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III. [Bedeutung der personalen Einheit des Besitzers]

 

Solange noch nicht so grenzenlos viele Zweckreihen sich im Geld schneiden, wie auf den Höhen der geldwirtschaftlichen Kultur, und noch nicht fortwährendes Zerbröckeln und Wieder-Summieren jede Eigenstruktur seiner atomisiert und in absolute Flexibilität übergeführt hat - begegnen Erscheinungen, in denen das Geld noch spezifische Form zeigt. Das ist da der Fall, wo eine höhere Summe nicht durch addierte kleinere ersetzt werden kann. Ansätze dazu zeigt schon der Naturaltauschverkehr: bei manchen Völkern darf etwa Vieh nur gegen Eisen und Zeuge, nicht aber gegen - sonst tauschwertvollen - Tabak vertauscht werden. Anderwärts, z.B. auf der Insel Yap, haben die außerordentlich mannigfaltigen Geldsorten (Knochen, Perlmutterschalen, Steine, Glasstücke usw.) eine Rang Ordnung. Trotzdem nämlich feststeht, ein wie Vielfaches der niederen Geldsorten die höheren gelten, so dürfen doch gewisse wertvollere Dinge, wie Boote oder Häuser, nicht etwa mit entsprechend vielen niederen Geldstücken, sondern müssen mit einer für jedes Objekt bestimmten, im Range hochstehenden Geldsorte bezahlt werden. Für den Kauf von Frauen finden wir gleichfalls diese Beschränkung auf eine bestimmte Geldqualität, die nicht durch eine Quantität anderer ersetzbar ist, in Gültigkeit. Und auch in umgekehrter Richtung gilt eben dieselbe: an einigen Stellen wird das Gold nie verwendet, um größere Quanten geringerer Waren, sondern ausschließlich um besonders kostbare Dinge einzukaufen. Dieser Erscheinungskreis entspricht nicht etwa der Bestimmung unserer Goldwährung, nach der Zahlungen oberhalb einer gewissen Höhe in Gold verlangt werden können, während man für niedere anderes Metall annehmen muß; der prinzipielle und technische Unterschied zwischen Wertmünze und Scheidemünze, auf den dies zurückgeht, scheint für jene Usance nicht zu bestehen, sondern die Geldsorten scheinen eine einheitliche Reihe zu bilden, in der nur die höheren Glieder ihren quantitativen Inhalt zu einem besonderen, quantitativ nicht ausdrückbaren Formwert zusammenschließen. Dies ist ein vortreffliches Mittel, der Trivialisierung der Geldfunktion vorzubeugen, die die unvermeidliche Folge des bloßen Quantitätscharakters ist, und ihr den sakralen Charakter zu erhalten, den sie anfänglich so oft trägt. Aber es ist auch der Hinweis, daß solche Form- oder Qualitatsbedeutungen des Geldes einer Primitivepoche angehören, in der es eben noch nicht bloß Geld, sondern außerdem noch etwas ist. Sehr viel schwächer, gleichsam verhallend, klingt dieser Ton noch in spärlichen Erscheinungen der höchsten Entwicklungsstufen mit. So muß etwa die folgende ursprünglich auf eine Formbedeutung des Geldes zurückgehen: das französische Volk sagt lieber 20 Sous statt 1 Fr., lieber pièce de cent sous statt 5-Fr.-Stück usw.; auch kann man nicht gut: halber Franc sagen, sondern drückt diese Summe durch Sous oder Centimes aus. Die gleiche Summe scheint also, in dieser Form vorgestellt, einigermaßen andere Gefühlsreaktionen zu wecken, als in anderer. Es hat denselben Sinn, wenn das Volk statt des abstrakten Wortes Geld gern einen Münzennamen, also eine bestimmte Formung des Geldes, verwendet, auch wo ausschließlich Geld seinem Quantum nach gemeint ist: »Kein Kreuzer, keine Schweizer«, »Wo mit dem Taler geläutet wird, gehen alle Türen auf«, usw. Auch sonst ist bemerkt, daß das mit niederen Werten rechnende Volk bestimmte Größen lieber durch Addition von unten her als durch Teilung von oben her bezeichnet. Die Summe, die aus der Vervielfältigung der vertrauten Einheit hervorgegangen ist, scheint nicht nur ihre Bedeutung überschaubarer und vernehmlicher auszudrücken, sondern dieses subjektive Moment objektiviert sich in ein Gefühl, als sei die Summe, so ausgedrückt, auch an sich etwas Größeres und Volleres, als wenn sie sich in anderen Faktoren darstellt. Unterschiede in dieser Art waren in Norddeutschland zu beobachten, als an die Stelle der Taler die Markrechnung trat. In der Übergangszeit waren »dreihundert Mark« vielfach von ganz anderen psychischen Obertönen begleitet als »hundert Taler«, die neue. Form, in der der identische Inhalt sich ausdrückte, erschien umfänglicher, reichlicher als die andere, diese dagegen als konziser, bestimmter in sich geschlossen. Dieser Art also sind die Erscheinungen, in denen die in allen anderen Dingen so wesentliche Form sich am Gelde wenigstens andeutet und die ihm sonst eigene unbedingte Identität der Summe, welche Form man ihr auch leihen mag, einigermaßen unterbricht.

Was man im übrigen und im allgemeinen am Gelde dennoch als Form bezeichnen könnte, kommt ihm aus der Einheit der Persönlichkeit, die das Nebeneinander der Teile eines Vermögensbesitzes in ein Miteinander und eine Einheit verwandelt. Deshalb hat auch ein Vermögen, namentlich ein erheblicheres, nicht die ästhetische Mißlichkeit des Geldes im allgemeinen. Und zwar liegt das nicht nur an den ästhetischen Möglichkeiten, die der Reichtum gewährt; sondern teils neben diesen, teils sie fundamentierend, besteht das Bild eines Vermögens als die Form, die das Geld durch seine Beziehung zu einem persönlichen Zentrum gewinnt, die es von der abstrakten Vorstellung des Geldes überhaupt scheidet und ihren Charakter als Form durch den Unterschied einer solchen Vermögenseinheit gegen die gleiche, aber auf viele Personen verteilte Summe deutlich aufzeigt. Wie sehr die Personalität des Besitzes seine Formbestimmtheit als solche trägt und betont, zeigt sich keineswegs nur am Geld. Die Hufe des altgermanischen Vollfreien war ein unteilbarer Besitz, weil sie mit seiner Mitgliedschaft in der Markgenossenschaft solidarisch war, der Besitz floß aus der Person und hatte deshalb die gleiche Qualität der Einheit und Unteilbarkeit. Und wenn man über den englischen Grundbesitz im Mittelalter vermutet hat, daß völlige Gleichheit der Lose immer auf unfreien Besitz, auf eine rationelle Landverteilung an Hintersassen seitens eines Herrn Anweisung gäbe, - so wäre es doch auch hier die einheitliche Persönlichkeit, wenngleich die unindividuelle und unfreie, die dem Besitz seine Umschriebenheit und Formbestimmtheit verleiht. Die Verdinglichung des Besitzes, seine Lösung von der Person bedeutete zugleich einerseits die Möglichkeit, die Landstücke Vieler in einer Hand zu vereinigen, andrerseits das einzelne beliebig zu zerschlagen. Mit der Personalität des Landbesitzes ging ebenso die Festigkeit wie die Wichtigkeit seiner Form verloren, er wurde ein Fließendes, dessen Formung von Moment zu Moment durch sachliche Verhältnisse (in die natürlich fortwährend personale eingehen) aufgelöst und wieder gebildet wird, während die Solidarität des Besitzes mit der Person denselben mit der von innen kommenden Formeinheit des Ich durchdrungen hatte. - Das Leben früherer Zeiten erscheint viel mehr an fest gegebene Einheiten gebunden, was ja nichts anderes bedeutet, als die hervorgehobene Rhythmik desselben, die die moderne Zeit in ein beliebig abteilbares Kontinuum auflöst. Die Inhalte des Lebens - wie sie mehr und mehr durch das absolut kontinuierliche, unrhythmische, von sich aus jeder festumschriebenen Form fremde Geld ausdrückbar sind - werden gleichsam in so kleine Teile zerlegt, ihre abgerundeten Totalitäten so zerschlagen, daß jede beliebige Synthese und Formung aus ihnen möglich ist. Damit erst ist das Material für den modernen Individualismus und die Fülle seiner Erzeugnisse geschaffen. Ersichtlich leistet die Persönlichkeit, mit dem so gestalteten, oder eigentlich nicht gestalteten Stoffe neue Lebenseinheiten schaffend, ebendasselbe mit größerer Selbständigkeit und Variabilität, was sie in dem früheren Falle in enger Solidarität mit stofflichen Einheiten geleistet hatte.

 


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