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Affektion

Affektion. Kant gebraucht für das Verhältnis des „Ding an sich“ (s. d.) zum wahrnehmenden Subjekt den Ausdruck „affizieren“. Hierbei wird das Ding an sich als Grund unserer Empfindungen gedacht, ohne daß aber die Kategorie der Kausalität (s. d.) hier einer Bestimmung, Erkenntnis des Ding an sich dient. Das Verhältnis desselben zum Subjekt wird nur nach Analogie (s. d.) einer Verursachung gedacht. Das Subjekt ist im Empfinden „affiziert“, d. h. zunächst nur, es ist nicht selbst der Erzeuger seiner Empfindungen, es produziert sie nicht selbsttätig, sie sind vielmehr mit auf Rechnung eines an sich unbekannten Etwas zu setzen, mag dieses nun als Ursache gedacht (nicht erkannt!) oder nur nach Analogie einer solchen aufgefaßt werden (vgl. Kategorie). Das Subjekt als Erscheinung wird von den Dingen als Erscheinung (von den Körpern, der Materie) affiziert (im empirischen Sinne). Das Ich (s. d.) „affiziert“ sich selbst, seinen „inneren Sinn“ (s. d.).

Der Gegenstand wird uns (Menschen) nur dadurch gegeben, daß er „das Gemüt auf gewisse Weise affiziere.“ Die Fähigkeit (Rezeptivität), Vorstellungen durch solche Affektion zu bekommen, heißt Sinnlichkeit (s. d.). Wodurch sollte das Erkenntnisvermögen sonst zur Ausübung geweckt werden, wenn nicht „durch Gegenstände, die unsere Sinne rühren“, KrV Einl. I (I 47—Rc 45). Die „Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsfähigkeit, sofern wir von demselben affiziert werden“, ist Empfindung, ibid. tr. Ästh. § 1 (I 75—Rc 92f.). Die Vorstellung eines Körpers (s. d.) enthält bloß die Erscheinungen von etwas und „die Art, wie wir dadurch affiziert werden“, ibid. § 8 I (I 97—Rc 115). — Die Zeit (s. d.) ist „die Art, wie das Gemüt durch eigene Tätigkeit..., mithin durch sich selbst affiziert wird“, ibid. § 8 II (I 101—Rc 120). „Wenn das Vermögen, sich bewußt zu werden, das, was im Gemüte liegt, aufsuchen (apprehendieren) soll, so muß es dasselbe affizieren und kann allein auf solche Art eine Anschauung seiner selbst hervorbringen“, ibid. § 8 II (I 102—Rc 120 f.). — Wir schauen uns nur an, „wie wir innerlich affiziert werden“, wobei wir uns „gegen uns selbst als leidend“ verhalten, tr. Anal. § 24 (I 165—Rc 205). Wie wir die Objekte nur sofern erkennen, als wir „äußerlich affiziert“ werden, so schauen wir uns selbst -nur so an, „wie wir innerlich von uns selbst affiziert werden“, ibid. § 24 (I 168—Rc 211). — Der Verstand übt in der transzendentalen Synthesis der Einbildungskraft (s. d.) „diejenige Handlung aufs passive Subjekt, dessen Vermögen er ist, aus, wovon wir mit Recht sagen, daß der innere Sinn dadurch affiziert werde.“ Der Verstand findet in dem inneren Sinn nicht schon eine Verbindung (Sukzession) vor, sondern „bringt sie hervor, indem er ihn affiziert“, ibid. § 24 (I 166—Rc 209). Für die Affizierung des inneren Sinnes durch uns selbst bietet jeder Akt der Aufmerksamkeit ein Beispiel. „Der Verstand bestimmt darin jederzeit den inneren Sinn, der Verbindung, die er denkt, gemäß, zur inneren Anschauung, die dem Mannigfaltigen in der Synthesis des Verstandes korrespondiert. Wie sehr das Gemüt gemeiniglich hierdurch affiziert werde, wird ein jeder in sich wahrnehmen können“, ibid. § 24 2. Anm. (I 168—Rc 211). — Das „Etwas, welches den äußeren Erscheinungen zum Grunde liegt“, affiziert unseren Sinn so, daß er die Vorstellungen von Raum, Materie, Gestalt usw. bekommt (oder erzeugt), KrV 1. A. 2. B. 1. H., Krit. d. 2. Paralog. (I 736—Rc 437a f.). — Die Kräfte der Materie „affizieren“ das Subjekt (d. h. hier:), den Menschen und seine Organe, weil dieser auch ein körperliches Wesen ist, Altpreuß. Mth. XIX 271. Diese bewegenden Kräfte sind nicht Dinge an sich selbst, sondern Phänomene „nach dem Verhältnisse, welches sie zum Subjekt haben, wie es unseren Sinn affiziert, oder wie wir unseren Sinn selbst affizieren“, ibid. 272 f. (vgl. S. 284). „Die Objekte der Sinne, metaphysisch betrachtet sind Erscheinungen; für die Physik aber sind es die Sachen an sich selbst, die den Sinn affizieren“, ibid. 285. Vgl. Ding an sich, Innerer Sinn, Ich, Anschauung, Erscheinung.