Welt
Welt. Metaphysisch betrachtet, ist es möglich, „daß Gott viel Millionen Welten erschaffen habe“. Es kann eine Welt von Dingen geben, die mit den übrigen Welten nicht verbunden ist und daher eine Welt für sich bedeutet, V. d. wahren Schätzung der leb. Kräfte § 8 (VII 22 f.). Die Bedingung, unter der es wahrscheinlich ist, daß es viele Welten gibt, ist die Möglichkeit von vielerlei Arten des Raumes (s. d.). Das bloße Dasein der Substanzen schließt noch nicht die Verknüpfung mit anderen ein; der Ort und die Lage und der aus solchen Verhältnissen sich bildende Raum ist dadurch noch nicht bestimmt Weil die Verknüpfung der Substanzen in der Idee des göttlichen Verstandes ganz von Gottes Belieben abhängt, „so folgt, daß die Substanzen unter der Bedingung bestehen können, daß sie an gar keinem Orte sind und in gar keiner Beziehung auf die Dinge unserer Welt“. „Weil es solcher Substanzen, die aus der Verbindung mit unserer Welt gelöst sind, nach göttlichem Belieben mehrere geben kann, welche nichtsdestoweniger durch eine Art Zusammenhang ihrer Bestimmungen miteinander verbunden sind und dadurch Ort, Lage und Raum hervorbringen: so werden sie eine Welt bilden, die von der Welt, deren Teil wir sind, losgelöst ist, d. h. eine Welt für sich. Deshalb ist es keine Unmöglichkeit, daß in dieser Weise mehrere Welten auch in metaphysischem Sinne bestehen könnten, wenn es Gott so beliebt“, N. diluc. Propos. 13 Usus (V 1, 48 f.). „Die Welt ist nicht ein Akzidens der Gottheit, weil in ihr Widerstreit, Mängel, Veränderlichkeit, alles Gegenteile der Bestimmungen einer Gottheit angetroffen werden.“ Die Welt hat in Gott ihren Grund, sie ist von ihm abhängig, Beweisgr. Gottes 1. Abt. Beschluß (VI 42 f.); vgl. Gegensatz, Negation, Ontologisch. „Wie bei einer zusammengesetzten Substanz die Zergliederung nur bei einem Teile, der kein Ganzes ist, d. h. bei dem Einfachen endigt, so endet die Verbindung erst bei einem Ganzen, das kein Teil ist, d. h. bei der Welt“, Mund, sens. § 1 (V 2, 89). Da der Fortgang von den Teilen zu dem gegebenen Ganzen keine Grenze hat, so kann nach den Gesetzen der Anschauung das Zusammengesetzte der Totalität nach nicht vollständig hergestellt werden. Es ist eben der rein verstandesmäßig auszuführende Regreß ins Unendliche nicht in Anschauungen verwandelbar; das Unendliche ist den Gesetzen der anschaulichen Erkenntnis nicht gemäß, widerstreitet aber nicht den Gesetzen des Verstandes und der Vernunft, ibid. (V 2, 90 ff.); vgl. Ganzes. Eine Welt gibt es durch eine Verknüpfung von Substanzen, welche die „wesentliche Form der Welt bildet“, als das „Prinzip der möglichen Einflüsse der die Welt bildenden Substanzen“, ibid. § 2 (V 2, 93). Dieses Prinzip ist die Voraussetzung der Wechselwirkung (s. d.) der Dinge. Deshalb ist diese „der Welt wesentliche Form“ unveränderlich, und die Welt bewahrt im Wechsel ihrer Zustände „dieselbe Grundform“, ibid. (V 2, 94). „Mehrere wirkliche außereinander befindliche Welten sind ... nicht vermöge ihres bloßen Begriffes unmöglich ..., sondern allein unter der Bedingung, daß nur eine einzige notwendige Ursache für alle besteht“, ibid. § 21 (V 2, 118).
Die unbedingte Totalität, worauf der „Begriff des Weltganzen“ beruht, ist nur eine (transzendentale) Idee, KrV tr. Dial. 2. B. 2. H. am Anfang (I 374—Rc 498 f.). Vgl. Weltbegriff, Antinomie. „Welt“ ist „der Inbegriff aller Erscheinungen“. Im transzendentalen Sinne ist Welt „die absolute Totalität des Inbegriffes existierender Dinge“. Welt ist „das mathematische Ganze aller Erscheinungen und die Totalität ihrer Synthesis, im Großen sowohl als im Kleinen, d. i. sowohl in dem Fortschritt derselben durch Zusammensetzung als durch Teilung“, ibid. 2. H. 1. Abs. (I 382 f.—Rc 507 f.). Die „intelligible“ Welt (mundus intelligibilis) ist„nichts als der allgemeine Begriff einer Welt überhaupt, in welchem man von allen Bedingungen der Anschauung derselben abstrahiert und in Ansehung dessen folglich gar kein synthetischer Satz weder bejahend noch verneinend möglich ist“, ibid. 2. Abs. 1. Widerstreit, Anmerk. z. Antithesis (I 395—Rc 521). Die Welt (der Erscheinungen) ist weder unendlich (s. d.) noch endlich in Raum und Zeit, da sie kein Ding an sich ist, sondern erst und nur in dem eine „Reihe“ schaffenden „Regreß“ von Bedingungen zu Bedingungen gegeben ist, also nicht unabhängig von der regressiven Reihe der Vorstellungen existiert. Wir können nur sagen: „die Welt hat keinen Anfang der Zeit und keine äußerste Grenze dem Raume nach“, KV tr. Dial. 2. B. 2. H. 7. Abs. (I 449—Rc 582). Vgl. Reihe, Antinomie. — Die Welt ist auch als „ein nach Zwecken zusammenhängendes Ganze“, ein „System von Endursachen“ anzusehen, KU § 86 (II 314); vgl. Endzweck. „Setzt einen Menschen, der das moralische Gesetz verehrt und sich den Gedanken beifallen läßt ..., welche Welt er wohl durch die praktische Vernunft geleitet erschaffen würde, wenn es in seinem Vermögen wäre, und zwar so, daß er sich selbst als Glied in dieselbe hineinsetzte, so würde er sie nicht allein gerade so wählen, als es jene moralische Idee vom höchsten Gut mit sich bringt, wenn ihm bloß die Wahl überlassen wäre, sondern er würde auch wollen, daß eine Welt überhaupt existiere, weil das moralische Gesetz will, daß das höchste durch uns mögliche Gut bewirkt werde“, Rel. Vorr. z. 1. A. (IV 4).
„Das Universum als Sinnengegenstand ist ein System von Kräften einer Materie, die einander äußerlich objektiv im Raume durch Bewegung, und innerlich subjektiv durch Empfindung der Substanzen mit Bewußtsein, d. i. als Gegenstände der Wahrnehmung, affizieren“, Altpreuß. Mth. XIX 594; vgl. XXI 327 f., N 4085, 4324 ff., 5940 ff.; Vorles. über Metaphys. S. 81 ff. Vgl. Weltkörper, Unendlichkeit, Kosmologische Ideen, Kosmologischer Gottesbeweis.