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Musik

Musik. Die Musik gehört zur Kunst des „schönen Spiels der Empfindungen“. Sie ist das „künstliche Spiel der Empfindungen des Gehörs“. Man kann nicht mit Gewißheit sagen, ob ein Ton oder Klang bloß eine angenehme Empfindung oder schon „ein schönes Spiel von Empfindungen“ ist, das als solches schon „ein Wohlgefallen an der Form in der ästhetischen Beurteilung“ bei sich führt. Letzteres ist gut möglich; Musik wäre dann das „schöne Spiel der Empfindungen“ (durch das Gehör) und als solche eine „schöne“, son? aber nur eine „angenehme“ Kunst, KU § 51 (II 180 ff.). Schön sind Töne und Farben nur, soweit sie „rein“ sind, eine Bestimmung, die schon die Form betrifft. Nimmt man an, daß das Gemüt nicht bloß durch den Sinn die Wirkung von Tönen und Farben auf die Belebung des Organs wahrnimmt, sondern auch „durch die Reflexion das regelmäßige Spiel der Eindrücke (mithin die Form in der Verbindung verschiedener Vorstellungen)“ so würden Farbe und Ton „nicht bloße Empfindungen, sondern schon formale Bestimmung der Einheit eines Mannigfaltigen derselben“ sein und dann auch für sich zu Schönheiten gezählt werden können, ibid. § 14 (II 63 f.). Sofern es sich um „Reiz und Bewegung des Gemüts“ handelt, kommt der Dichtkunst (s. d.) die Tonkunst am nächsten. Obzwar sie durch „lauter Empfindungen ohne Begriffe“ spricht, so bewegt sie doch das Gemüt inniglich, ist aber freilich „mehr Genuß als Kultur“ und hat, durch die Vernunft beurteilt, weniger Wert als jede andere Kunst. Als Genuß verlangt sie öfteren Wechsel, sonst erzeugt sie leicht Überdruß. Ihr Reiz beruht wohl darauf, „daß jeder Ausdruck der Sprache im Zusammenhang einen Ton hat, der dem Sinne desselben angemessen ist; daß dieser Ton mehr oder weniger einen Affekt des Sprechenden bezeichnet und gegenseitig auch im Hörenden hervorbringt, der denn in diesem umgekehrt auch die Idee erregt, die in der Sprache mit solchem Tone ausgedrückt wird; und daß, so wie die Modulation gleichsam eine allgemeine jedem Menschen verständliche Sprache der Empfindungen ist, die Tonkunst diese für sich allein in ihrem ganzen Nachdrucke, nämlich als Sprache der Affekte ausübt, und so nach dem Gesetze der Assoziation die damit natürlicherweise verbundenen ästhetischen Ideen allgemein mitteilt, daß aber, weil jene ästhetischen Ideen keine Begriffe und bestimmte Gedanken sind, die Form der Zusammensetzung dieser Empfindungen (Harmonie und Melodie) nur, statt der Form der Sprache, dazu dient, vermittelst einer proportionierten Stimmung derselben ... die ästhetische Idee eines zusammenhängenden Ganzen einer unnennbaren Gedankenfülle, einem gewissen Thema gemäß, welches den in dem Stücke herrschenden Affekt ausmacht, auszudrücken“. An dieser mathematischen Form hängt allein das Wohlgefallen; die Mathematik ist aber nur die unumgängliche Bedingung „derjenigen Proportion der Eindrücke, in ihrer Verbindung sowohl als ihrem Wechsel, wodurch es möglich wird, sie zusammenzufassen und zu verhindern, daß diese einander nicht zerstören, sondern zu einer kontinuierlichen Bewegung und Belebung des Gemüts durch damit konsonierende Affekte und hiermit zu einem behaglichen Selbstgenusse zusammenstimmen“. Schätzt man den Wert der schönen Künste nach der Kultur, die sie dem Gemüt verschaffen, und nimmt man die Erweiterung der Vermögen, welche in der Urteilskraft zur Erkenntnis zusammenkommen müssen, zum Maßstab, so nimmt die Musik den untersten Rang unter den schönen Künsten ein. Sie geht „von Empfindungen zu unbestimmten Ideen“ und ist nur „von transitorischem Eindrucke“. Wird die Musik unwillkürlich von der Einbildungskraft wiederholt, so wird sie uns „eher lästig als angenehm“. „Außerdem hängt der Musik ein gewisser Mangel der Urbanität an, daß sie ... ihren Einfluß weiter, als man ihn verlangt (auf die Nachbarschaft), ausbreitet und so sich gleichsam aufdringt, mithin der Freiheit anderer, außer der musikalischen Gesellschaft, Abbruch tut“, ibid. § 53 (II 185 ff.). — Die Belebung durch die Musik ist bloß körperlich, obwohl sie von Ideen des Gemüts erregt wird, ibid. § 54 (II 189 f.). Die Musik belebt und stärkt den Vitalsinn. Sie ist eine „Sprache bloßer Empfindungen“, eine „Mitteilung der Gefühle in die Ferne“, Anthr. 1. T. § 18 (IV 49 f.).