Die philosophische Fakultät


Unter den vier Fakultäten aber stand die philosophische nicht bloß am äußeren Ansehen, sondern auch bezüglich des wissenschaftlichen Inhalts der Vorlesungen wie des Lernbetriebs am niedrigsten, der Schule am nächsten. Sie war eigentlich nur deren verbesserte, manchmal sogar verschlechterte Auflage. Das ergibt sich schon aus der erst 5 Jahre vor Kants Immatrikulation erlassenen neuen "Lektionsordnung". Von den neun ordentlichen Professoren der Fakultät und den dazu gehörigen Extraordinarien setzten die des Griechischen und Hebräischen die Lektüre des Alten und Neuen Testaments fort, und die der Historie und der "Eloquenz" boten ebensowenig Neues wie der der Poesie, zumal da die deutsche Poesie, "als wozu nur gewisse ingenia geschickt sind", bloß alle zwei Jahre in einem Semester publice "traktiert" wurde. Auch die beiden Mathematici sollten nur über Arithmetik, Geometrie, Trigonometrie und Astronomie lesen, bzw. eine Einleitung in die beiden ersteren Fächer geben. Neues für einen gut ausgebildeten Fridericianer bieten konnten eigentlich nur der Professor Logices, der jedoch jedes zweite Semester dasselbe Thema, nämlich abwechselnd Logik und Metaphysik, und der Professor Moralium, der in der nämlichen Weise Naturrecht und Moral zu behandeln hatte, dazu ihre "außerordentlichen" Kollegen, die ihre Zuhörer zu den Vorlesungen der Ordinarii "präparieren" sollten. Endlich der Professor Physices, der jedes Jahr theoretische und "Experimental"-Physik neben- oder hintereinander las.

Und wie sah es mit den augenblicklichen Vertretern dieser Fächer auf der Albertina aus? Als Ordinarien der Philosophie waren vorhanden der alte Aristoteliker Gregorovius und der zwischen Pietismus und Aristotelismus eklektisch einherpendelnde, zugleich auch der theologischen Fakultät angehörige Kypke, dazu seit 1735 als Außerordentlicher der vom Halleschen Pädagogium herberufene Pedant Christiani. Für einen frischen, jungen Studenten wie Kant konnte keiner von ihnen in Betracht kommen. Besser stand es mit einigen jüngeren Kräften, wie dem Extraordinarius der Mathematik Marquardt, der übrigens zugleich auch Theologe und wolffianischer Philosoph war, und dem von Hamann besonders gerühmten Physiker C. H. Rappolt, der um des Erwerbs willen auch über englische Sprache und Philosophie las, und von dem vielleicht Kants bekannte Vorliebe für Alexander Pope stammt. Im übrigen war die Mathematik durch den notorisch unbedeutenden Amnion und den Theologen Langhansen, die Physik durch den braven, aber ebenso unbedeutenden Konsistorialrat (!) Teske vertreten. Noch in Kants letzten Lebensjahren fehlten hinlängliche physikalische Instrumente, ein botanischer Garten usw.


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