Lodovico Caracci
- Malerei, Lehre
Neben dieser erfreulichen und höchst verdienstlichen Wirksamkeit als Lehrer war Lodovico aber auch als Maler äußerst tätig. Obgleich etwas langsam, dafür aber um so gründlicher arbeitend, führte er eine Menge Gemälde aus, von denen vorzugsweise die allgemeine Bewunderung erregten: sein Johannes, der Täufer, für die Kirche dieses Heiligen (jetzt in der Pinakothek daselbst) und sein h. Georg in, San Gregorio; die Krönung der h. Jungfrau in S. Paolo; die viel gepriesene Verklärung Christi in S. Pietro und die Verkündigung in S. Giorgio; die Beschneidung Christi und die Anbetung der Weisen in S. Bartolommeo di Reno; ferner verschiedene andere Bilder in S. Domenico, S. Pietro, de' Mendicanti, S. Giacomo, S. Martino, S. Francesco, S. Antonio, S. Caterina u. A. Dann seine berühmten Malereien in der Certosa und andere für Privaten ausgeführte Bilder aus der heiligen und Profangeschichte, aus der Mythologie oder nach eigenen Erfindungen, die sich jetzt in verschiedenen Kabinetten zerstreut finden.
Lodovico hatte sich jetzt sowohl durch alle diese Werke und seine Schule, die im größten Ansehen stand, nicht nur in seiner Vaterstadt, sondern in ganz Italien einen solchen Ruf erworben, dass ihn der Kardinal Odoardo Farnese nach Rom berufen ließ, ihm seinen Palast mit Gemälden zu schmücken. Da er aber seine Vaterstadt und seine Schule nicht verlassen wollte, schlug er seinen Neffen Annibale vor, der nun die Malereien an seiner Stelle übernahm und ausführte, aber nicht vollendete, ohne seinen Oheim zu Rat gezogen zu haben, der auch auf seine dringenden Bitten endlich auf einige Tage nach Rom reiste, Annibale in allen Dingen half und beriet, ja an einige Bilder selbst Hand anlegte. Er malte eine der nackten Figuren, welche das Medaillon halten, worauf die Fabel der Syrinx dargestellt ist.
Nach Bologna zurückgekehrt, setzte er seine gewohnte, zwischen den Unterricht in seiner Schule und die Ausführung von Bildern geteilte Tätigkeit fort. Namentlich gehören hierher die umfassenden Malereien im Klosterhof von San Michele in Bosco, Szenen aus der Geschichte des h. Benedikts und der Legende der h. Cäcilie darstellend, welche er mit seinen Schülern in. den Sommermonaten der Jahre 1604 und 1605 ausführte. Diese Bilder zählt man sowohl in Beziehung auf großartige Komposition und Schönheit der Ausführung, namentlich im Kolorit, zu den schönsten des Meisters. (Sie sind durch zwei Rupferwerke bekannt. Das erste führt den Titel: Il claustro di S. Michele in Bosco di Bologna, dip. dal famoso Lod. Caracci e da altri maestri usciti della sua scuola, descritto dal Conte C. C. Malvasia ed intagliate, da Giac. Giovannini, Bologna 1694 fol. — Das zweite wurde unter demselben Titel von Zanotti 1776 herausgegeben.) Jedes der sieben vom Meister selbst ausgeführten Gemälde soll in einem besonderen, dem Gegenstand angepassten Stile behandelt sein, so dass man bald das Feuer des Tintoretto, bald den Farbenreiz des Tizian, dort die Anmut des Correggio, hier die Pracht des Paolo Veronese u.s.w. zu bewundern genötigt sei. — Nach Vollendung dieser Arbeiten finden wir ihn vier Jahre lang mit der Ausführung großer Gemälde in Piacenza beschäftigt, wo ihn die Nachricht vom Tode des Annibale traf. Durch die Verluste seiner beiden Neffen (Agostino war schon 1601 gestorben), die Hauptstützen seiner Schule und Kunstweise, wurde er aufs Tiefste betrübt, auch verbitterte ihm das nichtswürdige Treiben seiner beiden Großneffen seine Tage immer mehr. Er schuf zwar noch eine Reihe großer Arbeiten in Bologna, Imola und anderen italienischen Städten, allein sein Mißmut nahm so zu, dass der Gram über einige Fehler an einer für die Kathedrale San Pietro in Bologna gemalten Verkündigung oder überhaupt die Einsicht, darin eine minder gelungene Arbeit geliefert zu haben, ihn aufs Krankenlager warf, von dem er nicht mehr aufstand. Dieses kolossale Bild war sein letztes. Er starb im Jahr 1619.
Lodovico hat im Allgemeinen mehr das Verdienst eines Lehrers als sehr bedeutender selbstständiger Leistungen in der Malerei. Er war fruchtbar an Ideen, wusste solche mitzuteilen oder zu erwecken, und reich an Erfahrung in der Kunst und im Leben, wie an Bildung, die ihm bei seinem Unterricht ungemein fördernd zu gut kam; er war in allen Teilen der Malerei aufs Gründlichste bewandert, ein Meister im Darstellen des Charakters, im Zeichnen, überhaupt in allem Technischen. Mit einer gewissen Großartigkeit des Sinns wusste er zuweilen in seinen Bildern eine große Feinheit des Gefühls und eine holde Anmut zu verbinden. In der Gesamtkomposition findet man zwar selten etwas tiefer Anziehendes und Würdiges, dagegen desto mehr Tüchtigkeit im Einzelnen. Mit ihm beginnt die Vorliebe für das Pathos des Schmerzes, welche in der Folge die vielen Ecce homo's und leidenden Marien der bolognesischen Schule nach sich zog.