Achelous

 

Theseus wandelte heim, von des kalydonischen Ebers

Blutiger Jagd, gen Athenä, der heiligen Burg der Tritonis.

Aber ihm hemmte den Gang, von Regen geschwellt, Achelous.

 

Heil dir! sagte der Strom; tritt, Herrlicher, unter mein Obdach,

Cekrops Sohn! und vertraue dich nicht den entraffenden Wogen.

Oft dickstämmige Balken, und felsige Blöck' in die Quere

Sah ich gewälzt von dem mächtigen Sturz; am benachbarten Ufer

Sah ich erhabene Ställe verschwemmt mit den Herden; und wenig

Half dem Rinde die Kraft und die Schnelligkeit mutigen Rossen.

Oft hat dieses Gewässer, wann Schnee von den Bergen herabschmolz,

Jugendlich blühende Männer getaucht in den wirbelnden Strudel.

Sicherer pflegst du der Ruh', bis wieder die Flut in gewohnter

Grenz' hinrollt, und geklärt im eigenen Bette sich schmieget.

 

Beifall gab der Ägid': Ich nutze den Rat, Achelous,

Und dein gastliches Haus! antwortet' er, jenem gehorchend.

 

Jetzt in den Saal, aus geriefeltem Tuff und löchrichtem Bimsstein,

Trat er hinein; feucht war von schwellendem Moose der Boden,

Und das Gewölb' abwechselnd mit Purpurschnecken und Muscheln.

Als zwei Teile des Tags Hyperion jetzo durchwandelt,

Lagerten sich auf Polster um Theseus seine Genossen:

Dort Ixions Geschlecht, und dort der trözenische Kämpfer

Lelex, dem schon dünner das Haar um die Schläfen ergraute;

Auch der Geladenen Schar, die der akarnanische Strömer

Würdig der Ehre geschätzt, des erhabenen Gastes sich freuend.

Barfuß wandelnde Nymphen bereiteten emsig das Gastmahl,

Tragend die Tisch', und ordnend die Kost; nach geräumetem Schmause

Stellten sie Wein in Gefäßen des funkelnden Edelgesteines.

Jetzo fragte der Held, in das Meer vorschauend: Wie heißt doch

Jener Ort? (und er zeigt mit dem Finger ihn) sage den Namen

Jener Insel mir an; wiewohl nicht eine sie scheinet.

 

Drauf antwortet der Strom: Nicht ist, was wir schauen, nur eines;

Fünf der Lande sind dort; dicht täuscht des Raumes Entfernung.

Und, daß dich weniger wundre die Tat der verschmähten Diana,

Jene waren Najaden, die einst zehn Farren zum Opfer

Schlachteten, und einluden die übrigen Götter des Feldes,

Aber nur mein nicht denkend, Gesang aufführten und Reihntanz.

Hochauf schwellt' ich den Strom, und wie voll des Gewoges ich jemals

Rollete, tollet' ich jetzt; und an Mut unbändig und Brandung,

Riß ich vom Walde den Wald, und Gefilde mit Macht von Gefilden.

Und mit dem Orte die Nymphen, die nun erst meiner gedachten,

Wälzt' ich hinab in den Sund. Von der Wallung des Stroms und des Meeres

Ward die Feste des Landes getrennt, und in Teile gesondert.

So viel, als Echinaden du dort in den Fluten erblickest.

 

Doch wie du selber bemerkst, fern ziehet sich eine der Inseln

Dort, mir wert und geliebt: Perimela nennt sie der Schiffer.

Dieser raubt' ich in Liebe vordem den Namen der Jungfrau.

Dessen ergrimmt ihr Vater Hippodamas; und in die Tiefe

Stürzt' er, bevor sie gebar, von dem Fels die eigene Tochter.

Ich empfing sie, und trug die Schwimmende: Der du dem Himmel

Nahes Gebiet, so sprach ich, die Meerflut, zähmst mit dem Dreizack;

Du, in welchem wir enden, wir heiligen Ströme, die Laufbahn!

Diese Getragene kränkt' ich! Wenn mild und billig, wenn Vater,

Oder wenn weniger nur Hippodamas frevlerisch wäre,

Mitleid sollt' er gewähren dem Kind, und mir selber Verzeihung!

Nahe mit Schutz! und ihr, die der grausame Vater versenkte,

Gib, Neptunus, ihr Raum! wo nicht, laß selber sie Raum sein!

Diesen auch werd' ich umfahn; - sein Haupt bewegte der Meerfürst,

Daß vom schaffenden Wink aufschauerten alle Gewässer.

Während ich sprach, so verhüllt' Erdreich die schwimmenden Glieder,

Und die verwandelte Nymph' umwuchs ein lastendes Eiland.

 

Hier verstummte der Strom, und tief bewegte das Wunder

Alle. Da lächelte Hohn den Glaubenden, stets ein Verächter

Himmlischer Macht, und trotzig gesinnt, der Sohn des Ixion:

Falsch ist, rief er, das Wort; du leihst, Achelous, den Göttern

Gar zu große Gewalt, wenn sie Bildungen geben und nehmen!

 

Ringsher staunete man, nicht billigend solcherlei Rede.

Lelex aber vor allen, an Geist und Alter gereifet,

Sagte darauf. Unermeßlich und endlos reichet des Himmels

Allgewalt; und wie immer die Oberen wollten, so ward es.

Daß dir der Zweifel entschwinde, so steht auf Phrygiens Hügeln

Eich' und Linde gesellt, im Bezirk der mäßigen Mauer.

Selber sah ich den Ort, als mich in die Fluren des Pelops

Pittheus sandte, wo einst sein herrschender Vater gewaltet.

Ohnweit sumpfet ein See, vordem ein bevölkertes Erdreich,

Jetzo nur Flut, vom Taucher und fischenden Reiher umflattert.

 

Jupiter kam hierher, wie ein Sterblicher, und mit dem Vater

Sein stabtragender Sohn Merkurius, ohne Gefieder.

Tausend Wohnungen nahn sie, um Obdach bittend und Ruhe;

Tausend Wohnungen sperret das Schloß: Ein Häuschen empfängt sie,

Zwar sehr klein, mit Halmen gedeckt und Rohre des Sumpfes,

Aber die redliche Baucis, und gleich an Alter Philemon,

Beide verlebeten dort die blühende Jugend, und beide

Alterten dort allmählich. Die Armut, offen bekennend,

Machten sie leicht und erträglich mit nicht unwilliger Seele.

Gleichviel, ob du den Herrn dort aufsuchst, oder den Diener:

Zween sind das sämtliche Haus; und dieselbigen tun und befehlen.

 


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