Die Lapithen und Zentauren

 

Also tobte der Lärm; noch lag, der ohn' Ende gebechert,

Dort vom Weine betäubt und unerwecklich, Aphidas;

Und in ermatteter Hand die gehenkelte Lase voll Weines

Hielt er, gestreckt auf den zottigen Balg der ossäischen Bärin.

Diesen von fern anschauend, wie träg' er säumet' und wehrlos,

Wickelte Phorbas die Faust in des Speers Schwungriemen und: Zeche

Wein mit stygischer Flut! so redet' er; ohne Verzug dann

Schwang er mit Macht auf den Jüngling den Speer; und mit spitzigem Eisen

Drang ihm die Esche sogleich, wie er rücklings lag, in die Kehle.

Fühllos nahte der Tod; und hervor aus der strotzenden Gurgel

Rieselte schwarz auf die Polster und schwarz in die Lase der Blutstrom.

 

Selber sah ich Peträus, der rang aus der Erde zu rütteln

Eine bemastete Eiche; doch weil der Umklammernde ringsum

Hin und her sie bewegt und die wankenden Knorren erschüttert,

Fleucht des Pirithous Speer in Peträus' Rippen und heftet

Ihm die strebende Brust mit dem knorrigen Holze zusammen.

Lykos sank, wie man sagt, durch Pirithous' Kraft zu den Schatten;

Chromis sank durch Pirithous' Kraft: doch höheren Siegsruhm,

Als sie beide zugleich, gewähreten Diktys und Helops.

Helops stürzte dem Spieß, der, Bahn durch die Schläfen sich öffnend,

Rechts in das Ohr einbohret' und links mit der Schärfe hervordrang.

Diktys, dem spitzigen Hange des Felsgebirges entgleitend,

Da er in Angst ausweicht dem verfolgenden Sohn des Ixion,

Taumelt die Jähen hinab und zerbricht mit der Schwere des Leibes

Eine gewaltige Esch' und umhüllet den Stumpf mit Gedärmen.

Aphareus naht ihm ein Rächer; den ausgerütteten Bergfels

Trachtet er abzuschwingen; allein mit dem eigenen Schafte

Eilt der Ägid ihm zuvor und zerbricht des gewaltigen Armes

Knochen. Doch abzutun den Verkrüppelten, fehlet die Zeit ihm,

Oder die Lust. Auf den Rücken des ungeheuren Bianor

Springt er empor, der keinen, als ihn zu tragen gelernet;

Und er stemmt in die Rippen das Knie; mit der Linken ergreifend,

Hält er das wallende Haar, und Gesicht und drohende Lippen

Samt den gediegenen Schläfen zermalmt er mit knotigem Kernholz.

Auch Nedymus erlag und der Lanzenschneller Lykotas,

Seinem zermalmenden Schwung; und die Brust voll hängenden Bartes,

Hippasos; auch, der empor aus den Waldungen ragete, Ripheus;

Tereus auch, der in Forsten hämonischer Berge gehaschte

Bären, die lebenden oft und unmutbrummenden, heimtrug.

 

Aber die stets mit Erfolg' ausgehenden Kämpfe des Theseus

Trug Demoleon nicht; und emporzuwühlen im Dickicht

Strebt er die altende Fichte mit unermeßlicher Arbeit.

Da er nicht kann, entschwingt er die abgebrochne dem Feinde.

Weit von dem kommenden Wurfe zurück entfernte sich Theseus,

Auf der Minerva Gebot: so glaubte man seiner Beteurung.

Doch nicht sank untätig der Baum; denn dem stattlichen Krantor

Schnitt er hinweg an der Kehle die Brust und die linke der Schultern.

Waffengenoß war jener bei deinem Vater, Achilles:

Welchen, besiegt in Schlachten, der Doloper König Amyntor

Äakus' Sohne verliehn zum sichernden Pfande des Friedens.

Peleus, als er ihn fern von gräßlicher Wunde zerrissen

Schauete: Sühnungen doch, o der Jünglinge trautester, Krantor!

Rief er, empfah! und im Schwung auf Demoleon sandt' er mit starkem

Arme daher und mit Geistes Gewalt die eschene Lanze:

Welche der Seiten Verband durchkracht', und im Inneren haftend,

Zitterte. Jener entzieht die des Stahls entledigte Stange;

Doch kaum folget auch die; fest hänget die Spitz' in der Lunge.

Selber der Schmerz gab Kräfte dem Mut: der Verwundete bäumt sich

Gegen den Feind, und stampfet den Mann mit trampelndem Roßhuf.

Jener mit Helm und mit Schild empfängt die erklingenden Stöße,

Schirmt sich den Leib ringsher, und erhebt vorschützende Waffen;

Und es durchbohrt durch den Bug ein Stoß zwo Brüste dem Halbtier.

 

Doch erst hatt' er dem Tode gestreckt Phlegräos und Hyles,

Fernher; und in der Nähe Iphinous kämpfend, und Klanis.

Dorylas fügt' er hinzu, der die Schläfen bedeckt mit der Wolfshaut

Trug, und statt des Gewehrs zu wütenden Kämpfen ein seitwärts

Drohendes Rindergehörn, mit vielem Blute gerötet.

Diesem, denn Kraft gewähret der Mut mir: Schaue doch, rief ich,

Schaue, wie weit dein Gehörn doch nachsieht unserem Eisen!

Rief's, und drehte den Speer. Da er den nicht konnte vermeiden,

Schützt' er die Hand vor die Stirne, der kommenden Wunde zur Abwehr.

Fest ward gebohrt mit der Stirne die Hand; aufschreit er; doch jenen

Haut, wie verhaftet er war, und von bitterer Wunde gefesselt,

Peleus, nahe gestellt, grad unter dem Bauch mit dem Schwerte.

Hochauf springt er, und schleppt sein Eingeweid' auf dem Boden,

Und das geschleppte zerstampft, das zerstampfete reißt er, und wirret

Selbst um die Beine herum, und stürzt mit geleeretem Bauche.

 

Aber dich rettete nicht, Held Cyllarus, selber die Schönheit;

Wenn an jener Natur Schönheit zu gestehen erlaubt ist.

Jugendlich sproßte der Bart, und schimmerte golden, und golden

Wallete nieder das Haar bis mitten zum Bug von den Schultern,

Reizende Kraft im Gesicht; der Hals und die Schulter, die Händ' auch,

Sind, wie die Brust, der Künstler gelobtesten Bildungen ähnlich,

So weit reichet der Mann: auch dem Roßleib drunten ist fehllos,

Und unbeschämt vom Manne der Wuchs. Gib Nacken und Haupt ihm;

Kastors wert ist das Roß! So bläht sich der Rücken, so ragt ihm

Prall vom Fleische die Brust. Ganz dunkelt ihn Schwärze des Peches;

Weiß nur schimmert der Schweif, auch hell ist den Beinen die Farbe.

 

Viele Zentaurinnen zwar liebkoseten jenen; doch einzig

Rührte sein Herz die schöne Hylonome, welche mit Anmut

Weit der bewaldeten Höh'n Roßmänninnen alle besiegte.

Sie, die Schmeichlerin, hielt durch Lieb' und der Liebe Geständnis

Einzig den Cyllarus fest. Soweit ihr Bau es verstattet,

Hat sie den Schmuck auch erhöht: daß glatt vom Kamme das Haar ist;

Daß sie mit Rosmarin, mit Viol' und Rose das Haar sich

Oft durchflicht, und zuweilen in schimmernden Lilien pranget;

Daß sie des Tags zweimal in des pagasäischen Waldbergs

Sprudel das Antlitz sich wäscht, und zweimal in den Fluten sich badet;

Daß sie nur, was geziemt, von des auserlesenen Wildes

Zottigem Vlies um die Schulter, und links um die Seite sich hüllet.

Gleich beseelt sie die Liebe; vereint durchirren sie Berghöh'n,

Gehn dann gesellt in die Kluft. Auch nun ins lapithische Obdach

Trat miteinander das Paar, und focht miteinander den Blutkampf

 

Nicht ist der Täter bekannt: ein linksher fliegender Wurfspieß

Kam, und tiefer hinab, als die Brust dem Halse sich anschließt,

Cyllarus, heftet' er dich; und das Herz, von der Wunde gestreifet,

Welkt', und gänzlich der Leib, nach entzogenem Eisen erkältend.

Aber Hylonome faßt des Lieblings sterbende Glieder,

Drückt die pflegende Hand auf die Wund', und Lippen an Lippen

Fest ihm geschmiegt, versucht sie die fliehende Seele zu hemmen.

Als sie erloschen ihn sah, da sagte sie, was das Getöse

Nicht zu den Ohren mir ließ, und ergreifend die Wehr, die in jenem

Haftete, sank sie darauf, und umschlang noch sterbend den Gatten.

 


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