Raum
Raum. Der Raum ist kein aus der Erfahrung abstrahierter Begriff, sondern eine „reine Anschauung“ bezw. die Form des äußeren Sinnes, als solche a priorisch-subjektiv, d. h. aus der Gesetzlichkeit des anschauenden Bewußtseins selbst entspringend und eine Bedingung der Erfahrung. Die Raumform ist eine allgemeine und notwendige Bestimmung der Gegenstände, weil ohne diese „subjektive“, in der Art und Weise unseres Anschauens selbst gegründete „Form“ nichts Gegenstand unserer Sinneswahrnehmung sein kann. Der Raum ist objektiv in dem Sinne, daß er den Dingen selbst zugeschrieben werden muß, aber nicht den Dingen an sich, sondern den Dingen, sofern sie uns sinnlich erscheinen, also in deren Beziehung zu einer möglichen Wahrnehmung. An sich sind die Dinge nicht räumlich, aber sie enthalten einen Grund zu den räumlichen Bestimmtheiten ihrer Erscheinung, die als solche zwar empirisch-real sind, für alles äußerlich Erfahrbare gelten, aber in bezug auf das Ding an sich Idealität haben. Der Raum ist (als Ausdehnung) eine ursprüngliche (aber nicht „angeborene“) Ordnungsform des anschaulich gegebenen Materials; diese Form gehört der reinen Sinnlichkeit an, erhält aber erst durch den Verstand die gesetzliche Bestimmtheit einheitlicher Verknüpfung, Konstruktion (s. d.), die den Raumbegriff von der bloßen räumlichen Anschauung unterscheidet. Die apriorisch-ideelle Beschaffenheit des Raumes erklärt die Apriorität der Grundsätze der Geometrie (s. Mathematik), welche nichts anderes ausdrücken als die Art und Weise, wie wir die Dinge anschauen müssen. Alles Räumliche als solches ist Erscheinung (s. Körper, Materie, Bewegung).
Es ist leicht zu erweisen, „daß kein Raum und keine Ausdehnung sein würden, wenn die Substanzen keine Kraft hätten, außer sich zu wirken. Denn ohne diese Kraft ist keine Verbindung, ohne diese keine Ordnung und ohne diese endlich kein Raum“, V. d. wahren Schätzung der lebendigen Kräfte 1. H. § 9 (VII 23). Die dreifache Abmessung des Raumes scheint von dem Gesetze herzurühren, nach welchem die Kräfte der Substanzen ineinander wirken. Es ist die Annahme möglich: „daß die Substanzen in der existierenden Welt, wovon wir ein Teil sind, wesentliche Kräfte von der Art haben, daß sie in Vereinigung miteinander nach der doppelten umgekehrten Verhältnis der Weiten ihre Wirkungen von sich ausbreiten; zweitens, daß das Ganze, was daher entspringet, vermöge dieses Gesetzes die Eigenschaft der dreifachen Dimension habe; drittens, daß dieses Gesetz willkürlich sei, und daß Gott dafür ein anderes, zum Exempel der umgekehrten dreifachen Verhältnis hätte wählen können; daß endlich viertens aus einem andern Gesetze auch eine Ausdehnung von andern Eigenschaften und Abmessungen geflossen wäre. Eine Wissenschaft von allen diesen möglichen Raumesarten wäre unfehlbar die höchste Geometrie, die ein endlicher Verstand unternehmen könnte. Die Unmöglichkeit, die wir bei uns bemerken, einen Raum von mehr als drei Abmessungen uns vorzustellen, scheint mir daher zu rühren, weil unsere Seele ebenfalls nach dem Gesetze der umgekehrten doppelten Verhältnis der Weiten die Eindrücke von draußen empfängt, und weil ihre Natur selber dazu gemacht ist, nicht allein so zu leiden, sondern auch auf diese Weise außer sich zu wirken“, ibid. § 10 (VII 24 f.). „Wenn es möglich ist, daß es Ausdehnungen von andern Abmessungen gebe, so ist es auch sehr wahrscheinlich, daß sie Gott wirklich irgendwo angebracht hat. Denn seine Werke haben alle die Größe und Mannigfaltigkeit, die sie nur fassen können. Raume von dieser Art könnten nun unmöglich mit solchen in Verbindung stehen, die von ganz andern Wesen sind; daher würden dergleichen Raume zu unserer Welt gar nicht gehören, sondern eigene Welten ausmachen müssen“, ibid. § 11 (VII 25 f.). Der leere Raum ist der unendliche „Umfang der göttlichen Gegenwart“, Th. des Himmels 2. T. 7. H. (VII 115); vgl. Vorles. üb. Metaphysik S. 301, 339; Vorles. üb. phüos. Religionslehre S. 187; N 4208. Ort, Lage und Raum sind „Beziehungen der Substanzen..., wodurch sie sich auf die anderen, von ihnen wirklich unterschiedenen in wechselseitigen Bestimmungen beziehen und auf diese Art in äußerer Verbindung erhalten werden“. „Da die Bestimmungen der Substanzen sich aufeinander beziehen, d. h. die voneinander verschiedenen Substanzen aufeinander wirken (nämlich die eine einiges an der anderen bestimmt), so ist ferner der Begriff des Raumes vollständig durch die ineinander greifenden Wirksamkeiten der Substanzen gegeben, mit denen eine Rückwirkung notwendig immer verbunden ist“, N. diluc. Propos. 13 Usus (V 1, 48 f.); vgl. Welt. „Der Raum, welchen die Körper einnehmen, ist ins Unendliche teilbar; er besteht deshalb nicht aus ursprünglichen und einfachen Teilen.“ Die „Monaden“ (s. d.) „erfüllen“ den Raum; sie bestimmen ihn durch eine abstoßende Kraft, welche die anderen Substanzen von sich ausschließt. Es gibt keinen leeren Raum, Phys. Monadologie Satz III ff. (VII 346 ff.). Der Raum hat „keine Substantialität“, sondern ist nur „die Erscheinung (Phaenomenon) der äußeren Beziehung der zur Einheit verbundenen Monaden“, ibid. Satz IV (VII 349). „Wir finden ... bei dem Gebrauch der äußeren Sinne, daß über die Klarheit, darin die Gegenstände vorgestellt werden, man in der Empfindung auch ihren Ort mit begreife, vielleicht nicht allemal mit gleicher Richtigkeit, dennoch als eine notwendige Bedingung der Empfindung, ohne welche es unmöglich wäre, die Dinge als außer uns vorzustellen. Hierbei wird es sehr wahrscheinlich, daß unsere Seele das empfundene Objekt dahin in ihrer Vorstellung versetze, wo die verschiedenen Richtungslinien des Eindrucks, die dasselbe gemacht hat, wenn sie fortgezogen werden, zusammenstoßen“, Träume 1. T. 3. H. (V 2, 35).
Ein Beweis wird versucht, „daß der absolute Raum unabhängig von dem Dasein aller Materie und selbst als der erste Grund der Möglichkeit ihrer Zusammensetzung eine eigene Realität habe“, V. d. ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Raume (V 2, 80). „In dem körperlichen Raume lassen sich, wegen seiner drei Abmessungen, drei Flächen denken, die einander insgesamt rechtwinklig schneiden. Da wir alles, was außer uns ist, durch die Sinne nur insofern kennen, als es in Beziehung auf uns selbst steht, so ist kein Wunder, daß wir von dem Verhältnis dieser Durchschnittsflächen zu unserem Körper den ersten Grund hernehmen, den Begriff der Gegenden im Raume zu erzeugen.“ Oben und unten, rechts und links, vorn und hinten werden hiernach unterschieden, ibid. (V 2, 81). An den Körpern haben die Teile eine bestimmte Ordnung ihrer Teile, die sie, bei sonstiger Gleichheit, doch unaufhebbar unterscheiden läßt (wie z. B. die rechte und linke Hand), und zwar in der Anschauung, aber in Beziehung auf den absoluten Raum. „Wir wollen also dartun: daß der vollständige Bestimmungsgrund einer körperlichen Gestalt nicht lediglich auf dem Verhältnis und der Lage seiner Teile gegeneinander beruhe, sondern noch überdem auf einer Beziehung gegen den allgemeinen absoluten Raum, so wie ihn sich die Meßkünstler denken, doch so, daß dieses Verhältnis nicht unmittelbar kann wahrgenommen werden, aber wohl diejenigen Unterschiede der Körper, die einzig und allein auf diesem Grunde beruhen.“ Zwei Körper „können völlig gleich und ähnlich, jedoch an sich selbst so verschieden sein, daß die Grenzen der einen nicht zugleich die Grenzen der anderen sein können“, so daß der eine Körper das „inkongruente Gegenstück“ des anderen bildet, ibid. (V 2, 84 f.). „Es ist hieraus klar, daß nicht die Bestimmungen des Raumes Folgen von den Lagen der Teile der Materie gegeneinander, sondern diese Folgen von jenen sind, und daß also in der Beschaffenheit der Körper Unterschiede angetroffen werden können, und zwar wahre Unterschiede, die sich lediglich auf den absoluten und ursprünglichen Raum beziehen, weil nur durch ihn das Verhältnis körperlicher Dinge möglich ist; und daß, weil der absolute B. kein Gegenstand einer äußeren Empfindung, sondern ein Grundbegriff ist, der alle dieselben zuerst möglich macht, wir dasjenige, was in der Gestalt eines Körpers lediglich die Beziehung auf den reinen Raum angeht, nur durch die Gegenhaltung mit anderen Körpern vernehmen können.“ „Ein nachsinnender Leser wird daher den Begriff des Raumes, so wie ihn der Meßkünstler denkt und auch scharfsinnige Philosophen ihn in den Lehrbegriff der Naturwissenschaft aufgenommen haben, nicht für ein bloßes Gedankending ansehen, obgleich es nicht an Schwierigkeiten fehlt, die diesen Begriff umgeben, wenn man seine Realität, welche dem inneren Sinn anschauend genug ist, durch Vernunftideen fassen will“ (V 2, 86).
Der Raum ist eine subjektive Form der Anschauung. 1. „Die Vorstellung des Raumes wird nicht von äußeren Empfindungen abstrahiert. Denn ich kann etwas als außer mir befindlich nur vorstellen, wenn ich es mir an einem von meinem eigenen Standort verschiedenen Orte vorstelle, und ebenso Dinge außereinander nur, wenn ich sie an verschiedene Orte des Raumes verlege. Die Möglichkeit äußerer Wahrnehmungen als solcher setzt also die Vorstellung des Raumes voraus und erzeugt sie nicht; sowie auch das in dem Raum. Befindliche die Sinne affiziert, während der Raum selbst aus den Sinnen nicht geschöpft werden kann.“ 2. „Die Vorstellung des Raumes ist eine Einzelvorstellung, welche alles in sich begreift, kein abstrakter und allgemeiner Begriff, der es unter sich befaßt. Denn, was man mehrere Räume nennt, sind nur Teile des nämlichen unermeßlichen Raumes, die durch eine bestimmte Lage sich aufeinander beziehen, und man kann sich keinen Kubikfuß anders vorstellen als durch den ihn umgebenden Raum nach allen Seiten hin begrenzt.“ 3. „Die Vorstellung des Raumes ist deshalb eine reine Anschauung; da sie eine Einzelvorstellung ist, nicht aus Empfindungen zusammengewürfelt, sondern die Grundform aller äußeren Empfindung.“ „Es ist leicht, diese reine Anschauung in den Axiomen der Geometrie und bei jeder verstandesmäßigen Konstruktion von Postulaten oder auch Aufgaben zu bemerken. Denn daß es im Raum nur drei Dimensionen gibt, daß zwischen zwei Punkten nur eine gerade Linie möglich, die Beschreibung eines Kreises mit einer gegebenen geraden Linie von einem Punkte einer Ebene aus usw. kann nicht aus einem etwaigen allgemeinen Begriffe des Raumes abgeleitet, sondern nur in ihm selbst wie an einem konkreten Dinge wahrgenommen werden. Was in einem gegebenen Raum nach der einen und was nach der anderen Seite zu liegt, kann durch keine Schärfe des Verstandes begrifflich beschrieben oder auf Verstandesmerkmale zurückgeführt werden.“ Gewisse räumliche Verschiedenheiten, Inkongruenzen (wie zwischen rechter und linker Hand) lassen sich nur durch eine reine Anschauung bezeichnen. „Deshalb bedient sich die Geometrie nicht bloß unzweifelhafter und begrifflicher Grundsätze, sondern auch solcher, die unter die geistige Anschauung fallen.“ Sie beweist ihre allgemeinen Sätze „nicht dadurch, daß sie ihren Gegenstand vermittelst eines allgemeinen Begriffs denkt, wie es bei den Vernunfterkenntnissen geschieht, sondern indem sie ihn vermittelst einer einzelnen Anschauung vor Augen stellt, wie es bei dem Wahrnehmbaren geschieht“. Der Raum muß ferner als eine stetige Größe vorgestellt werden; daher ist das Einfache im Raum kein Teil, sondern nur eine „Grenze“, deren Begriff nur auf Raum- und Zeitgrößen geht. 4. „Der Raum ist nichts Objektives und Reales [‚non est aliquid obiectivi et realis‘], weder eine Substanz noch ein Akzidenz noch ein Verhältnis, sondern etwas Subjektives und Ideales, was aus der Natur des Geistes nach einem festen Gesetz hervorgeht [‚e natura mentis stabili lege proficiscens‘], gleichsam ein Schema, um alles überhaupt äußerlich Wahrgenommene zu ordnen [‚Schema... coordinandi‘].“ Nur so erklärt sich die von der Erfahrung unabhängige., nicht auf bloß komparativ-induktorischer Allgemeinheit beruhende Notwendigkeit der geometrischen Axiome. 5. „Obgleich die Vorstellung des Raumes als eines objektiven und realen Wesens oder einer solchen Eigenschaft nur eingebildet ist, so ist er nichtsdestoweniger doch in bezug auf alle Sinnendinge nicht allein von der höchsten Wahrheit, sondern auch die Grundlage aller Wahrheit in der äußeren Wahrnehmung. Denn die Dinge können den Sinnen unter irgendeiner Gestalt erscheinen nur vermittelst einer Kraft der Seele, welche alle Empfindungen nach einem festen und ihrer Natur eingepflanzten Gesetze ordnet. Da nun den Sinnen durchaus nichts gegeben werden kann, was nicht den ursprünglichen Axiomen des Raumes und ihren Folgesätzen (nach der Lehre der Geometrie) entspricht, so wird es, obgleich deren Prinzip nur ein subjektives ist, doch mit diesen Grundsätzen notwendigerweise übereinstimmen, weil es nur so weit mit sich selbst übereinstimmt, und die Gesetze der Sinnlichkeit werden die Gesetze der Natur sein, soweit sie in die Sinne fallen kann. Daher ist die Natur den Sätzen der Geometrie vollkommen unterworfen.“ „Wäre nicht die Raumvorstellung ursprünglich durch die Natur des Geistes gegeben...: so würde der Gebrauch der Geometrie in der Naturwissenschaft nur sehr unsicher sein; denn es bliebe zweifelhaft, ob eben dieser aus der Erfahrung entlehnte Begriff auch mit der Natur genügend übereinstimme.“ „Der Raum ist also das unbedingt erste formale Prinzip der sinnlichen Welt nicht bloß deshalb, weil nur durch seinen Begriff die Gegenstände des Weltalls Erscheinungen sein können, sondern hauptsächlich deshalb, weil er seinem Wesen nach nur ein einziger ist, der überhaupt alles äußerlich Wahrnehmbare umfaßt, mithin das Prinzip des Allumfassenden (universitär), d. h. eines Ganzen bildet, das nicht wieder Teil eines anderen sein kann“, Mund. sens. § 15 (V 2, 109 ff.). „ ... abgesehen davon, daß dieser Begriff, wie schon dargetan, mehr die sinnlichen Gesetze des Subjekts als die Bedingungen der Gegenstände selbst angeht, so bezeichnet er, wenn man ihn auch noch so sehr mit Realität ausstattet, doch nur die anschaulich gegebene Möglichkeit einer allgemeinen Beiordnung, und die nur von dem Verstande lösbare Frage bleibt trotzdem unberührt: Auf welchem Prinzip denn eben dies Verhältnis aller Substanzen beruht, das, anschaulich aufgefaßt, Raum genannt wird?“, ibid. § 16 (V 2, 115 f.). Der Raum kann, „weil er die allgemeine und notwendige, sinnlich erkannte Bedingung der Mitgegenwart aller Dinge ist, die Allgegenwart in der Erscheinung (omnipraesentia phaenomenon) genannt werden. (Denn die Ursache des Weltalls ist allen und jeden nicht deswegen gegenwärtig, weil sie sich an deren Örtern befindet, sondern es gibt Örter, d. h. mögliche Verhältnisse der Substanzen, weil sie allen aufs innigste gegenwärtig ist)“, ibid. § 22 (V 2, 119 f.). Der Raum ist „nicht objektiv und also auch nicht intellektual“, „weil, wenn wir seine Vorstellung ganz zergliedern, wir darin weder eine Vorstellung der Dinge (als die nur im Raume sein können) noch eine wirkliche Verknüpfung (die ohne Dinge ohnedem nicht stattfinden kann), nämlich keine Wirkungen, keine Verhältnisse als Gründe gedenken“, An M. Herz 21. Februar 1772.
Der Raum ist eine der „reinen Formen“ der Anschauung und also eines der „Prinzipien der Erkenntnis a priori“, KrV tr. Ästh. § 1 (I 77—Rc 94). Vermittelst des äußeren Sinnes (s. d.) „stellen wir uns Gegenstände als außer uns, und diese insgesamt im Raume vor. Darinnen ist ihre Gestalt, Größe und Verhältnis gegeneinander bestimmt oder bestimmbar.“ Ist nun der Raum 1. ein wirkliches Wesen, oder 2. ein Verhältnis der Dinge an sich selbst, oder 3. ein solches, das nur an der Form der Anschauung allein haftet, mithin an der „subjektiven Beschaffenheit unseres Gemütes“? Die „metaphysische“ Erörterung des Raumbegriffes ergibt folgende Eigenschaften des Raumes: „1. Der Raum ist kein empirischer Begriff, der von äußeren Erfahrungen abgezogen worden. Denn damit gewisse Empfindungen auf etwas außer mir bezogen werden (d. i. auf etwas in einem anderen Orte des Raumes, als darinnen ich mich befinde), imgleichen damit ich sie als außer- und nebeneinander, mitbin nicht bloß verschieden, sondern als in verschiedenen Orten vorstellen könne, dazu muß die Vorstellung des Raumes schon zum Grunde liegen. Demnach kann die Vorstellung des Raumes nicht aus den Verhältnissen der äußeren Erscheinung durch Erfahrung erborgt sein, sondern diese äußere Erfahrung ist selbst nur durch gedachte Vorstellung allererst möglich“. „2. Der Raum ist eine notwendige Vorstellung a priori, die allen äußeren Anschauungen zum Grunde liegt. Man kann sich niemals eine Vorstellung davon machen, daß kein Raum sei, ob man sich gleich ganz wohl denken kann, daß keine Gegenstände darin angetroffen werden. Er wird also als die Bedingung der Möglichkeit der Erscheinungen, und nicht als eine von ihnen abhängende Bestimmung angesehen, und ist eine Vorstellung a priori, die notwendigerweise äußeren Erscheinungen zum Grunde liegt“. „3. Der Raum ist kein diskursiver oder, wie man sagt, allgemeiner Begriff von Verhältnissen der Dinge überhaupt, sondern eine reine Anschauung. Denn ernstlich kann man sich nur einen einigen Raum vorstellen, und wenn man von vielen Räumen redet, so versteht man darunter nur Teile eines und desselben alleinigen Raumes. Diese Teile können auch nicht vor dem einigen allbefassenden Raume gleichsam als dessen Bestandteile (daraus seine Zusammensetzung möglich sei) vorhergehen, sondern nur in ihm gedacht werden. Er ist wesentlich einig, das Mannigfaltige in ihm, mithin auch der allgemeine Begriff von Räumen überhaupt, beruht lediglich auf Einschränkungen. Hieraus folgt, daß in Ansehung seiner eine Anschauung a priori (die nicht empirisch ist) allen Begriffen von demselben zum Grunde liegt. So werden auch alle geometrischen Grundsätze, z. B. daß in einem Triangel zwei Seiten zusammen größer sind als die dritte, niemals aus allgemeinen Begriffen von Linie und Triangel, sondern aus der Anschauung, und zwar a priori mit apodiktischer Gewißheit abgeleitet“. 4. „Der Raum wird als eine unendliche gegebene Größe vorgestellt. Nun muß man zwar einen jeden Begriff als eine Vorstellung denken, die in einer unendlichen Menge von verschiedenen möglichen Vorstellungen (als ihr gemeinschaftliches Merkmal) enthalten ist, mithin diese unter sich enthält; aber kein Begriff, als ein solcher, kann so gedacht werden, als ob er eine unendliche Menge von Vorstellungen in sich enthielte. Gleichwohl wird der Raum so gedacht (denn alle Teile des Raumes ins Unendliche sind zugleich). Also ist die ursprüngliche Vorstellung vom Raume Anschauung a priori, und nicht Begriff“, ibid. § 2 (I 78 ff.— Rc 95 ff.).
Auf die „Notwendigkeit a priori“ des Raumes „gründet sich die apodiktische Gewißheit aller geometrischen Grundsätze und die Möglichkeit ihrer Konstruktionen a priori. Wäre nämlich diese Vorstellung des Raumes ein a posteriori erworbener Begriff, der aus der allgemeinen äußeren Erfahrung geschöpft wäre, so würden die ersten Grundsätze der mathematischen Bestimmung nichts als Wahrnehmungen sein. Sie hätten also alle Zufälligkeit der Wahrnehmung, und es wäre eben nicht notwendig, daß zwischen zwei Punkten nur eine gerade Linie sei, sondern die Erfahrung würde es so jederzeit lehren. Was von der Erfahrung entlehnt ist, hat auch nur komparative Allgemeinheit, nämlich durch Induktion. Man würde also nur sagen können: so viel zur Zeit noch bemerkt worden, ist kein Raum gefunden worden, der mehr als drei Abmessungen hätte.“ „Der Raum wird als eine unendliche Größe gegeben vorgestellt. Ein allgemeiner Begriff vom Raum (der sowohl einem Fuße, als einer Elle gemein ist) kann in Ansehung der Größe nichts bestimmen. Wäre es nicht die Grenzenlosigkeit im Fortgange der Anschauung, so würde kein Begriff von Verhältnissen ein Pnnzipium der Unendlichkeit derselben bei sich führen“, ibid. 1. A. (I 79 f. Anm.—Rc 96 ff.). Die „transzendentale“ Erörterung des Raumbegriffs ergibt folgendes: Geometrie ist „eine Wissenschaft, welche die Eigenschaften des Raumes synthetisch und doch a priori bestimmt, Was muß die Vorstellung des Raumes denn sein, damit eine solche Erkenntnis von ihm möglich sei? Er muß ursprünglich Anschauung sein; denn aus einem bloßen Begriffe lassen sich keine Sätze, die über den Begriff hinausgehen, ziehen, welches doch in der Geometrie geschieht... Aber diese Anschauung muß a priori, d. i. vor aller Wahrnehmung eines Gegenstandes, in uns angetroffen werden, mithin reine, nicht empirische Anschauung sein. Denn die geometrischen Sätze sind insgesamt apodiktisch, d. i. mit dem Bewußtsein ihrer Notwendigkeit verbunden, z. B. der Raum hat nur drei Abmessungen; dergleichen Sätze aber können nicht empirische oder Erfahrungsurteile sein, noch aus ihnen geschlossen werden.“ „Wie kann nun eine äußere Anschauung dem Gemüte beiwohnen, die vor den Objekten selbst vorhergeht, und in welcher der Begriff der letzteren a priori bestimmt werden kann? Offenbar nicht anders, als sofern sie bloß im Subjekte, als die formale Beschaffenheit desselben, von Objekten affiziert zu werden, d. i. dadurch unmittelbare Vorstellung derselben und Anschauung zu bekommen, ihren Sitz hat, also nur als Form des äußeren Sinnes überhaupt.“ „Also macht allein unsere Erklärung die Möglichkeit der Geometrie als einer synthetischen Erkenntnis a priori begreiflich“, KrV tr. Ästh. § 3 (I 81 f.—Rc 98 f.).
Aus alldem folgt: „a) Der Raum stellt gar keine Eigenschaft irgend einiger Dinge an sich, oder sie in ihrem Verhältnis zueinander vor, d. i. keine Bestimmung derselben, die an Gegenständen selbst haftete, und welche bliebe, wenn man auch von allen subjektiven Bedingungen der Anschauung abstrahierte. Denn weder absolute noch relative Bestimmungen können vor dem Dasein der Dinge, welchen sie zukommen, mithin nicht a priori angeschaut werden“. „b) Der Raum ist nichts anderes, als nur die Form aller Erscheinungen äußerer Sinne, d. i. die subjektive Bedingung der Sinnlichkeit, unter der allein uns äußere Anschauung möglich ist. Weil nun die Rezeptivität des Subjekts, von Gegenständen affiziert zu werden, notwendigerweise vor allen Anschauungen dieser Objekte vorhergeht, so läßt sich verstehen, wie die Form aller Erscheinungen vor allen wirklichen Wahrnehmungen, mithin a priori, im Gemüte gegeben sein könne, und wie sie als eine reine Anschauung, in der alle Gegenstände bestimmt werden müssen, Prinzipien der Verhältnisse derselben vor aller Erfahrung enthalten könne“. „Wir können demnach nur aus dem Standpunkte eines Menschen vom Raum, von ausgedehnten Wesen usw. reden. Gehen wir von der subjektiven Bedingung ab, unter welcher wir allein äußere Anschauung bekommen können, so wie wir nämlich von den Gegenständen affiziert werden mögen, so bedeutet die Vorstellung vom Raume gar nichts. Dieses Prädikat wird den Dingen nur insofern beigelegt, als sie uns erscheinen, d. i. Gegenstände der Sinnlichkeit sind. Die beständige Form dieser Rezeptivität, welche wir Sinnlichkeit nennen, ist eine notwendige Bedingung aller Verhältnisse, darinnen Gegenstände als außer uns angeschaut werden, und, wenn man von diesen Gegenständen abstrahiert, eine reine Anschauung, welche den Namen Raum führt.“ „Der Satz: Alle Dinge sind nebeneinander im Raum, gilt nur unter der Einschränkung, daß diese Dinge als Gegenstände unserer sinnlichen Anschauung genommen werden. Füge ich hier die Bedingung zum Begriffe und sage: Alle Dinge, als äußere Erscheinungen, sind nebeneinander im Raum, so gilt diese Regel allgemein und ohne Einschränkung.“ „Unsere Erörterungen lehren demnach die Realität (d. i. die objektive Gültigkeit) des Raumes in Ansehung alles dessen, was äußerlich als Gegenstand uns vorkommen kann, aber zugleich die Idealität des Raumes in Ansehung der Dinge, wenn sie durch die Vernunft an sich selbst erwogen werden, d. i. ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit unserer Sinnlichkeit zu nehmen. Wir behaupten also die empirische Realität des Raumes (in Ansehung aller möglichen äußeren Erfahrung), obzwar zugleich die transzendentale Idealität desselben, d. i. daß er Nichts sei, so bald wir die Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung weglassen und ihn etwa als etwas, was den Dingen an sich selbst zum Grunde liegt, annehmen“, ibid. (I 82 ff.—Rc 99 ff.).
Die bloße Form der äußeren Anschauung, der Raum, ist aber noch gar keine Erkenntnis, sondern „gibt nur das Mannigfaltige der Anschauung a priori zu einem möglichen , Erkenntnis“. „Um aber irgend etwas im Raume zu erkennen, z. B. eine Linie, muß ich sie ziehen und also eine bestimmte Verbindung des gegebenen Mannigfaltigen synthetisch zustande bringen, so daß die Einheit dieser Handlung zugleich die Einheit des Bewußtseins (im Begriffe einer Linie) ist und dadurch allererst ein Objekt (ein bestimmter Raum) erkannt wird“, ibid. tr. Anal. § 17 (I 155—Rc 181 f.). „Diejenige Handlung des Verstandes aber, durch die das Mannigfaltige gegebener Handlungen (sie mögen Anschauungen oder Begriffe sein) unter eine Apperzeption überhaupt gebracht wird, ist die logische Funktion der Urteile“, ibid. § 20 (I 159—Rc 191). Der Raum besteht — mit allem, was er enthält — aus lauter Verhältnissen (Relationen), ibid. tr. Anal. Anh. Anmerk. zur Amphibolie (I 308—Rc 374); vgl. Relation, Materie. Der Raum ist die Vorstellung einer bloßen „Möglichkeit des Beisammenseins“, KrV 1. A. tr. Dial. 2. B. 1. H. 4. Paralogismus (I 747—Rc 459). „Der Raum ist bloß die Form der äußeren Anschauung (formale Anschauung), aber kein wirklicher Gegenstand, der äußerlich angeschaut werden kann. Der Raum, vor allen Dingen, die ihn bestimmen (erfüllen oder begrenzen), oder die vielmehr eine seiner Form gemäße empirische Anschauung geben, ist unter dem Namen des absoluten Raumes nichts anderes als die bloße Möglichkeit äußerer Erscheinungen.“ Die empirische Anschauung ist also nicht zusammengesetzt aus Erscheinungen und dem Raume, sondern Wahrnehmung und Räumlichkeit sind, als Materie und Form, in der empirischen Anschauung verbunden. Der leere Raum ist nur ein Gedankending, KrV tr. Dial. 2. B. 2. H. 2. Abs. 1. Antinomie 3. Anm. (I 391—Rc 517). Der Raum ist eigentlich nicht ein „Compositum“, sondern ein „Totum“, „weil die Teile desselben nur im Ganzen und nicht das Ganze durch die Teile möglich ist“. Es ist höchstens ein „compositum ideale“. Er besteht (wie die Zeit) nicht aus einfachen Teilen, ist aber ins Unendliche teilbar, ibid. 2. Antinomie Anmerk. zur Thesis (I 398 ff.—Rc 526 ff.); vgl. Antinomie. Dinge als Erscheinungen bestimmen den Raum, aber dieser kann die Wirklichkeit der Dinge (in Ansehung der Größe und Gestalt) nicht bestimmen, weil er an sich selbst nichts Wirkliches ist. „Es kann also wohl ein Raum (er sei voll oder leer) durch Erscheinungen begrenzt, Erscheinungen aber können nicht durch einen leeren Raum außer denselben begrenzt werden.“ Das gilt auch von der Zeit, ibid. 1. Antinomie Anmerk. zur Antithesis (I 393—Rc 519).
Liegen die geometrisch bestimmten Naturgesetze im Raume oder liegen sie „im Verstande und in der Art, wie dieser den Raum nach den Bedingungen der synthetischen Einheit, darauf seine Begriffe insgesamt auslaufen, bestimmt?“ „Der Raum ist etwas so Gleichförmiges und in Ansehung aller besonderen Eigenschaften so Unbestimmtes, daß man in ihm gewiß keinen Schatz von Naturgesetzen suchen wird. Dagegen ist das, was den Raum zur Zirkelgestalt, der Figur des Kegels und der Kugel bestimmt, der Verstand, sofern er den Grund der Einheit der Konstruktion derselben enthält. Die bloße allgemeine Form der Anschauung, die Raum heißt, ist also wohl das Substratum aller auf besondere Objekte bestimmbaren Anschauungen, und in jenem liegt freilich die Bedingung der Möglichkeit und Mannigfaltigkeit der letzteren; aber die Einheit der Objekte wird doch lediglich durch den Verstand bestimmt, und zwar nach Bedingungen, die in seiner eigenen Natur liegen“, Prol. § 38 (III 84); vgl. Gesetz, Ordnung. „Daß der vollständige Raum (der selbst keine Grenze eines anderen Raumes mehr ist) drei Abmessungen habe, und Raum überhaupt auch nicht mehr derselben haben könne, wird auf den Satz gebaut, daß sich in einem Punkte nicht mehr als drei Linien rechtwinklig schneiden können; dieser Satz aber kann gar nicht aus Begriffen dargetan werden, sondern beruht unmittelbar auf Anschauung, und zwar reiner a priori, weil er apodiktisch gewiß ist“, Prol. § 12 (III 38). Es gibt räumliche Objekte, die für den Verstand keine inneren Unterschiede haben (z. B. die rechte und linke Hand) und doch nicht zur Deckung gebracht werden können, weil ihre anschauliche Erscheinung einen Unterschied zeigt, der eben durch Begriffe nicht verständlich gemacht werden kann, ibid. § 13 (III 39 ff.).
Der Raum, der „selbst beweglich ist, heißt der materielle oder auch der relative Raum; der, in welchem alle Bewegung zuletzt gedacht werden muß (der mithin selbst schlechterdings unbewegbch ist), heißt der reine oder auch absolute Raum“, Anfangsgr. d. Naturw. 1. H. Erklär. 1 (VII 204). Ein beweglicher Raum, dessen Bewegung soll wahrgenommen werden, setzt einen andern erweiterten materiellen Raum voraus, in welchem er beweglich ist, dieser wieder einen anderen, usw. ins Unendliche. Der absolute Raum ist nur eine „Idee“, kein Gegenstand der Erfahrung; er „bedeutet nur einen jeden andern relativen Raum, den ich mir außer dem gegebenen jederzeit denken kann und den ich nur über jeden gegebenen ins Unendliche hinausrücke, als einen solchen, der diesen einschließt und in welchem ich den ersteren als bewegt annehmen kann“. „Ihn zum wirklichen Dinge zu machen, heißt die logische Allgemeinheit irgendeines Raums, mit dem ich jeden empirischen als darin eingeschlossen vergleichen kann, in eine physische Allgemeinheit des wirklichen Umfanges verwechseln, und die Vernunft in ihrer Idee mißverstehen“, ibid. Anmerk. 2 (VII 205 f.); vgl. Bewegung, Materie. Einen Raum „erfüllen“ heißt, „allem Beweglichen widerstehen, das durch seine Bewegung in einen gewissen Raum einzudringen bestrebt ist“. „Ein Raum, der nicht erfüllt ist, ist ein leerer Raum“, ibid. 2. H. Erklär. 1 (VII 227). Man kann aber ohne die Annahme eines leeren Raumes (leerer Zwischenräume innerhalb der Materie) auskommen. Alle Räume können als „voll und doch in verschiedenem Maße erfüllt“ gedacht werden. „Denn es kann nach dem ursprünglich verschiedenen Grade der repulsiven Kräfte, auf denen die erste Eigenschaft der Materie, nämlich die, einen Raum zu erfüllen, beruht, ihr Verhältnis zur ursprünglichen Anziehung... unendlich verschieden gedacht werden; weil die Anziehung auf der Menge der Materie in einem gegebenen Raume beruht, dahingegen die expansive Kraft derselben auf dem Grade, ihn zu erfüllen, der spezifisch sehr unterschieden sein kann“, weil „durch wahre Anziehung alle Teile der Materie unmittelbar auf alle Teile der andern, durch expansive Kraft aber nur die in der Berührungsfläche wirken, wobei es einerlei ist, ob hinter dieser viel oder wenig von dieser Materie angetroffen werde“, ibid. 2. H. Allg. Anmerk. (VII 264 ff.). Die Möglichkeit leerer Räume läßt sich nicht bestreiten; aber sie als wirklich anzunehmen, dazu berechtigt weder die Erfahrung noch eine notwendige Hypothese. Die Erfahrung gibt uns nur „komparativ-leere“ Räume zu erkennen, ibid. (VII 281); vgl. Dynamismus. Der absolute Raum ist nur ein „notwendiger Vernunftbegriff“, eine „bloße Idee“, „welche zur Regel dienen soll, alle Bewegung in ihm bloß als relativ zu betrachten“. Alle Bewegung (s. d.) und Ruhe muß „auf den absoluten Raum reduziert werden, wenn die Erscheinung derselben in einen bestimmten Erfahrungsbegriff (der alle Erscheinungen vereinigt) verwandelt werden soll“, ibid. 4. H. Allg. Anmerk. (VII 311 ff.); vgl. über den leeren Raum in phoronomischer und dynamischer Hinsicht, ibid. (VII 317 ff.).
„In Ansehung des Raums ist es nicht nötig, zu fragen, wie unsere Vorstellungskraft zuerst zu dessen Gebrauch in der Erfahrung gekommen sei; es ist genug, daß, da wir ihn einmal entwickelt haben, wir die Notwendigkeit, ihn zu denken, ihn mit diesen und keinen anderen Bestimmungen zu denken, aus den Regeln seines Gebrauchs und der Notwendigkeit, die Gründe derselben unabhängig von der Erfahrung anzugeben, beweisen können, ob [sie] zwar so beschaffen seien, daß sie sich nicht aus einem Begriff entwickeln lassen, sondern synthetisch sind.“ „Ich kann den Fall der Körper wahrnehmen, ohne an die Ursache desselben auch nur zu denken, aber ich kann, daß Dinge außer- und nebeneinander sind, nicht einmal wahrnehmen, ohne die Vorstellung des Raumes als sinnliche Form, darin das Außereinander allein gedacht werden kann, zum Grunde zu legen und gewisse gegebene Vorstellungen darnach gegeneinander in Verhältnis zu betrachten, per Begriff vom Raume darf und kann nicht vorausgesetzt werden, denn Begriffe werden nicht angeboren, sondern nur erworben. Äußere Vorstellungen, wozu auch die des Körpers des Embryo gehört, werden als solche nur erzeugt, indem die Empfindungen das Vorstellungsvermögen nach dieser Form affizieren“, An J. W. A. Kosmann, September 1789 (Briefentwurf).
Daß der Raum nicht eine Beschaffenheit oder ein Verhältnis der Dinge an sich ist, ergibt sich auch aus der Falschheit des Leibnizschen Satzes der Identität (s. d.) des Nichtzuunterscheidenden, Fortschr. d. Metaph. 1. Abt. Von der Trüglichkeit... (V 3, 108). — Der Unterschied von „abstrakt“ und „konkret“ betrifft nicht den Begriff, sondern nur den „Gebrauch“ desselben (s. Abstraktion). Es gibt daher keinen abstrakten Raum, keine abstrakte Zeit. Sondern: „Wenn ich sage: die abstrakte Zeit oder Raum haben diese oder jene Eigenschaften, so läßt es, als ob Zeit oder Raum an den Gegenständen der Sinne, sowie die rote Farbe an Rosen, dem Zinnober usw., zuerst gegeben und nur logisch daraus extrahiert würde. Sage ich aber: an Zeit und Raum in abstracto betrachtet, d. i. vor allen empirischen Bedingungen, sind diese oder jene Eigenschaften zu bemerken, so behalte ich es mir wenigstens noch offen, diese auch als unabhängig von der Erfahrung (a priori) erkennbar anzusehen, welches mir, wenn ich die Zeit als einen von dieser bloß abstrahierten Begriff ansehe, nicht freisteht. Ich kann im ersteren Falle von der reinen Zeit und Raum, zum Unterschiede der empirisch bestimmten, durch Grundsätze a priori urteilen, wenigstens zu urteilen versuchen, indem ich von allem Empirischen abstrahiere, welches mir im zweiten Falle, wenn ich diese Begriffe selber (wie man sagt) nur von der Erfahrung abstrahiert habe (wie im obigen Beispiele von der roten Farbe), verwehrt ist“, Üb. e. Entdeck. 1. Abs. B. 1. Anm. (V 3, 18).
„Der Raum ist weder eine Sache selbst noch ein wirkliches reales Verhältnis, wodurch ein Ding in dem anderen etwas setzt; folglich ist er kein Verstandesbegriff, denn der hat doch irgendeinen Gegenstand; er geht also nicht aufs Objekt, sondern Subjekt, und zwar nicht die Empfindung, sondern die Form der Sinne“, N 4507. „Der Raum ist kein Erfahrungsbegriff: 1. sind nur durch ihn Erfahrungen möglich; 2. ist er kein Gegenstand der Sinne; 3. die unmittelbaren Grundsätze von ihm haben nicht die Zufälligkeit und Partikularität der Erfahrungssätze und sind auch nicht Berufungen auf Erfahrung.“ Er ist auch „kein Vernunftbegriff“, kein allgemeiner, sondern „einzelner Begriff“, N 4188. „Ist der Raum vor den Dingen? Allerdings. Denn das Gesetz der Koordination ist vor den Dingen und liegt ihnen zum Grunde“, N 4511. „Der Raum ist nichts Wirkliches, sondern eine Möglichkeit, die ihren Grund in etwas Wirklichem hat“, N 4071. „Der Grund der allgemeinen Verknüpfung der Substanzen ist auch der Grund des Raumes“, N 5417. Der Raum ist „ein Symbolum der göttlichen Allgegenwart oder das Phaenomenon der göttlichen Kausalität“, N 4208. „Wäre der Begriff des Raumes, wie Leibniz meint, von den Sachen hergenommen, so würden die Sätze über denselben als Erfahrungssätze keine apodiktische Gewißheit haben“, N 5327. Der Raum ist „ein Gesetz der Sinnlichkeit“, N 4315. Der reine Raum ist „bloß die potentiale Relation“ und wird „vor den Dingen vorgestellt, aber nicht als etwas Wirkliches“, N 4512. Der Raum ist eine Anschauung, die vor dem Begriffe vorhergeht und aus welcher die synthetischen Sätze des Raumes gezogen werden, N 4519.
Der Raum ist „das System der Aktionen, Verhältnisse der bewegenden Kräfte der Form nach in drei Dimensionen der Anschauung a priori gegeben. Der Raum selbst ist kein Wahrnehmungsgegenstand“, Altpreuß. Mth. XIX 617. „Materie macht den Raum zum Gegenstande der Sinne und zum Objekt möglicher Wahrnehmungen, deren jede einen Grad hat“, ibid. 618 Anm. Der Raum ist „die Materie in der Erscheinung“, ibid. 587; etwas wirkten Existierendes außer mir, ibid.. XXI 607; „nicht bloß ein Gedankending“, ibid. 107; vgl. Äther. Vgl. Anschauungsformen, Gegend, Ort, Bewegung, Mathematik, Materie, Ausdehnung, Außenwelt, Körper.