Cäsarismus
Cäsarismus ist ein von dem 1855 verstorbenen Franzosen Auguste Romieu geprägtes Schlagwort für die aus demokratischer Grundlage beruhende absolute Monarchie, wie sie ihm in charakteristischer Modernisierung unter Napoleon III. entgegentrat. Sehr anschaulich belehrt darüber Bamberger 3, 333: „Der Begriff des Cäsarismus, wie er heute von Hand zu Hand geht ist erst mit den Anzeichen des zweiten französischen Kaisertums in die Welt gekommen.
Romieu mit seinem Buch „Die Ära der Cäsaren“ gab den ersten Anstoß dazu … Mit seinem Buch „Das rote Gespenst“ (ersch. 1851!) hatte er das Bürgertum in Schrecken gejagt und dann die Ära der Cäsaren draufgesetzt, als Rat und Rettung, wie man sich dem aufgeklärten Despotismus in die Arme werfen müsse. Dem Parlamentarismus entfliehen, weil er den Kommunismus im Gefolge habe, und in die Hände Cäsars abdanken, das war der Grundgedanke.“ Dann erläutert er S. 334 weiter: „Gänzlich ausgebaut wurde die Lehre unter ihrem Namen zu guter Letzt, als Napoleon III. den eigentlichen Cäsarenspiegel herausgab, in welchem er sich zugleich als das Werkzeug der Vorsehung und den Nachfolger im Geiste des großen Juliers verkündigt. Der Grundbegriff des Cäsarismus, wie er uns hier aus seinem allmählichen Werden klar wird, ist die Zuspitzung der Volksherrschaft in das persönliche Regiment des Genies, die Erfüllung der Revolution in dem Bund zwischen dem demokratischen Feldherrn und dem hungernden Proletariat, die Beseitigung der Mittelklassen, welche bis dahin die Tradition von Recht, Freiheit und Sitte in ihrem Schoß gehegt hatten. Eine gewisse Frivolität — wie ein gewisser demagogischer Ursprung und sozialistischer Beigeschmack — war vom Urvater her stets dem Begriff des Cäsarismus leise beigemischt.“
Das neue Schlagwort (le césarisme) wird ziemlich gleichzeitig ins Englische (vergl. Murray 2, 17 unter Caesarism) und Deutsche übernommen. Der Kladd. 1857, 5 (am 11. Jan.) schreibt z. B.: „Verzweifeln wir deshalb noch nicht, wenn wir den natürlichen Sohn des Jahres 18†††, den Cäsarismus überall anklopfen hören und bei allen Toren Europas seine Visitenkarte abgeben sehen.“
Lauten Widerhall fand dann das Schlagwort besonders im Jahre 1866, als man damit die befürchtete preußische Mititärtyrannis bekämpfte. Bamberger nennt dieses Schreckwort das letzte Argument der Kleinstaaterei und wendet sich vor allem gegen den von der süddeutschen Demokratie damit getriebenen Missbrauch. So bezeugt er 3, 328 (1866): „Ein jeglicher spricht jetzt von Cäsarismus, und Gott weiß, was viele Tausend sich Alles darunter denken mögen.“ Und S. 335 fasst er zusammen: „Wenn wir aber solches Gewicht darauf legen, nachzuweisen, dass es nur auf Leichtsinn oder Kriegslist beruhen kann, die Furcht vor dem Cäsarismus mit der Furcht vor dem Preußentum zu vermengen, so handelt es sich um etwas ganz Anderes, als um einen Wortstreit.“ Denn der Cäsarismus sei eine Rückbildung, der alte, harte und unliebenswürdige Militärstaat Preußens dagegen bedeute einen Weg nach vorwärts und auswärts. Vergl. 4, 187 (1870) die Verwendung des Ausdrucks im Hinblick aus das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma.
Vom jüdischen Cäsarismus speziell spricht Marr, Der Sieg des Judentums (1879) S. 42 und 44: „Der jüdische Cäsarismus ist nur — eine Zeitfrage.“ so hat sich der Inhalt des Wortes allmählich erweitert in dem Sinne, den Lagarde 5. 111 (1881) angibt: „Nichts bereitet dem höflicher Cäsarismus genannten Despotismus sicherer und bequemer den Weg als das Parteiwesen.“ Siehe auch Sanders, Fremdw. 1, 184.