität seines Begriffes zum voraus dartut). Der Begriff wird durch Konstruktion (s. d.) „in der Anschauung a priori gegeben“, wodurch seine „objektive Realität, d. i. die Möglichkeit, daß es ein Ding mit den genannten Eigenschaften geben könne“, bewiesen wird, Üb. e. Entdeck. 1. Abs. (V 3, 8). In der „rationalen Naturlehre“ (s. d.) kann nur „soviel Wissenschaft sein, als darin Mathematik, d. i. Konstruktion der Begriffe, angewandt werden kann“, Fortschr. d. Metaph. 2. Abt. 1. Stadium (V 3, 114). Die reine Mathematik bedarf keiner Kritik (s. d.) des reinen Vernunftvermögens, sondern rechtfertigt sich „durch ihr eigenes Faktum“, ibid. Beilage I. 1. Abs. (V 3, 155). Sie ist nichts als eine „Formenlehre“ der reinen Anschauung, V. e. vorn. Ton (V 4, 21). „Die Gegenstände der Arithmetik und Algebra sind ihrer Möglichkeit nach nicht unter Zeitbedingungen, aber doch die Konstruktion des Begriffs der Größe ... in der Vorstellung derselben durch die Synthesis der Einbildungskraft, nämlich die Zusammensetzung, ohne welche kein Gegenstand der Mathematik gegeben werden kann“, N 13; vgl. 54. „Man kann sich in willkürlichen Begriffen sehr leicht bewußt werden, was man darin denkt. Daher Evidenz der Mathematik“, N 5033; vgl. 3608. Vgl. Größe, Konstruktion, zahl.