Subjektiv
Subjektiv. Subjektiv ist, was sich auf das Subjekt (s. d.) bezieht oder dem Subjekt angehört, aus ihm entspringt, in ihm seinen Grund hat. Subjektiv im psychologischen Sinne ist, was von der besonderen Organisation des erlebenden Subjekts abhängt, wie die Empfindung (s. d.) Und das (sinnliche) Gefühl und Streben. Im kritisch-transzendentalen Sinne ist subjektiv, was abbhängig ist von den Funktionen des erkennenden Subjekts überhaupt, was durch die Gesetzlichkeit desselben, der Erkenntnisfunktionen (Sinnlichkeit, Verstand, Vernunft) desselben bedingt ist, also nicht an sich, ohne Bezug auf sie, so ist, wie es sich darstellt. Dieses Subjektive der Erkenntnis ist zugleich objektiv (s. d.), als allgemeine und notwendige Bestimmtheit der Gegenstände der Erfahrung (Phänomene), als für diese geltend, sie konstituierend, bestimmend, in einer für jedes Subjekt gleichen Weise, unabhängig von der Organisation desselben (so Raum, Zeit, die Kategorien; s. d.). Rein s. ist das Gefühl (s. d.).
Die Zeit ist „nichts Objektives und Reales“, „weder eine Substanz, noch ein Akzidenz noch ein Verhältnis“, sondern „eine subjektive“, d. h. „durch die Natur des menschlichen Geistes notwendige Bedingung“, „wonach alles Sinnliche nach einem bestimmten Gesetze einander beigeordnet wird“ Mund. sens. § 14 (V 2, 107). Der Raum ist ebenfalls „etwas Subjektives und Ideales“, „was aus der Natur des Geistes nach einem festen Gesetz hervorgeht“, „gleichsam ein Schema, um alles überhaupt äußerlich Wahrgenommene zu ordnen“, ibid. § 15 (V 2, 111). Die Apriorität der Anschauungsformen (s. d.) ist nur zu begreifen aus ihrer „Subjektivität“ im Sinne des Wurzeins dieser Form im Subjekt (in der Sinnlichkeit als einem Erkenntnisvermögen, als die Art und Weise, wie dieses auf Eindrücke reagiert). KrV tr. Ästh. § 3 (I 81 ff.—Rc 98 ff.). Der Raum als Anschauungsform hat „empirische Realität“, aber „transzendentale Idealität“ (s. d.) und ist insofern (wie die Zeit) „subjektiv“, trotzdem er „objektive Gültigkeit“ hat, d. h. allgemein und für alle Objekte als Erscheinungen gilt. Diese Allgemeingültigkeit ermöglicht die synthetischen Sätze a priori der Mathematik (s. d.) und mathematischen Naturwissenschaft. Hingegen gehören die Sinnesqualitäten (die Empfindungen der Farben, Töne usw.) zum „Subjektiven“ im engeren Sinne, d. h. zu besonderen Organisationen der Menschen; sie können daher bei verschiedenen Menschen verschieden sein, eignen sich also nicht zu allgemeingültigen („objektiven“) Bestimmungen der Dinge, ibid. (I 84 f.—Rc 101 f.).
Die ästhetische (s. d.) Beschaffenheit der Vorstellung eines Objekts ist, das, was an ihr „bloß subjektiv“ ist, d. h. was „ihre Beziehung auf das Subjekt, nicht auf den Gegenstand“ ausmacht. In der „Sinnenvorstellung“ der Dinge außer uns ist die Raumform das „bloß Subjektive meiner Vorstellung derselben (wodurch, was sie als Objekte an sich sein mögen, unausgemacht bleibt)“. Der Raum ist aber doch ein „Erkenntnisstück der Dinge als Erscheinungen“. Empfindung (s. d.) „drückt ebenfalls das bloß Subjektive unserer Vorstellungen der Dinge außer uns aus, aber eigentlich das Materielle (Reale) derselben (wodurch etwas Existierendes gegeben wird)“. Dasjenige Subjektive an einer Vorstellung, das „gar kein Erkenntnisstück werden kann“, ist das mit ihr verbundene Gefühl (s. d.) der Lust und Unlust, durch das nichts an dem Gegenstande erkannt wird, obgleich es die Wirkung einer Erkenntnis sein kann, KU Einl. VII (II 26). Bedingung des Gebrauchs der Urteilskraft ist „dasjenige Subjektive, welches man in allen Menschen (als zum möglichen Erkenntnisse überhaupt erforderlich) voraussetzen kann“, weil sonst Menschen sich ihre Vorstellungen und Erkenntnis „nicht mitteilen könnten“, ibid. § 38 (II 140 f.): vgl. Gemeinsinn, Stimmung, Geschmacksurteil.
Aller Wahrnehmung geht vorher und macht Anschauung a priori möglich „die Naturbeschaffenheit des Subjekts, welches einer anschaulichen Vorstellung des Gegenstandes fähig ist“, d. h. das „Subjektive in der formalen Beschaffenheit des Sinnes als der Empfänglichkeit für die Anschauung eines Gegenstandes“, Fortschr. d. Metaph. 1. Abt. Gesch. der Transzendentalphilosophie (V 3, 92). In Raum und Zeit bekundet sich die „bloß formale und subjektive Bedingung der Sinnlichkeit“, unter welcher wir gegebene Gegenstände a priori anschauen (ibid.). Dieses „Subjektive“ läßt eine „sichere und demonstrable Wissenschaft“ zu. Hingegen bleibt das Subjektive der Empfindung (s. d.) „bloß subjektiv“, es gewährt „keine Erkenntnis des Objekts, mithin keine für jedermann gültige Vorstellung in der empirischen Anschauung“, keine „Data zu Erkenntnissen a priori“. Das Subjektive der Form der Sinnlichkeit aber, welches „a priori aller Anschauung der Objekte zum Grunde liegt“, macht es uns möglich, „a priori von Objekten eine Erkenntnis zu haben, wie sie uns erscheinen“. Dieses „Subjektive ist die Vorstellungsart ..., die davon, wie unser Sinn von Gegenständen, den äußeren oder den inneren (d. i. von uns selbst), affiziert wird“, ibid. (V 3, 94 f.). Vgl. Idealität, Erscheinung, Objekt, Objektiv, Sinnlichkeit, Regel, Idee, Glaube, Geschmacksurteil, Gefühl, Erfahrungsurteil, Urteilskraft, Zweck.