Kants Aufrücken


Solcher Art also war die Anstalt, die unser Philosoph von seinem 9. bis zu seinem 17. Lebensjahre besucht hat. Vielleicht infolge des persönlichen Einflusses von Schultz, war er schon im Alter von 8 Jahren, d. h. zwei Jahre früher als üblich, in die unterste Latein-, Religions-, arithmetische und kalligraphische Klasse aufgenommen worden. Nach den alten Schullisten des Fridericianums hat Immanuel Kant — die Namensform schwankt zwischen Kant, Kandt, Cant, Cante und Candt!*) — die lateinische Quinta in 1½, IV in 1, III und U II in je 1½, O II in 1, die Prima in 2 Jahren absolviert. Wir sehen, dass er jedesmal zu Anfang, infolge der in der Klasse Sitzengebliebenen, einen tieferen Platz einnimmt, dagegen im Laufe des Kursus sich stets an die Spitze emporarbeitet, um als Primus in die nächstfolgende Klasse aufzusteigen. Nur als Abiturient war er von einem gewissen Porsch überflügelt worden, vielleicht weil dieser in höherem Grade als unser Immanuel lateinische Verse "mit wunderbarer Leichtigkeit hinzugießen verstand" (Ruhnken an Kant, 10. März 1771). Griechisch hat er schon mit 10½, Hebräisch mit 11, Französisch mit 11½ Jahren begonnen. Die unteren Klassen hat er sehr rasch erledigt; dass er in Religion und Griechisch auffallend lang in der 2. Klasse blieb, lag wohl daran, dass er für die erste noch zu jugendlich war, und dass der Unterricht in beiden Fächern — hier grammatische, dort inhaltliche Behandlung des Neuen Testaments — verwandt war, zudem damals in einer Hand lag. Aus dem Gesangunterricht ist er, vermutlich seiner schwachen Stimme halber, früh ausgeschieden. Im Schönschreiben ist der Neunjährige vorübergehend einmal in eine tiefere Klasse gekommen, hat sich dann aber rasch, sogar zur 1. Klasse, wieder emporgearbeitet. Eine saubere und feine Handschrift hat er denn auch, trotz seiner ungeheueren Gelehrtentätigkeit, bis in sein Alter behalten.

 

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*) Die Namensform Cant kam und kommt in Schottland, aus dem ja die Familienüberlieferung die Herkunft des Geschlechts ableitete, öfter vor; dagegen findet sich in allen Urkunden der Name mit K geschrieben. Daher ist die Angabe Hasses, Kant und seine Eltern hätten den Namen anfangs mit C geschrieben und ihn nur deshalb in Kant verändert, weil manche Leute ihn wie "Zant" aussprachen, zweifelhaft (vielleicht auf Neckereien von Mitschülern zurückzuführen).


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