Kausalität
Kausalität. Die Kausalität ist eine der Kategorien (s. d.). Der Begriff der Kausalität gilt also a priori, er ist eine Voraussetzung der Erfahrung, stammt nicht aus ihr, macht sie vielmehr erst möglich. Denn nur durch die feste Regel, die Einheit, die der Verstand in das Mannigfaltige der Anschauung bringt, wird die Sukzession der Phänomene zu einer eindeutig-bestimmten, gesetzlichen, ergeben sich allgemeingültige, objektive Zusammenhängelieben sich die Erfahrungsverknüpfungen von der wechselnden Folge subjektiver Vorstellungsverbindungen ab. Das Verhältnis von Ursache und Wirkung ist weder etwas Wahrnehmbares oder aus der Erfahrung Abstrahiertes noch ein Erzeugnis subjektiver Gewohnheit und Assoziation (gegen Hume), sondern eine Relation, in die das Gegebene eingehen muß, damit objektive Erfahrung möglich ist, zugleich auch, damit die Erfahrung ihr Objekt hat, mit dem sie dann übereinstimmen muß. Die Kausalität ist die Ordnung des anschaulich Gegebenen nach einem Einheitsprinzip des Denkens, eine Anwendung der Denkrelation: Grund und Folge, Bedingung und Bedingtes auf das Anschauungsmaterial. Nur, wo ein solches gegeben ist, ist die Kausalität ein Erkenntnisfaktor; nur Erscheinungen lassen sich also mittelst des Kausalitätsbegriffs erkennen, nicht die Dinge an sich. Von den letzteren kann die Kausalität nur per analogiam ausgesagt werden oder in einem anderen Sinne, im Sinne einer „intelligiblen“ Kausalität, d. h. der Bestimmung des „Noumenon“ (s. d.), etwa der Vernunft (s. d.) als (zeitlosen) Grundes von etwas, jedenfalls aber nicht im Sinne der „schematisierten“ Kategorie der Kausalität, nicht im Sinne der Naturgesetzlichkeit, der mechanisch-psychologischen Determination (vgl. Charakter). Unabhängig von der Erfahrung ist nur das allgemeine Kausalprinzip; die besonderen Kausalverbindungen werden nur an der Hand des Erfahrungsmaterials, im Fortschritte der Erfahrung erkannt (vgl. Gesetz).
„Kein zufälliges Ding kann eines Grundes entbehren, welcher voraufgehend sein Dasein bestimmt“, N. diluc. Propos. 8 (V 1, 18); vgl. Grund. „Ich verstehe sehr wohl, wie eine Folge durch einen Grund nach der Regel der Identität gesetzt werde, darum weil sie durch die Zergliederung der Begriffe in ihm enthalten befunden wird. So ist die Notwendigkeit ein Grund der Unveränderlichkeit, die Zusammensetzung ein Grund der Teilbarkeit, die Unendlichkeit ein Grund der Allwissenheit etc. etc., und diese Verknüpfung des Grundes mit der Folge kann ich deutlich einsehen, weil die Folge wirklich einerlei ist mit einem Teilbegriffe des Grundes und, indem sie schon in ihm befaßt wird, durch denselben nach der Regel der Einstimmung gesetzt wird.“ „Wie aber etwas aus etwas anderem, aber nicht nach der Regel der Identität fließe, das ist etwas, welches ich mir gerne möchte deutlich machen lassen. Ich nenne die erstere Art eines Grundes den logischen Grund, weil seine Beziehung auf die Folge logisch, nämlich deutlich nach der Regel der Identität kann eingesehen werden; den Grund aber der zweiten Art nenne ich den Realgrund, weil diese Beziehung wohl zu meinen wahren Begriffen gehört, aber die Art derselben auf keinerlei Weise kann beurteilt werden.“ „Was nun diesen Realgrund und dessen Beziehung auf die Folge anlangt, so stellt sich meine Frage in dieser einfachen Gestalt dar: wie soll ich es verstehen, daß, weil etwas ist, etwas anderes sei?“ Der Realgrund ist nie ein logischer Grund. Wenn ich etwas als „Ursache“ bezeichne, „so habe ich in ihr schon die Beziehung des Realgrundes zu der Folge gedacht, und dann ist es leicht, die Position der Folge nach der Regel der Identität einzusehen“. Durch den Satz des Widerspruchs ist die Relation von Ursache und Wirkung nicht einsichtig. „Ich habe über die Natur unserer Erkenntnis in Ansehung unserer Urteile von Gründen und Folgen nachgedacht, und ich werde das Resultat dieser Betrachtungen dereinst ausführlich darlegen. Aus demselben findet sich, daß die Beziehung eines Realgrundes auf etwas, das dadurch gesetzt oder aufgehoben wird, gar nicht durch ein Urteil, sondern bloß durch einen Begriff könne ausgedrückt werden, den man wohl durch Auflösung zu einfacheren Begriffen von Realgründen bringen kann, so doch, daß zuletzt alle unsere Erkenntnis von dieser Beziehung sich in einfachen und unauflöslichen Begriffen der Realgründe endigt, deren Verhältnis zur Folge gar nicht kann deutlich gemacht werden“, Neg. Größ. 3. Abs. Allg. Anmerk. (V 1, 110 ff.). Wie etwas könne „eine Ursache sein oder eine Kraft haben, ist unmöglich, jemals durch Vernunft einzusehen, sondern diese Verhältnisse müssen lediglich aus der Erfahrung gewonnen werden. Denn unsere Vernunftregel geht nur auf die Vergleichung nach der Identität und dem Widerspruche. Sofern aber etwas eine Ursache ist, so wird durch Etwas etwas Anderes gesetzt, und es ist also kein Zusammenhang vermöge der Einstimmung anzutreffen“. „Daher die Grundbegriffe der Dinge als Ursachen, die der Kräfte und Handlungen, wenn sie nicht aus der Erfahrung hergenommen sind, gänzlich willkürlich sind und weder bewiesen noch widerlegt werden können. Ich weiß wohl, daß das Denken und Wollen meinen Körper bewege, aber ich kann diese Erscheinung, als eine einfache Erfahrung, niemals durch Zergliederung auf eine andere bringen und sie daher wohl erkennen, aber nicht einsehen“, Träume 2. T. 3. H. (V 2, 66).
Der Grundsatz der Kausalität geht nur auf die Dinge als Erscheinungen, als „Gegenstände der Erfahrung“. Als Dinge an sich sind ihm die Dinge „nicht unterworfen“, KrV Vorr. z. 2. A. (I 35—Rc 30); vgl. Freiheit. Der Satz: Jede Veränderung hat eine Ursache, ist apriorisch. Der Begriff der Ursache enthält den Begriff einer „Notwendigkeit der Verknüpfung mit einer Wirkung und einer strengen Allgemeinheit der Regel“, so daß er „gänzlich verloren gehen würde, wenn man ihn, wie Hume tat, von einer öfteren Beigesellung dessen, was geschieht, mit dem, was vorhergeht (mithin bloß subjektiven Notwendigkeit), Vorstellungen zu verknüpfen, ableiten wollte“, KrV Einl. II (I 50—Rc 51). Der Begriff der Ursache bedeutet eine „besondere Art der Synthesis“, „da auf etwas A was ganz verschiedenes B nach einer Regel gesetzt wird“. In der Anschauung selbst findet sich davon nichts diese könnte auch allenfalls dem Kausalbegriff nicht gemäß sein. Und doch entspricht ihm die Erfahrung, aus der er nicht abstrahiert sein kann, da er eine streng notwendige und allgemeine Regel bedeutet. Der Begriff der Ursache drückt nur aus, daß die Wirkung nicht bloß zu der Ursache hinzukomme, sondern „durch dieselbe gesetzt sei und aus ihr erfolge“, ibid. tr. Anal. § 13 (I 143 f.—Rc 163 f.). Das „Schema“ (s. d.) der Ursache und der Kausalität ist „das Reale, worauf, wenn es nach Belieben gesetzt wird, jederzeit etwas anderes folgt. Es besteht also in der Sukzession des Mannigfaltigen, insofern sie einer Regel unterworfen ist“, ibid. tr. Anal. 2. B. 1. H. (I 187—Rc 243).
Der „Grundsatz der Zeitfolge nach dem Gesetze der Kausalität“ („Grundsatz der Erzeugung“) gehört zu den „Analogien“ (s. d.) der Erfahrung. Er lautet: „Alle Veränderungen geschehen nach dem Gesetze der Verknüpfung der Ursache und Wirkung“, ibid. 2. H. 3. Abs. 2. Analogie (I 225—Rc 283). Ibid. 1. A.: „Alles, was geschieht (anhebt zu sein), setzt etwas voraus, worauf es nach einer Regel folgt.“ — Durch die bloße Wahrnehmung des Gegebenen in der Apprehension der Vorstellungen und die Verknüpfung derselben durch die Einbildungskraft bleibt das „objektive Verhältnis“ zweier aufeinander folgender Erscheinungen unbestimmt. Denn diese Apprehension ist sukzessiv, wir nehmen erst etwas, dann etwas anderes wahr, und die Sukzession in diesem Vorstellen ist subjektiv, nicht objektiv bestimmt, d. h. es ist damit noch nicht gesagt, daß auf A ein B im Objekte selbst folgt. Damit nun dieses Verhältnis der Aufeinanderfolge als „bestimmt“ erkannt werde, muß es so gedacht werden, daß dadurch als „notwendig bestimmt“ wird, welcher Zustand vorher, welcher nachher (und nicht umgekehrt) müsse gesetzt werden. Das geschieht durch den Begriff des Verhältnisses der Ursache und Wirkung (Kausalität), durch welche Kategorie also erst Erfahrung objektiver Abfolgen möglich ist, ibid. (I 225 f.—Rc 283 f.). Durch die Kausalität als Regel ist die „Ordnung in der Folge der Wahrnehmungen in der Apprehension“ bestimmt, sie macht „die Ordnung der einander folgenden Wahrnehmungen ... notwendig“. Die „Verknüpfung“ des Mannigfaltigen im Objekt besteht in der „Ordnung“ des Mannigfaltigen, „nach welcher die Apprehension des einen (was geschieht) auf die des anderen (das vorhergeht), nach einer Regel folgt“. „Nur dadurch kann ich von der Erscheinung selbst, und nicht bloß von meiner Apprehension berechtigt sein, zu sagen, daß in jener eine Folge anzutreffen sei, welches so viel bedeutet, als daß ich die Apprehension nicht anders anstellen könne, als gerade in dieser Folge“, ibid. (I 229—Rc 287 f.). „Wenn wir also erfahren, daß etwas geschieht, so setzen wir dabei jederzeit voraus, daß irgend etwas vorausgehe, worauf es nach einer Regel folgt. Denn ohne dieses würde ich nicht von dem Objekt sagen, daß es folge, weil die bloße Folge in meiner Apprehension, wenn sie nicht durch eine Regel in Beziehung auf ein Vorhergehendes bestimmt ist, keine Folge im Objekte anzunehmen berechtigt.“ Wir erfahren objektive Folge nur dadurch, daß wir eine Regel zum Grunde legen, „die uns nötigt, diese Ordnung der Wahrnehmungen vielmehr als eine andere zu beobachten“. Die Beziehung der Vorstellungen auf einen Gegenstand (s. Objekt) macht die Verbindung dieser Vorstellungen erst notwendig, indem sie sie einer Regel der Synthesis unterwirft; und umgekehrt wird nur dadurch, „daß eine gewisse Ordnung in dem Zeitverhältnis unserer Vorstellungen notwendig ist“, den Vorstellungen „objektive Bedeutung“ beigelegt. Die Erscheinungen bekommen nur nach der Regel der Kausalität ihre bestimmte Stelle in der Zeit Die Erscheinungen der vorhergehenden Zeit bestimmen nun jedes Dasein in der folgenden, setzen es nach einer Regel fest. Diese Regel, etwas der Zeitfolge nach zu bestimmen, ist: „daß in dem, was vorhergeht, die Bedingung anzutreffen sei, unter welcher die Begebenheit jederzeit (d. i. notwendigerweise) folgt“. So ist der Satz vom zureichenden Grunde (s. d.) der „Grund möglicher Erfahrung, nämlich der objektiven Erkenntnis der Erscheinungen, in Ansehung des Verhältnisses derselben, in Reihenfolge der Zeit“. Nur durch die Ordnung der Synthesis der Wahrnehmungen, welche eine Erscheinung als abhängig von einer anderen Erscheinung bestimmt, auf die sie notwendig erfolgt, ist die Wirklichkeit von Phantasiegebilden und vom Traum zu unterscheiden. Der Grundsatz der Kausalität gilt daher von allen Gegenständen der Erfahrung, weil er die Bedingung der Möglichkeit objektiver Erfahrung ist, ibid. (I 231 ff.—Rc 289 ff.). Der Satz der Kausalität paßt aber auch da, wo Ursache und Wirkung zugleich sind, was in der Natur größtenteils der Fall ist. Die Zeitfolge der wirkenden Ursachen wird hier nur dadurch veranlaßt, „daß die Ursache ihre ganze Wirkung nicht in einem Augenblick verrichten kann“. „Aber in dem Augenblicke, da sie zuerst entsteht, ist sie mit der Kausalität ihrer Ursache jederzeit zugleich, weil, wenn jene einen Augenblick vorher aufgehört hätte, zu sein diese gar nicht entstanden wäre.“ Es ist hier zu beachten, daß es auf die „Ordnung der Zeit“, nicht auf den „Ablauf“ derselben abgesehen ist; „das Verhältnis bleibt, wenn gleich keine Zeit verlaufen ist“. „Die Zeit zwischen der Kausalität der Ursache und deren unmittelbaren Wirkung kann verschwindend (sie also zugleich) sein; aber das Verhältnis der einen zur anderen bleibt doch immer der Zeit nach bestimmbar.“ „Demnach ist die Zeitfolge allerdings das einzige empirische Kriterium der Wirkung, in Beziehung auf die Kausalität der Ursache, die vorhergeht“, ibid. (I 236 f.—Rc 295 f.). — Aus reinen Begriffen läßt sich der Satz: „Alles Zufällige hat eine Ursache“ nicht beweisen; nur, daß wir ohne diese Beziehung die Existenz des Zufälligen nicht begreifen können. Allein von Gegenständen möglicher Erfahrung ist der Grundsatz der Kausalität beweisbar, „als Prinzip der Möglichkeit der Erfahrung, mithin der Erkenntnis eines in der empirischen Anschauung gegebenen Objekts“. Daß aber der Satz: „alles Zufällige müsse eine Ursache haben“, doch jedem aus bloßen Begriffen einleuchtet, steht fest; aber dann ist eben der Begriff des „Zufälligen“ schon so gefaßt, daß er nicht die Kategorie der Modalität („als etwas, dessen Nichtsein sich denken läßt“), sondern die der Relation („als etwas, das nur als Folge von einem anderen existieren kann“) enthält, was einen identischen Satz ergibt („was nur als Folge existieren kann, hat seine Ursache“), ibid. Allg. Anmerk. (I 266 f.—Rc 378 f.).
Obzwar wir niemals unmittelbar über den Inhalt des uns gegebenen Begriffs hinausgehen können, können wir doch „völlig a priori, aber in Beziehung auf ein drittes, nämlich mögliche Erfahrung, also doch a priori das Gesetz der Verknüpfung mit anderen Dingen erkennen“. „Wenn also vorher festgewesenes Wachs schmilzt, so kann ich a priori erkennen, daß etwas vorangegangen sein müsse (z. B. Sonnenwärme), worauf dieses nach einem beständigen Gesetze gefolgt ist, ob ich zwar, ohne Erfahrung, aus der Wirkung weder die Ursache, noch aus der Ursache die Wirkung a priori und ohne Belehrung der Erfahrung bestimmt erkennen könnte.“ Hume schloß also fälschlich „aus der Zufälligkeit unserer Bestimmung nach dem Gesetze auf die Zufälligkeit des Gesetzes selbst, und das Herausgehen aus dem Begriffe eines Dinges auf mögliche Erfahrung ... verwechselte er mit der Synthesis der Gegenstände wirklicher Erfahrung, welche freilich jederzeit empirisch ist“, ibid. tr. Meth. 1. H. 2. Abs. Von der Unmöglichkeit.. (I 638—Rc 786 f.). Vgl. auch die Auseinandersetzung mit Hume KpV 1. T. 1. B. 1. H. II (II 66 ff.). Es ist uns erstlich „vermittelst der Logik die Form eines bedingten Urteils überhaupt, nämlich eine gegebene Erkenntnis als Grund und die andere als Folge zu gebrauchen, a priori gegeben“. „Es ist aber möglich, daß in der Wahrnehmung eine Regel des Verhältnisses angetroffen wird, die da sagt: daß auf eine gewisse Erscheinung eine andere (obgleich nicht umgekehrt) beständig folgt; und dieses ist ein Fall, mich des hypothetischen Urteils zu bedienen und z. B. zu sagen: Wenn ein Körper lange genug von der Sonne beschienen ist, so wird er warm. Hier ist nun freilich noch nicht eine Notwendigkeit der Verknüpfung, mithin der Begriff der Ursache. Allein ich fahre fort und sage: wenn obiger Satz, der bloß eine subjektive Verknüpfung der Wahrnehmungen ist, ein Erfahrungssatz sein soll, so muß er als notwendig und allgemeingültig angesehen werden. Ein solcher Satz aber würde sein: Sonne ist durch ihr Licht die Ursache der Wärme. Die obige empirische Regel wird nunmehr als Gesetz angesehen, und zwar nicht als geltend bloß von Erscheinungen, sondern von ihnen zum Behuf einer möglichen Erfahrung, welche durchgängig und also notwendig gültige Regeln bedarf. Ich sehe also den Begriff der Ursache als einen zur bloßen Form der Erfahrung notwendig gehörigen Begriff und dessen Möglichkeit, als einer synthetischen Vereinigung der Wahrnehmungen in einem Bewußtsein überhaupt, sehr wohl ein“, Prol § 29 (III 72 f.).
„Man kann sich zweierlei Kausalität in Ansehung dessen, was geschieht, denken, entweder nach der Natur oder aus Freiheit.“ „Die erste ist die Verknüpfung eines Zustandes mit einem vorigen in der Sinnenwelt, worauf jener nach einer Regel folgt. Da nun die Kausalität der Erscheinungen auf Zeitbedingungen beruht und der vorige Zustand, wenn er jederzeit gewesen wäre, auch keine Wirkung, die allererst in der Zeit entspringt, hervorgebracht hätte; so ist die Kausalität der Ursache dessen, was geschieht oder entsteht, auch entstanden, und bedarf nach dem Verstandesgrundsatze selbst wiederum eine Ursache.“ Es ist dies ein Gesetz der Möglichkeit der Erfahrung, wodurch das Feld der Erfahrung in einen „Inbegriff bloßer Natur“ verwandelt wird. Da aber so „keine absolute Totalität der Bedingungen im Kausalverhältnis“ heraus zu bekommen ist, so schafft sich die Vernunft die Idee von einer Spontaneität, einer zeitlosen Kausalität aus Freiheit (s. d.), die eine Bedingung der praktischen (sittlichen) Freiheit ist (vgl. Antinomie). Die Freiheit kann mit der Allgemeinheit (Ausnahmslosigkeit) der Naturkausalität durchaus zusammen bestehen, denn letztere gilt nur für die Welt als Erscheinung, nicht für das Ding an sich, das Noumenon (s. d.). Dieses ist samt seiner Kausalität außerhalb der Reihe möglicher Erfahrungen, innerhalb welcher strenge Naturnotwendigkeit besteht, KrV tr. Dial. 2. B. 2. H. 9. Abs. III (I 469 ff.—Rc 603 ff.) Man kann die Kausalität eines Wesens auf „zwei Seiten“ betrachten, als „intelligibel“ nach ihrer Handlung, als „sensibel“ nach ihren sinnlich erscheinenden Wirkungen („empirischer“ und „intellektueller“ Begriff der Kausalität). Wir können dem „transzendentalen Gegenstande“ (s. Objekt) eine Kausalität beilegen, die nicht Erscheinung ist, obgleich ihre Wirkung in der Erscheinung angetroffen wird. — Das Gesetz der Kausalität einer wirkenden Ursache, ohne welches sie gar nicht Ursache sein würde, ist deren „Charakter“, ibid. Möglichkeit der Kausalität... (I 473 ff.—Rc 607 ff.). Die Vernunft hat eine eigene (intelligible, nichtsinnliche) Kausalität, durch ihr „Sollen“ (s.d.) bestimmt sie das Handeln nach Ideen, Normen. Diese Kausalität „entsteht nicht“, ist zeitlos, ibid. Erläuterung der Kosmolog. Idee.. (I 479 ff.—Rc 614 ff.); vgl. Freiheit.
Das moralische Gesetz (s. d.) ist, ein „Gesetz der Kausalität durch Freiheit“, ein Prinzip der Deduktion (s. d.) derselben. Die Vernunft ist im Moralischen durch ihre Idee selbst „wirkende Ursache“, sie beeinflußt unmittelbar den Willen. Diese Kausalität kommt der Vernunft als Noumenon (s. d.), als zur intelligiblen Welt, gehörig zu. Durch diesen intellektuellen Begriff der Kausalität wird aber das Noumenon nicht theoretisch bestimmt, sondern dieser Begriff dient nur in „praktischer Absicht“, zum „praktischen Gebrauche“. „Die Bedeutung, die ihm die Vernunft durchs moralische Gesetz verschafft, ist lediglich praktisch, da nämlich die Idee des Gesetzes einer Kausalität (des Willens) selbst Kausalität hat oder ihr Bestimmungsgrund ist.“ Theoretisch betrachtet, bleibt der Begriff der Kausalität ein reiner Verstandesbegriff, „der auf Gegenstände angewandt werden kann, sie mögen sinnlich oder nicht sinnlich gegeben werden; wiewohl er im letzteren Falle keine bestimmte theoretische Bedeutung und Anwendung hat, sondern bloß ein formaler, aber doch wesentlicher Gedanke des Verstandes von einem Objekte überhaupt ist“, KpV 1. T. 1. B. 1. H. I Von der Deduktion... (II 62 ff.). Es läßt sich durch diese Kategorie (und die anderen) ein Objekt „denken“, obgleich nicht a priori bestimmen; der reine Verstand bezieht ihn so auf „Objekte überhaupt“. Ist auch die „Anwendung“ der Kategorie auf Gegenstände zum Behuf der theoretischen Erkenntnis durch die Anschauung bedingt, die bei Noumena fehlt, so bleibt doch die „objektive Realität des Begriffs“, der auch „von Noumenen gebraucht werden kann, aber ohne diesen Begriff theoretisch im mindesten bestimmen und dadurch eine Erkenntnis bewirken zu können“. Die objektive Realität eines reinen Willens oder einer reinen praktischen (d. h. wirksamen) Vernunft ist als ein „Faktum“ der Vernunft gegeben (vgl. Freiheit). „Im Begriffe eines Willens aber ist der Begriff der Kausalität schon enthalten, mithin in dem eines reinen Willens der Begriff einer Kausalität mit Freiheit, d. i. die nicht nach Naturgesetzen bestimmbar ... ist.“ „Nun ist der Begriff eines Wesens, das freien Willen hat, der Begriff einer causa noumenon.“ Dieser Begriff ist widerspruchsfrei, denn der Begriff einer Ursache, als gänzlich vom reinen Verstande entsprungen, ist insofern „von allen sinnlichen Bedingungen unabhängig, also für sich auf Phänomene nicht eingeschränkt“ und kann daher (praktisch) auf „Dinge als reine Verstandeswesen“ angewandt werden, wenn auch die „causa noumenon“ theoretisch ein „leerer“ Begriff ist. Sie hat „praktische Realität“, ibid. II Von dem Befugnisse ... (II 70 ff.). Vom Übersinnlichen gebraucht, bedeutet das Wort „Ursache“ „nur den Grund ..., die Kausalität der Naturdinge zu einer Wirkung, gemäß ihren eigenen Naturgesetzen, zugleich aber doch auch mit dem formalen Prinzip der Vernunftgesetze einhellig, zu bestimmen, wovon die Möglichkeit zwar nicht eingesehen, aber der Einwurf von einem vorgeblichen Widerspruch, der sich darin fände, hinreichend widerlegt werden kann“. Die Kausalität der Freiheit (s. d.) ist „die Kausalität einer jener untergeordneten Naturursache (des Subjekts als Mensch, folglich als Erscheinung betrachtet), von deren Bestimmung das Intelligible. welches unter der Freiheit gedacht wird, auf eine übrigens ... unerklärliche Art den Grund enthält“, KU Einl. IX u. 1. Anm. (II 33 f.). Gegen Eberhard ist zu betonen, daß das transzendentale Prinzip des Grundes (s. d.) und damit auch der Begriff der Kausalität nur in seiner objektiven Realität als gültig dargetan werden kann, indem er auf „Gegenstände der Sinne“ eingeschränkt und so der Bedingung unterworfen wird, welche die Kritik hinzufügt, „daß er nämlich noch einer Anschauung bedürfe, wodurch diese Realität allererst erweislich sei“, Üb. e. Entdeck. 1. Abs. A (V 3, 12 f.).
„Man hat eine zwiefache Regel der Kausalität; die eine, nach der man sich denkt, daß etwas geschieht, die andere, daß etwas geschehen sollte, wenn es gleich nicht geschieht. Die letzte ist die praktische Kausalität,“ Lose Bl. E 16. „Kausalität als Grund der Existenz kann auch vom Übersinnlichen gebraucht werden ..., weil sie bloß auf synthetische Einheit (hier des Verhältnisses) geht, aber nicht die Art bestimmt, wie ein solcher in der Erfahrung gegeben werde, z. B. nicht als dasjenige, worauf notwendig etwas anderes folgt. Ob so was möglich sei oder nicht, wird theoretisch nicht ausgemacht, sondern nur praktisch angenommen“, N 6331. Gilt nicht das Prinzip des Realgrundes „als Antizipation, weil ohne Regel wir auch keine Erfahrungen haben würden, diese Regel aber in der Ordnung der Zeit und des Raumes nach allgemeinen Gesetzen besteht?“ N 5209. Als solche Antizipation, „mithin mit den Bedingungen der Sinnlichkeit“, ist das Prinzip objektiv, denn „in der Zeit ist immer etwas Vorhergehendes“, N 5189; vgl. 5193 ff., 3525. Ohne Voraussetzung dieses Prinzips ist es nicht möglich, „den Dingen ihre Stelle in der Zeit zu bestimmen“, N 5202. „Der Begriff der Ursache gilt nur von Gegenständen der Erfahrung“, N 6413. „In der intelligiblen Welt geschieht und verändert sich nichts, und da fällt die Regel der Kausalverbindung weg“, N 5612. Vgl. Grund, Gesetz, Regel, Charakter, Übersinnlich, Noumenon, Wille, Wirkung, Wechselwirkung, Dinge an sich, Affektion, Harmonie, Einfluß, Zweck, Antinomien.