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Ein Katzenbuch

Da ist ein entzückendes kleines Buch erschienen, zu dem man einmal aus ganzem Herzen Ja sagen kann. ›Katzen‹ von Axel Eggebrecht (bei Herbert Stuffer in Berlin erschienen). Es ist das höchste Kompliment, das ich dem Verfasser machen kann, wenn ich es ganz nahe an Alfred Polgar heranrücke. Laßt uns sehen.

Die Morallosigkeit und die Sinnlosigkeit der Katze; ihre Ungreifbarkeit und substanzlose Körperlichkeit, die leisen Funken, die dauernd aus den Pelzen sprühen und dann noch das andre … das nicht Nennbare … : solches ist in diesem Büchlein, das übrigens sehr reizvoll ausgestattet ist, eingefangen. »Sie gleitet«, steht da zu lesen, »sie gleitet zwischen den Fugen unsres undichten Lebens hindurch« – das ist gut. Jedes Stück der kleinen Sammlung ist eine Kostbarkeit: der witzige historische Abriß, wie hübsch ist die Langeweile umgangen, die bei einem Kapitel ›Die Katze von Karl dem Großen bis auf die Gegenwart‹ herandroht! Katze und Kind – Katze und Blumen: diese Seite 79, fünfzehn Zeilen lang, ist eine echte kleine Perle. Eine sehr schöne Katzengeschichte sowie die Katze in der Menschenschlächterei des Krieges – welche Fülle von bildkräftigen Sätzen! Die Katze im Film … die Katze und das Wasser – das ist so rein, so unverbildet, und doch gebildet, so neu, es glänzt vor Neuheit und Frische. Die Katze und ihr Traum (Karl Valentin hat einmal gesagt: »Was die Tiere träumen, das werden wir nie wissen. Sie können es nicht sagen. Nur der Papagei … «). Und nur ein einziges Kapitel hätte ich noch stärker, noch tiefer, noch böser gehabt. Es ist das über ›Grausames Spiel‹.

Ja, die Katze ist ein Tier, das gern in Schubladen schläft – zum Beispiel in der Schublade, wo gleich nebenbei der Blutrausch liegt. Eggebrecht zeigt gut auf, wie die Katze nicht grausam ist, es ist ihr Leben, das da, sie tut das mit jener unheimlich glatten und kalten Sachlichkeit, die den einer Hinrichtung beiwohnenden Sadisten (o Sprache!) erschauern läßt. Es geht wie bei einer Nähmaschine … Halt ein! Hör doch, du! Hast du ein Herz? Aber die Maschine schnurrt.

Die Katze ist das Irrationale, also hat sie der Deutsche nicht, wohl aber der Franzose nötig. Der Deutsche hat zum Ausgleich für Keyserling den rational braven Hund. Der bellt sich seins, man versteht so schön, was er will, und man kann ihn ausdeuten. Die Katze versteht kein Mensch … »Angstvoll wie in unergründliches Wasser starren wir in den Spiegel unsrer Verlassenheit und frieren.«

Ein Buch voll japanischer Zartheit und einem fast englischen Humor, leise, geschmackvoll und von einer hohen, gepflegten Sprachkunst. Sie sollten, Katzenkenner, jedes Jahr ein so schönes Buch schreiben, und jedes Jahr ein umfangreicheres. Die feine Hitze des Gehirns, die Formgewandtheit, die leichte Geschmeidigkeit – wir haben nicht soviel Autoren, die das können. Axel Eggebrecht hat sich, leise und unhörbar, mit diesem kleinen Buch ganz vorn an die Rampe gespielt. Heraus mit deinem Flederwisch!

Peter Panter
Die Weltbühne, 08.11.1927, Nr. 45, S. 724.