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II. [Die Abhängigkeit seines Zweckcharakters von den kulturellen Tendenzen der Epochen]

 

Es muß immer wieder hervorgehoben werden, daß der Gegensatz von Egoismus und Altruismus die Motivierungen unseres Handelns keineswegs vollständig umfaßt. Wir haben tatsächlich auch ein objektives Interesse daran, daß gewisse Ereignisse oder Dinge wirklich oder nicht wirklich werden, und zwar völlig ohne Rücksicht auf irgendwelche, ein Subjekt treffenden Folgen derselben. Es ist uns wichtig, daß in der Welt eine Harmonie, eine Ordnung nach Ideen, eine Bedeutsamkeit - die keineswegs in die üblichen Schemata des Ethischen oder Ästhetischen hineinzupassen braucht - herrsche, und wir fühlen uns zur Mitwirkung dazu aufgefordert, ohne doch immer danach zu fragen, ob dies irgendeiner Persönlichkeit, dem Ich oder einem Du, zur Freude oder Förderung gereicht. Auf dem religiösen Gebiet kommen die drei Motivierungen in einer Weise zusammen, die die Stellung der hier fraglichen besonders durchsichtig macht. Die Erfüllung religiöser Gebote kann aus rein egoistischen Gründen geschehen, sei es in ganz grober Weise aus Furcht oder Hoffnung, sei es, etwas feiner, um des guten Gewissens oder des inneren Befriedigungsgefühles willen, das diese Erfüllung mit sich bringt. Sie kann ferner altruistischen Wesens sein: die Liebe zu Gott die Hingabe des Herzens an ihn läßt uns seinen Geboten gehorchen, wie wir die Wünsche eines geliebten Menschen erfüllen, weil seine Freude und Genugtuung unser höchster Lebenswert ist. Endlich aber kann uns dazu ein Gefühl für den objektiven Wert einer Weltordnung bewegen, in der der Wille des höchsten Prinzips sich widerstandslos in dem Willen aller einzelnen Elemente fortsetzt, das sachliche Verhältnis zwischen Gott und uns kann diesen Gehorsam als seinen adäquaten Ausdruck oder seine innerlich notwendige Folge von uns fordern, ohne daß irgendein Erfolg für uns selbst, oder eine Freude und Zufriedenheit Gottes in diese Motivation einträte. So macht in vielerlei Fällen das Zweckbewußtsein an einer objektiven Wirklichkeit halt und entlehnt deren Wert nicht erst aus ihren subjektiven Reflexen. Ich lasse jede psychologische oder erkenntnistheoretische Deutung dieser, jenseits des Persönlichen stehenden Motivierung hier dahingestellt, jedenfalls ist sie eine psychologische Tatsache, die nun mit den Zweckreihen persönlicher Färbung die mannigfaltigsten Kombinationen eingeht. Der Sammler, der seine Kostbarkeiten anderen verschließt und sie selbst gar nicht genießt, aber ihren Besitz dennoch auf das eifersüchtigste hütet und wertet, färbt all seinen Egoismus durch einen Beisatz jener übersubjektiven Wertungsweise. Im ganzen ist es doch der Sinn des Besitzes, genossen zu werden, und wir stellen ihm nicht nur die Objekte gegenüber, an denen man, wie an den Sternen, Freude hat, ohne sie zu begehren, sondern auch diejenigen, deren Wert man von aller subjektiven Freude prinzipiell unabhängig macht, wie die Schönheit, Ordnung und Bedeutsamkeit des Kosmos als etwas des Genossenwerdens Unbedürftiges und dennoch in seinem Werte Beharrendes erscheint. In dem Fall jener Besitzsüchtigen liegt nun eine mittlere oder Mischerscheinung vor: es bedarf hier schon des Besitzes, aber dieser schreitet nicht zu seinem regulären subjektiven Erfolge vor, sondern wird auch ohne diesen als etwas Wertvolles, als ein des Erstrebens würdiges Ziel empfunden. Nicht die Qualität der Sache ist hier der eigentliche Träger des Wertes; sondern, so unentbehrlich sie ist und so sehr sie das Maß des Wertes bestimmt - das eigentlich Motivierende ist die Tatsache ihres Besessenwerdens, die Form des Verhältnisses, in dem das Subjekt zu ihr steht. Daß diese Form - die freilich nur an einem Inhalt wirklich werden kann -, daß dieser Besitz des Subjekts als rein objektive Tatsache da ist, das ist das Wertvolle, an dem die teleologische Reihe haltmacht.

 


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