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Internationale

Internationale, die Abkürzung für den am 28. Sept. 1864 in St. Martins Hall zu London gegründeten internationalen Arbeiterbund (The working mens international association) wurde anscheinend noch in den sechziger Jahren zum Schlagwort von der roten Internationale spezialisiert, das in den staatserhaltenden Parteien längere Zeit die Vorstellung von einer gefährlichen Weltverschwörung wachrief und jedenfalls mit dem Makel der Vaterlandslosigkeit behaftet war. Nach diesem Muster wurde im Jahre 1873 für die entsprechenden jesuitischen Bestrebungen das parallele Schlagwort von der schwarzen Internationale gebildet. Vgl. Grenzboten 1873, 2. Sem. 2, 119: „Wenn du ferner den preußischen Militarismus als Schreckbild anführst, so gestehe ich dir, dass ich ihn selbst dafür halte, wenn auch nicht den armen betörten und verblendeten Völkern, so doch der roten wie der schwarzen Internationale gegenüber. Und, Gott lob! dass ers ist.“ Ebenda wird S. 159 gegen die Kreuzzeitung gezielt, „die bekanntlich das reizende Bündnis der „Quitzows“ mit der roten und schwarzen Internationale repräsentiert“.

Die goldene Internationale ist nach Büchmann S. 662 der Titel einer 1876 veröffentlichten Broschüre Karl Witmanns und bezeichnet speziell die jüdische Hochfinanz. Diese Neubilduug verspottet Gutzkow, Die neuen Serapionsbrüder 3, 251 (1877). Siehe auch den Ausfall bei W. Marr, Der Sieg des Judentums (1879) S. 44 f.: „Die goldene Internationale kennt eben so wenig ein Vaterland, wie die schwarze und rote.“

Damit ist das Farbenspiel noch nicht zu Ende. Als nächste Variante habe ich aus Lagarde S. 399 (1881): Die graue Internationale nachgewiesen. Er versteht darunter den Liberalismus und bemerkt darüber: „Von der schwarzen, der roten, der goldenen Internationale redet alle Welt: die graue Internationale läuft noch immer unter dem Namen Liberalismus um. Mir scheint es an der Zeit sie in ihre Rechte einzusetzen.“

Die jüngste Variante stellt die grüne Internationale dar, ein Schlagwort, das der Führer der deutschen Agrarier, Herr v. Plötz, auf dem internationalen landwirtschaftlichen Kongreß zu Budapest im Sept. 1896 prägte für den großen Interessenverband zur Hebung der Landwirtschaft. Doch ist es beachtenswert, dass der Schöpfer dieses Schlagwortes ausdrücklich den nationalen Charakter dieser grünen Internationale betonte. Darüber belehrt ein eingehender Artikel unter diesem Stichwort in Der Zeit 10, 19 ff. (1897). Vgl. außerdem Büchmann S. 663 und Gombert, ZfdW. 7, 60 und 145. Geringere Resonanz haben die sonst noch auftauchenden Spielarten bez. Parallelen: „Jüdische Internationale“ (alliance Israélite) bei Lagarde S. 329 (1881) oder „agrarische Internationale“ bei H. v. Gerlach in der Nation 22, 468 (1905) usw.