III. [Die Quantität des Geldes als seine Qualität]
[Die Quantität des Geldes als seine Qualität. Die subjektiven Unterschiede der Risikoquoten. Allgemeine Erscheinung qualitativ ungleichmäßiger Folgen von quantitativ abgeänderten Ursachen. Die Schwelle des ökonomischen Bewußtseins. Die Unterschiedsempfindlichkeit in Hinsicht wirtschaftlicher Reize. Die Verhältnisse zwischen äußeren Reizen und Gefühlsfolgen auf dem Gebiet des Geldes. Bedeutung der personalen Einheit des Besitzers. Das sachliche und das kulturelle Verhältnis von Form und Quantum, von Quantität und Qualität der Dinge und die Bedeutung des Geldes für dasselbe.]
Ich habe oben einmal erwähnt, daß Geldgier und Geiz, so sehr sie in der Mehrzahl der Fälle vereinigt auftreten, dennoch begrifflich und psychologisch genau zu unterscheiden sind. Und tatsächlich gibt es auch Erscheinungen, die sie in Sonderung zeigen; das Tempo des Weges zum Gelde hin zeigt vielfach eine völlige Unabhängigkeit von dem des Weges vom Gelde weg, und zwar keineswegs nur da, wo Geldgier und Geiz im engeren Sinne in Frage stehen, sondern schon auf den Stufen, auf denen die inneren Bewegungen poch nicht die Grenze des Normalen überschritten haben. Das wird hauptsächlich durch jene illegitime Höhersetzung des Geldes in der Zweckreihe bewirkt, die, weil sie kein sachliches Maß in sich hat, ihre Bedeutung vielfach ändert, so daß das Geld, solange es noch zu gewinnen ist, ganz andere Wertgefühle weckt, als wenn es sich um seine Weggabe für weitere Objekte handelt. Die Spannung des Wertgefühls dem Gelde gegenüber, die den Weg zu ihm begleitete, läßt mit seiner Erreichtheit nach, was man so ausgedrückt hat, daß die meisten Menschen als Konsumenten das Gesetz der Wirtschaftlichkeit nicht so genau beobachten, wie sie es als erwerbende Geschäftsleute tun. Aus dieser Erfahrung heraus, daß wir im Erwerben strenger, exakter, weniger leichtsinnig sind, als im Ausgeben, stammt vielleicht eine Bestimmung des altjüdischen Rechtes. Nach ihm hat im allgemeinen bei Geldstreitigkeiten stets der Verklagte zu schwören. Nur dem Krämer wird an einer Stelle im Talmud ausnahmsweise zugestanden, den betreffenden Vermerk seines Ladenbuches zu beschwören. In gewissen Verhältnissen tritt jener Wechsel von Kontraktion und Remission der Geldwertung an Fürsten hervor, die, wie Ludwig XI. und viele andere, im Eintreiben ihrer Einkünfte von äußerster Strenge, im Ausgeben derselben aber durchaus liberal sind. Im großen und ganzen wird indessen eine Proportion zwischen dem Tempo des Erwerbens und dem des Ausgebens nicht zu leugnen sein. Deshalb gibt niemand das Geld leichter und leichtsinniger aus als der Spieler, der Goldgräber und die Demi-Monde; und die ruinöse Finanzwirtschaft Spaniens seit Karl V. hat man auf die relative Arbeitslosigkeit geschoben, mit der die Edelmetalle Amerikas den Spaniern anheimfielen. Jenes: »wie gewonnen, so zerronnen« weist nicht nur auf die objektive Struktur der Wirtschaft hin, die allerdings die Sicherheit des Erworbenen nur als Preis einer gewissen Solidität des Erwerbes zu setzen pflegt: die Berufe des besonders leichten und schnellen Erwerbes enthalten in ihren objektiven Umständen auch schon die Kanäle, durch die das Erworbene wieder abzufließen die natürliche Tendenz und Chance hat. Seine wirksamere Begründung aber hat das Sprichwort in der psychologischen Verfassung: je schneller die teleologische Reihe bis zum Punkte des Geldgewinnes abläuft, desto weniger Gefühle von Kraftaufwand und Bedeutsamkeit sind in ihm summiert, desto oberflächlicher und deshalb leichter lösbar haftet er also im Wertzentrum, desto eher also lassen wir ihn wieder aus der Hand. Wenn aber auch so der aufwärts und der abwärts füllende Abschnitt der Reihe einen gemeinsamen Charakter größerer oder geringerer Spannung tragen, so bleibt doch zwischen ihnen selbst die Differenz, daß das Geld, solange es noch nicht gewonnen ist, den Wert eines Endzwecks besitzt, den es zu verlieren pflegt, sobald es nun wirklich gewonnen und in seinem bloßen Mittelscharakter wo der Geiz dies nicht verhindert - empfunden ist.