Rasse
Rasse. Die Ursache der klimatischen Verschiedenheiten der Menschen ist (wie nach Herder) ein „innerlich nach Verschiedenheit der äußeren Umstände sich selbst diesen angemessen modifizierendes Lebensprinzip“, aber so, daß, wenn diese Ursache nur auf gewisse Zahl und Grade von Verschiedenheiten eingeschränkt wäre, man diese Naturbestimmung auch wohl „Keime oder ursprüngliche Anlagen“ nennen könnte, Rezension von Herders „Ideen“ III (VI 42 f.). Alle Menschen gehören zu einer und derselben Naturgattung (vgl. Gattung), sie gehören also zu einem einzigen Stamme, aus dem sie trotz ihrer Verschiedenheit alle entsprungen sind oder doch wenigstens haben entspringen können. „Im ersteren Falle gehören die Menschen nicht bloß zu einer und derselben Gattung, sondern auch zu einer Familie; im zweiten sind sie einander ähnlich, aber nicht verwandt, und es müßten viel Lokalschöpfungen angenommen werden; eine Meinung, welche die Zahl der Ursachen ohne Not vervielfältigt.“ Eine solche Tiergattung enthält unter sich nicht verschiedene Arten (den diese bedeuten die Verschiedenheiten der Abstammung), sondern bloß „Abartungen“ (s. d.), d. h. erbliche Abweichungen. Diese sind „Nachartungen“, „wenn sie mit ihrer Abkunft einstimmig sind“, sonst aber „Ausartungen“. „Unter den Abartungen, d. i. den erblichen Verschiedenheiten der Tiere, die zu einem einzigen Stamm gehören, heißen diejenigen, welche sich sowohl bei allen Verpflanzungen (Versetzungen in andere Landstriche) in langen Zeugungen unter sich beständig erhalten, als auch in der Vermischung mit anderen Abartungen desselbigen Stammes jederzeit halbschlächtige Junge zeugen, Rassen.“ Die „Spielarten“ sind Abartungen, die nicht notwendig halbschlächtig zeugen (bastardieren), die „Varietäten“ jene, welche „oft und beständig nacharten“. So sind z. B. Neger und Weiße zwei Rassen des Menschen, hingegen Blonde und Brünette nicht, sondern bisweilen Spielarten der Weißen. Die „Abartung, welche mit anderen zwar halbschlächtig erzeugt, aber durch die Verpflanzung nach und nach erlischt“, ist ein besonderer „Schlag“. Ein solcher erblicher Schlag ist das Produkt von Bodenbeschaffenheit (Feuchtigkeit und Trockenheit) und Nahrung. Durch „sorgfältige Aussonderung der ausartenden Geburten von den einschlagenden“ läßt sich ein dauerhafter Familienschlag errichten, Über die Rassen der Menschen I (VIII 80 f.). — Man braucht nur vier (Grund-)Rassen der Menschen anzunehmen: Weiße, Neger, hunnische (mongolische oder kalmückische) und hinduische (oder hindostanische) Rasse Durch Vermischung von Rassen entstehen „vermischte“ Rassen, während die „angehenden“ Rassen solche sind, die in dem Klima noch nicht lange genug gewohnt haben, um den Charakter der Rasse derselben völlig anzunehmen, ibid. II (VIII 82 f.). — Luft und Sonne sind Ursachen, welche die Zeugungskraft innigst beeinflussen und eine „dauerhafte Entwicklung der Keime und Anlagen hervorbringen, die eine Rasse gründen können“, ibid. III (VIII 87); vgl. Entwicklung. Hat eine Rasse einmal Wurzel gefaßt, so widersteht sie (auch in einem andern Milieu) aller Umformung in eine andere Rasse, ibid. IV (VIII 94).
Der Begriff einer Rasse ist „der Klassenunterschied der Tiere eines und desselben Stammes, sofern er unausbleiblich erblich ist“, Bestimmung des Begriffs einer Menschenrasse, VI (VIII 121). In dem „ersten und gemeinschaftlichen Menschenstamm“ waren „auf die jetzt vorhandenen Rassenunterschiede ganz eigentlich angelegte Keime“, ibid. Anmerk. (VIII 123). „Die unausbleibliche Anartung beiderseitiger Eigentümlichkeiten der Eltern ist also der einzig wahre und zugleich hinreichende Probierstein der Verschiedenheit der Rassen, wozu sie gehören, und ein Beweis der Einheit des Stamms, woraus sie entsprungen sind: nämlich der in diesen Stamm gelegten, sich in der Folge der Zeugungen entwickelnden ursprünglichen Keime, ohne welche jene erblichen Mannigfaltigkeiten nicht würden entstanden sein, und vornehmlich nicht hätten notwendig erblich werden können“, ibid. (VIII 123 f.). Der Begriff „Rasse“ ist „in der Vernunft“ eines jeden Naturbeobachters wohl gegründet, „der zu einer sich vererbenden Eigentümlichkeit verschiedener vermischt zeugender Tiere, die nicht in dem Begriffe ihrer Gattung liegt, eine Gemeinschaft der Ursache, und zwar einer in dem Stamme der Gattung selbst ursprünglich gelegenen Ursache denkt“. In der Naturbeschreibung kommt an Stelle der Rasse die „Varietät“ vor. Rasse ist durch „Abartung“ (progenies classifica) zu übersetzen, um sie von der „Ausartung“ (degeneratio s. progenies specifica) zu unterscheiden, die man wegen des Gesetzes der Erhaltung der Arten nicht einräumen kann, Gebrauch teleolog. Prinzipien (VIII 135 f.). Die Menschengattung gliedert sich (genetisch) in: Stamm (oder Stämme), Rasse (Abartung), Menschenschlag (varietas nativa). Durch Beobachtungen unter der Leitung von teleologischen Prinzipien der Forschung ist diese Verwandtschaft in der Menschengattung aufzufinden, ibid. (VIII 136 f.). In den Nachkommen des ersten Menschenpaares war noch die ganze ursprüngliche Anlage für alle künftigen Abartungen ungeschieden. Sie paßten daher (potentiell) zu allen Klimaten; je nach dem Klima entwickelte sich (unter dessen Einfluß) der zu ihm passende Keim. „Die Entwicklung der Anlagen richtet sich nach den Örtern.“ Das nicht passende Verhältnis der schon befestigten Rassen zu einem neuen Klima hielt die Bewohner des alten von selbst davon ab, hinzuwandern, ibid. (VIII 146 f.). Es ist als wahrscheinlich anzusehen, „daß die Vermischung der Stämme (bei großen Eroberungen), welche nach und nach die Charaktere auslöscht, dem Menschengeschlecht alles vorgeblichen Philanthropismus ungeachtet nicht zuträglich sei“, Anthr. 2. T. C (IV 273). Die Menschengattung als „eine Species vernünftiger Erdenwesen“ ist eine „Rasse“, ibid. E Grundzüge... (IV 288). Die Verschiedenheit der Hautfarbe ist durch das Klima beeinflußt, Phys. Geographie 2. T. 1. Abs. § 3 (IX 195). „In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“ Das Klima beeinflußt auch den Charakter, die Gemütsart der Menschen. Klima und Milieu lassen die Arten abändern, ibid. § 4 (IX 197 ff.). Vgl. Mensch.