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Anschauungsformen

Anschauungsformen (Formen der Sinnlichkeit). Die „Form der Anschauungsformen“ ist das, worin sich die Empfindungen ordnen, sie ist nicht selbst Empfindung, sondern „reine“ Anschauung (s. d.), Art und Weise der Verknüpfung, Ordnung des Gegebenen. Sie ist nicht ein Produkt der Empfindung oder der Erfahrung, stammt nicht von außen, sondern entspringt im Erkenntnissubjekt selbst, bei Gelegenheit der Sinneswahrnehmung. Die Anschauungsformen geht der Erfahrung voran, ist a priori (s. d.), d. h. sie ist unabhängig von der Erfahrung, bedingt vielmehr diese selbst, ohne aber etwa angeboren (s. d.) zu sein. Sie gehört der Sinnlichkeit an, erhält aber erst durch den Verstand ihre objektive Bestimmtheit. Obzwar insofern „subjektiv“, als sie im erkennenden Subjekt wurzelt, hat sie Geltung für die Objekte als Erfahrungsgegenstände, als „Erscheinungen“; sie ist also „ideell“ und zugleich von „empirischer Realität“, da alles Objektive nur in der Form der Anschauung vorstellbar ist. Das „Ding an sich“ ist nicht selbst räumlich-zeitlich, nur in Beziehung zum Erkenntnissubjekt, zur Erfahrung stellt es sich, aber allgemein und notwendig, als räumlich-zeitlich dar. Die „Subjektivität“ der Anschauungsformen erklärt die Möglichkeit der apriorischen Grundsätze der Mathematik (s. d.). Der Raum (s. d.) ist die Form des äußeren Sinnes, die Zeit (s. d.) die des inneren Sinnes und mittelbar der Sinnlichkeit überhaupt. Ob diese Formen der Anschauung nur uns oder allen anderen Subjekten eigen sind, läßt sich nicht sagen. Eine „intellektuelle“ Anschauung (s. d.) wäre von den Bedingungen unserer Anschauung frei, wie es auch das „Ding an sich“ ist. — Es ist zu zeigen, daß Raum und Zeit „keine aus der Vernunft entsprungenen und objektiven Ideen irgendeiner Verbindung, sondern Erscheinungen sind, und daß sie auf ein gemeinsames Prinzip einer allgemeinen Verbindung zwar hinweisen, es aber nicht erklären“, Mund. sens. § 2 II (V 2, 94). — „Ein Prinzip der Form der Sinnenwelt ist das, welches den Grund der allgemeinen Verknüpfung aller Dinge enthält, soweit sie Erscheinungen sind. Die Form der Verstandeswelt erkennt ein objektives Prinzip, d. h. eine Ursache an, derzufolge eine Verknüpfung der Dinge an sich besteht. Dagegen erkennt die Welt, soweit sie als Erscheinung, d. h. in Beziehung auf die Sinnlichkeit des menschlichen Geistes betrachtet wird, nur ein subjektives Prinzip der Form, d. h. ein bestimmtes geistiges Gesetz an, vermöge dessen alles, was Gegenstand der Sinne (durch deren Beschaffenheit) sein kann, notwendig zu demselben Ganzen zu gehören scheint. Welcher Art also auch immer das Prinzip der Form der sinnlichen Welt sein mag, so umfaßt es doch nur das Wirkliche, insofern es als in die Sinne fallend erachtet wird, also weder die unkörperlichen Substanzen, welche schon als solche durch ihre Definition von den äußeren Sinnen ganz ausgeschlossen sind, noch die Ursache der Welt, welche kein Gegenstand der Sinne sein kann, da durch sie der Geist erst besteht und in irgendeinem Sinne wirksam ist. Dieser formalen Prinzipisn der Erscheinungswelt, mithin unbedingt ersten allumfassenden Formen und Bedingungen alles Sinnlichen in der menschlichen Erkenntnis, gibt es zwei: Zeit und Raum“, ibid. § 13 (V 2,104). „Da haben wir also zwei Prinzipien der sinnlichen Erkenntnis, nicht allgemeine Begriffe, wie bei der Vernunfterkenntnis, sondern einzelne, aber gleichwohl reine Anschauungen; in denen nicht, wie die Gesetze des Verstandes es erfordern, die Teile, und zwar namentlich die einfachen, den Grund der Möglichkeit des Zusammengesetzten enthalten, sondern wo nach dem Muster der sinnlichen Anschauung das Unendliche den Grund jedes denkbaren und zuletzt einfachen Teiles oder vielmehr der Grenze enthält. Denn nur, wenn der unendliche Raum oder die unendliche Zeit gegeben ist, kann durch Beschränkung jedweder bestimmte Raum oder Zeit angegeben werden, und weder der Punkt noch der Augenblick kann für sich gedacht, sondern sie können nur an einem schon gegebenen Raum oder Zeit als deren Grenzen vorgestellt werden. Deshalb liegen alle ursprünglichen Beschaffenheiten dieser Begriffe außerhalb der Schranken der Vernunft und können darum in keiner Weise durch bloßes Denken entwickelt werden.“ „Endlich erhebt sich gleichsam von selbst in jedem die Frage, ob beide Begriffe angeboren oder erworben seien. Das letztere scheint zwar durch die Beweisführung bereits widerlegt; allein auch das erstere darf nicht so ohne weiteres zugelassen werden, weil es der Philosophie der Faulen den Weg bahnt, die jede weitere Untersuchung durch Berufung auf eine erste Ursache für überflüssig erklärt. Indes sind beide Begriffe unzweifelhaft erworben, freilich nicht von der Empfindung der Gegenstände der Sinne (“von den Gegenständen der Sinne„) abstrahiert (denn die Empfindung gibt nur den Stoff, nicht die Form der menschlichen Erkenntnis), sondern von der Tätigkeit der Seele selbst, welche nach ewigen Gesetzen ihre Empfindungen ordnet, als eine unwandelbare Grundform, die deshalb auf dem Wege der Anschauung zu erkennen ist. Denn die Empfindungen erwecken diese Tätigkeit des Geistes, aber sie beeinflussen nicht die Anschauung, und angeboren ist hier nur das Gesetz der Seele, nach dem sie das infolge der Gegenwart des Gegenstandes von ihr Empfundene in bestimmter Weise verbindet“, ibid. § 15 Folgerung (V 2, 113 ff.). „Wenn von einem beliebigen Verstandesbegriff etwas allgemein ausgesagt wird, was zu den Beziehungen von Raum und Zeit gehört: so darf es nicht objektiv ausgesagt werden und bezeichnet nur die Bedingung, ohne welche der gegebene Begriff nicht sinnlich erkennbar ist.“ Dies geht daraus hervor, „daß das Subjekt des Urteils, wenn es verstandesmäßig aufgefaßt wird, den Gegenstand betrifft, das Prädikat aber, weil es räumlich-zeitliche Bestimmungen enthält, nur zu den Bedingungen der sinnlichen Erkenntnis der Menschen gehört, welche nicht notwendig jeder Erkenntnis des nämlichen Gegenstandes anhängt und deshalb von dem gegebenen Verstandesbegriff nicht allgemein ausgesagt werden kann. Daß aber der Verstand diesem Fehler der Verwechslung so leicht verfällt, das kommt daher, daß er mit Hilfe einer anderen durchaus wahren Regel getäuscht wird. Denn wir nehmen mit Recht an: Was nicht durch eine Anschauung erkannt werden kann, ist überhaupt undenkbar und daher unmöglich. Weil wir aber eine andere Anschauung als eine solche gemäß der Form von Raum und Zeit trotz aller Geistesanstrengung nicht einmal erdichten können, so kommt es: daß wir jede an diese Gesetze nicht gebundene Anschauung überhaupt für unmöglich halten (wobei wir die reine, intellektuale und von den Gesetzen der Sinne befreite Anschauung, wie die göttliche ist, die Plato die Idee nennt, übergehen) und deshalb alles mögliche den sinnlichen Grundsätzen von Raum und Zeit unterwerfen“, ibid. § 25 (V 2, 123 f.) Zu den „Blendwerken der sinnlichen Erkenntnisse“ gehört die Formel: „Die nämliche sinnliche Bedingung, unter der allein die Anschauung des Gegenstandes möglich ist, ist die Bedingung der Möglichkeit des Gegenstandes selbst“, ibid. § 26, 1 (V 2, 124). — „Der erschlichene Grundsatz der ersten Klasse lautet: Was existiert, ist irgendwo und irgendwann. Mittels dieses verkehrten Grundsatzes aber werden alle Dinge, auch wenn sie nur durch den Verstand erkannt werden, den Bedingungen des Raumes und der Zeit in ihrem Dasein unterworfen. Deshalb werden über die Orte der unkörperlichen Substanzen (von denen es doch aus demselben Grunde keine sinnliche Anschauung und keine Vorstellung unter solcher Form gibt) in dem körperlichen Weltall, über den Sitz der Seele und anderes der Art leere Fragen aufgeworfen und, indem man das Sinnliche mit den Verstandesbegriffen, wie das Viereckige mit dem Runden, heillos vermengt, so trifft es sich meist, daß es aussieht, als ob der eine der Streitenden den Bock melkt und der andere das Sieb unterhält. Es ist aber die Gegenwart des Unkörperlichen in der körperlichen Welt eine virtuelle und keine örtliche (wenngleich sie uneigentlich so genannt wird); der Raum aber enthält die Bedingungen der möglichen wechselseitigen Wirksamkeiten nur für den Stoff; dagegen ist der menschlichen Erkenntnis das ganz entzogen, was für die unkörperlichen Substanzen die äußeren Verhältnisse der Kräfte sowohl untereinander als zu den Körpern bestimmt“, ibid. § 27 (V 2, 125). „Raum und Zeit werden so vorgestellt, als ob sie alles den Sinnen irgendwie Vorkommende in sich faßten. Deshalb gibt es nach den Gesetzen des menschlichen Geistes keine Anschauung eines Seienden, das nicht in Raum und Zeit enthalten wäre. Mit diesem Vorurteil kann ein anderes verglichen werden, was eigentlich kein erschließender Satz, sondern ein Spiel der Einbildungskraft ist, das sich in einer allgemeinen Formel so ausdrücken ließe: In allem, was existiert, ist Raum und Zeit, d. h. jede Substanz ist ausgedehnt und in stetiger Veränderung begriffen. Obgleich Personen von plumperem Begriffsvermögen dieser Vorstellungsart fest anhängen, so sehen sie doch selbst leicht ein: daß dies nur zu den Bestrebungen der Einbildungskraft gehört, sich die Gestalten der Dinge vorzustellen, nicht zu den Bedingungen des Daseins“, ibid. § 27 Anm. (V 2, 125).

Raum und Zeit und die Axiome derselben sind „in Betracht der empirischen Erkenntnisse und aller Gegenstände der Sinne sehr real und enthalten wirklich die Konditionen aller Erscheinungen und empirischer Urteile. Wenn aber etwas gar nicht als ein Gegenstand der Sinne, sondern durch einen allgemeinen und reinen Vernunftbegriff als ein Ding oder eine Substanz überhaupt etc. gedacht wird, so kommen sehr falsche Positionen heraus, wenn man sie den gedachten Grundbegriffen der Sinnlichkeit unterwerfen will“, An Lambert, 2. Sept. 1770.

Die reine Form (s. d.) sinnlicher Anschauungen heißt auch selbst „reine Anschauung“. Sie ist das, „worinnen sich die Empfindungen allein ordnen und in gewisse Form gestellt werden können“, also nicht selbst Empfindung. Abstrahiert man von allem Empfindungsmäßigen und allem, was der Verstand von den körperlichen Objekten denkt, so bleiben Ausdehnung und Gestalt übrig. „Diese gehören zur reinen Anschauung, die a priori auch ohne einen wirklichen Gegenstand der Sinne oder Empfindung, als eine bloße Form der Sinnlichkeit im Gemüte stattfindet.“ Diese „reine Anschauung“ ist das einzige, was uns die Sinnlichkeit „a priori liefern kann“. Und zwar gibt es „zwei reine Formen sinnlicher Anschauung, als Prinzipien der Erkenntnis a priori“, nämlich Raum und Zeit, KrV tr. Ästh. § 1 (I 76 f.—Rc 93 f.). „Zeit und Raum sind ... zwei Erkenntnisquellen, aus denen a priori verschiedene synthetische Erkenntnisse geschöpft werden können... Sie sind nämlich beide zusammengenommen reine Formen aller sinnlichen Anschauung und machen dadurch synthetische Sätze a priori möglich. Aber diese Erkenntnisquellen a priori bestimmen sich eben dadurch (daß sie bloß Bedingungen der Sinnlichkeit sind) ihre Grenzen, nämlich daß sie bloß auf Gegenstände gehen, sofern sie als Erscheinungen betrachtet werden, nicht aber Dinge an sich selbst darstellen. Jene allein sind das Feld ihrer Gültigkeit, woraus, wenn man hinausgeht, weiter kein objektiver Gebrauch derselben stattfindet. Diese Realität des Raumes und der Zeit läßt übrigens die Sicherheit der Erfahrungserkenntnis unangetastet; denn wir sind derselben ebenso gewiß, ob diese Formen den Dingen an sich selbst oder nur unserer Anschauung dieser Dinge notwendigerweise anhängen.“ Hingegen müssen die Anhänger der „absoluten“ Realität von Raum und Zeit „mit den Prinzipien der Erfahrung selbst uneinig sein“. Nehmen sie Raum und Zeit als an sich „subsistierend“ an, so sind das „zwei ewige und unendliche, für sich bestehende Undinge“, welche „da sind (ohne daß doch etwas Wirkliches ist), nur um alles Wirkliche in sich zu befassen“. Nehmen sie aber Raum und Zeit als den Dingen „in-härierend“, als aus der Erfahrung abstrahierte Verhältnisse der Dinge, so fällt die apriorische Gültigkeit und jedenfalls die apodiktische Gewißheit der mathematischen Grundsätze weg; von der Möglichkeit dieser letzteren kann dann kein Grund angegeben werden, ibid. § 7 (I 93 f.—Rc 110 ff.). Wenn wir unser Subjekt oder auch nur die „subjektive Beschaffenheit der Sinne“ aufheben, so würden „alle Verhältnisse der Objekte in Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit“ verschwinden. Wie die Dinge an sich sind, wissen wir nicht. „Wir kennen nichts als unsere Art, sie wahrzunehmen, die uns eigentümlich ist, die auch nicht notwendig jedem Wesen, obzwar jedem Menschen zukommen muß. Mit dieser haben wir es lediglich zu tun. Raum und Zeit sind die reinen Formen derselben, Empfindung überhaupt die Materie. Jene können wir allein a priori, d. i. vor aller wirklichen Wahrnehmung erkennen, und sie heißt darum reine Anschauung; diese aber ist das in unserem Erkenntnis, was da macht, daß es Erkenntnis a posteriori, d. i. empirische Anschauung heißt. Jene hängen unserer Sinnlichkeit schlechthin notwendig an, welcher Art auch unsere Empfindungen sein mögen; diese können sehr verschieden sein“, ibid. § 8 I (I 95 f.—Rc 113 f.). — „Wäre... nicht der Raum (und so auch die Zeit) eine bloße Form eurer Anschauung, welche Bedingungen a priori enthält, unter denen allein Dinge für euch äußere Gegenstände sein können, die ohne diese subjektiven Bedingungen an sich nichts sind, so könntet ihr a priori ganz und gar nichts über äußere Objekte synthetisch ausmachen. Es ist also ungezweifelt gewiß und nicht bloß möglich oder auch wahrscheinlich, daß Raum und Zeit, als die notwendigen Bedingungen aller (äußeren und inneren) Erfahrung, bloß subjektive Bedingungen aller unserer Anschauung sind; im Verhältnis auf welche daher alle Gegenstände bloße Erscheinungen und nicht für sich in dieser Art gegebene Dinge sind“, ibid. § 8 I (I 100—Rc 118 f.). Es kann sein, daß alle endlichen denkenden Wesen dieselben Anschauungsformen haben; aber deshalb gehören sie doch zur Sinnlichkeit. — Durch Raum und Zeit sind synthetische Urteile (s. d.) a priori möglich; denn diese reinen Anschauungen enthalten dasjenige, was über den Begriff hinausgeht und doch mit ihm a priori verknüpft werden kann, ibid. § 8 IV (I 104 f.—Rc 123). — Daß Raum und Zeit als Erkenntnisse a priori sich notwendig auf Gegenstände beziehen und eine synthetische Erkenntnis derselben unabhängig von aller Erfahrung möglich machen, ist leicht begreiflich. „Denn da nur vermittels solcher reinen Formen der Sinnlichkeit uns ein Gegenstand erscheinen, d. i. ein Objekt der empirischen Anschauung sein kann, so sind Raum und Zeit reine Anschauungen, welche die Bedingung der Möglichkeit der Gegenstände als Erscheinungen a priori enthalten, und die Synthesis in denselben hat objektive Gültigkeit“, KrV tr. Anal. § 13 (I 142 f.—Rc 162). In dieser Darlegung besteht die „transzendentale Deduktion“ von Baum und Zeit.

Raum und Zeit sind nicht bloß Formen der sinnlichen Anschauung, sondern selbst (reine) Anschauungen, mit der Bestimmung der Einheit des Mannigfaltigen in ihnen. „Der Raum, als Gegenstand vorgestellt (wie man es wirklich in der Geometrie bedarf), enthält mehr als bloße Form der Anschauung, nämlich Zusammenfassung des Mannigfaltigen, nach der Form der Sinnlichkeit gegebenen, in eine anschauliche Vorstellung, so daß die Form der Anschauung bloß Mannigfaltiges, die formale Anschauung aber Einheit der Vorstellung gibt. Diese Einheit hatte ich in der Ästhetik bloß zur Sinnlichkeit gezählt, um nun zu bemerken, daß sie vor allem Begriffe vorhergehe, ob sie zwar eine Synthesis, die nicht den Sinnen angehört, durch welche aber alle Begriffe von Raum und Zeit zuerst möglich werden, voraussetzt“, ibid. § 26 1. Anm. (I 171—Rc 217). — Raum und Zeit würden, obzwar apriorische Anschauungsformen, doch „ohne objektive Gültigkeit und ohne Sinn und Bedeutung sein, wenn ihr notwendiger Gebrauch an den Gegenständen der Erfahrung nicht gezeigt würde, ja ihre Vorstellung ist ein bloßes Schema, das sich immer auf die reproduktive Einbildungskraft bezieht, welche die Gegenstände der Erfahrung herbeiruft, ohne die sie keine Bedeutung haben würden.“ Obwohl wir vom Räume so vieles a priori erkennen, so würde doch diese Erkenntnis nur „die Beschäftigung mit einem bloßen Hirngespinst sein“, wäre der Raum nicht die „Bedingung der Erscheinungen, welche den Stoff zur äußeren Erfahrung ausmachen“, ibid. 2. B. 2. H. 2. Abs. (I 196 f.—Rc 252 f.).

Man muß einräumen, „daß Raum und Zeit bloße Gedankendinge und Wesen der Einbildungskraft sind, nicht welche durch die letztere gedichtet werden, sondern welche sie allen ihren Zusammensetzungen und Dichtungen zugrunde legen muß, weil sie die wesentliche Form unserer Sinnlichkeit und der Rezeptivität derer Anschauungen sind, dadurch uns überhaupt Gegenstände gegeben werden und deren allgemeine Bedingungen notwendig zugleich Bedingungen a priori der Möglichkeit aller Objekte der Sinne, als Erscheinungen, sein und mit diesen also übereinstimmen müssen“, Üb. e. Entdeck. 1. Abs. B (V 3, 22). Es ist Eberhard völlig zuzugeben, daß die letzten objektiven Gründe von Raum und Zeit Dinge an sich sind. „Aber daß diese objektiven Gründe, nämlich die Dinge an sich, nicht im Räume und der Zeit zu suchen sind, sondern in demjenigen, was die Kritik das außer- oder übersinnliche Substrat derselben (Noumenon) nennt, das war meine Behauptung, von der Herr Eberhard das Gegenteil beweisen wollte“, ibid. C (V 3, 27).

„Dieses ist nun die Theorie, daß Raum und Zeit nichts als subjektive Formen unserer sinnlichen Anschauung sind, und gar nicht den Objekten an sich zuständige Bestimmungen, daß aber gerade nur darum wir a priori diese unsere Anschauungen bestimmen können mit dem Bewußtsein der Notwendigkeit der Urteile in Bestimmung derselben, wie z. B. in der Geometrie. Bestimmen aber heißt synthetisch urteilen.“ „Diese Theorie kann die Lehre der Idealität des Raumes und der Zeit heißen, weil diese als etwas, was gar nicht den Sachen an sich selbst anhängt, vorgestellt werden: einer Lehre, die nicht etwa bloß Hypothese, um die Möglichkeit der synthetischen Erkenntnis a priori erklären zu können, sondern demonstrierte Wahrheit ist, weil es schlechterdings unmöglich ist, seine Erkenntnis über den gegebenen Begriff zu erweitern ohne irgendeine Anschauung, und wenn diese Erweiterung a priori geschehen soll, ohne eine Anschauung a priori unterzulegen, und eine Anschauung a priori gleichfalls unmöglich ist, ohne sie in der formalen Beschaffenheit des Subjekts, nicht in der des Objekts zu suchen, weil unter Voraussetzung der ersteren alle Gegenstände der Sinne jener gemäß in der Anschauung werden vorgestellt, also sie a priori und dieser Beschaffenheit nach als notwendig erkannt werden müssen, anstatt daß, wenn das letztere angenommen würde, die synthetischen Urteile a priori empirisch und zufällig sein würden, welches sich widerspricht.“ „Diese Idealität des Raumes und der Zeit ist gleichwohl zugleich eine Lehre der vollkommenen Realität derselben in Ansehung der Gegenstände der Sinne (der äußeren und der inneren) als Erscheinungen, d. i. als Anschauungen, sofern ihre Form von der subjektiven Beschaffenheit der Sinne abhängt, deren Erkenntnis, da sie auf Prinzipien a priori der reinen Anschauung gegründet ist, eine sichere und demonstrabele Wissenschaft zuläßt“ Das Subjektive der Sinnesqualitäten hingegen enthält keine Daten zu Erkenntnissen a priori, Fortschr. d. Metaph. 1. Abt. (V 3, 93 f.).

Raum und Zeit als Formen der Sinnesobjekte führen in ihrer Bestimmung eine Vorstellung herbei, die „von dieser unzertrennlich“ ist, nämlich die des „Zusammengesetzten“. „Denn einen bestimmten Raum können wir uns nicht anders vorstellen, als indem wir ihn ziehen, d. i. einen Raum zu dem anderen hinzutun, und ebenso ist es mit der Zeit bewandt.“ „Nun ist die Vorstellung eines Zusammengesetzten als eines solchen nicht bloße Anschauung, sondern erfordert den Begriff einer Zusammensetzung, sofern er auf die Anschauung in Raum und Zeit angewandt wird“, ibid. (V 3, 90 f.); vgl. Synthesis. Die Zusammensetzung, die wir „selbst machen müssen“, gehört zur „Spontaneität des Verstandes, als Begriff a priori“. „Raum und Zeit sind, subjektiv betrachtet, Formen der Sinnlichkeit, aber um von ihnen als Objekten der reinen Anschauung sich einen Begriff zu machen (ohne welchen wir gar nichts von ihnen sagen könnten), dazu wird a priori der Begriff eines Zusammengesetzten, mithin der Zusammensetzung (Synthesis) des Mannigfaltigen erfordert, mithin synthetische Einheit der Apperzeption in Verbindung dieses Mannigfaltigen, welche Einheit des Bewußtseins, nach Verschiedenheit der anschaulichen Vorstellungen der Gegenstände in Raum und Zeit, verschiedene Funktionen sie zu verbinden erfordert, welche Kategorien heißen und Verstandesbegriffe a priori sind“, ibid. 1. Abt. Von dem Umfange... (V 3, 102).

„Die allgemeine Widerlegung des empirischen Ursprungs der Zeit und (des) Raumes ist, daß beide synthetische Sätze a priori geben, und daraus folgt auch die Idealität derselben als Anschauung“, Lose Bl. D 9. „Raum und Zeit sind die Formen der Vorbildung in der Anschauung, und dienen, die Kategorien in concreto anzuwenden“, N 5934. — „Raum und Zeit sind composita idealia, weder von Substanzen noch Akzidentien, sondern von Relationen, die vor Dingen hergehen“, N 5885. „Raum und Zeit sind beide nichts als Zusammensetzungen sinnlicher Eindrücke. Diese Zusammensetzung geht ins Unendliche, ist aber niemals unendlich. Die Größe des Raumes setzt die Größe der Zeit voraus“, N 5898. „Es ist keine absolute Zeit oder Raum. Die reine Anschauung bedeutet hier nicht etwas, was angeschaut wird, sondern die reine formale Bedingung, die vor der Erscheinung vorhergeht. Die absolute Zeit ist leere Anschauung“, N 5377. Raum und Zeit verschaffen die „deutlichsten Erkenntnisse unter allen, nämlich die mathematischen“, N 5876; vgl. N 40. „Daß Raum und Zeit Anschauungen ohne Dinge sind, bedeutet, daß sie keine objektive Vorstellungen, sondern subjektive sein müssen“, N 5313. „Die Beharrung des Daseins aller Dinge in Einem ist die ommpraesentia: Raum; die Beharrung alles Daseins eines jeden Dinges in Einem ist die Erhaltung: Zeit“, N 4074. „Raum und Zeit sind nicht Gegenstände der Wahrnehmung..., sondern der reinen Anschauung (a priori). Sie sind nicht Dinge an sich (entia per se), d. i. nicht etwas außer der Vorstellung Existierendes, sondern dem Subjekt als einem Akt desselben Angehöriges, wodurch dieses sich selbst setzt, d. i. sich selbst zum Gegenstande seiner Vorstellungen macht“, Altpreuß. Mth. XIX 568 f. Sie sind nicht „Gegenstand der Anschauung“, sondern „Anschauung selbst“, ibid. 570; vgl. 574 ff., 615 ff. Raum und feit sind „grenzenlos (nicht unendlich)“, ibid. 623. Es ist Ein Raum und Eine Zeit, ibid. 626; vgl. XXI 584 ff., 601 ff. Vgl. Kategorie, Schema, Anschauung (reine).