Reiner Wille
Wille, reiner. Die „Metaphysik der Sitten“ hat es mit einer besonderen Art des Willens zu tun, der „ohne alle empirische Bewegungsgründe völlig aus Prinzipien a priori bestimmt“ wird und den man einen „reinen Willen“ nennen könnte, analog dem „reinen Denken“, d. h. demjenigen, wodurch Gegenstände völlig a priori erkannt werden. Die Metaphysik der Sitten soll „die Idee und die Prinzipien eines möglichen reinen Willens untersuchen und nicht die Handlungen und Bedingungen des menschlichen Wollens überhaupt, welche größtenteils aus der Psychologie geschöpft werden“, GMS Vorr. (III 7). Der reine, für sich selbst praktische Wille gehört zur „intelligiblen Welt“, ibid. 3. Abs. (III 83). „Wir können uns reiner praktischer Gesetze bewußt werden, ebenso wie wir uns reiner theoretischer Grundsätze bewußt sind, indem wir auf die Notwendigkeit, womit sie uns die Vernunft vorschreibt, und auf Absonderung aller empirischen Bedingungen, dazu uns jene hinweist, achthaben. Der Begriff eines reinen Willens entspringt aus der ersteren, wie das Bewußtsein eines reinen Verstandes aus dem letzteren“, KpV 1. T. 1. B. 1. H. § 6 (II 38). Der reine Wille ist die Vernunft, sofern sie a priori praktisch ist, ibid. § 7 Anmerk. (II 41 f.). Die objektive Realität eines solchen Willens ist „im moralischen Gesetze a priori gleichsam durch ein Faktum gegeben“. Der Begriff eines reinen Willens enthält den Begriff einer „Kausalität mit Freiheit“, einer „causa noumenon“, ibid. 1. H. II (II 72 f.); vgl. 2. H. (II 81). Seinen Gegensatz bildet der „pathologisch affizierte“ (durch Sinnlichkeit, Neigung bestimmte) Wille, ibid. 1. T. 1. B. 1. H. § 1 Anmerk. (II 23). Nur der göttliche Wille ist ein „heiliger“ Wille, ibid. § 7 Anmerk. (II 42).