Geschichte, Mathematik, Französisch


Der Geschichtsunterricht begann erst in Sekunda, da man vorher — an sich ja ein ganz gesunder Gedanke — erst in der Geographie "etwas gelernt" haben sollte. In jeder der beiden Klassen nahm man aber — auf der Sekunda in einem, auf Prima in 1½ Jahren — die ganze "Universalhistorie" durch. Und das wollte etwas heißen bei einem Lehrbuch von 865 Seiten allein für den Oberkurs! Die gesamte Weltgeschichte war eingeteilt in diejenige — des Alten und des Neuen Testaments, zwischen denen Christi Geburt die Grenze bildete, und zerfiel in 5 Abschnitte: 1. biblische Regenten- und römische Kaiserhistorie, 2. politische Völkerhistorie, im wesentlichen eine Aufzählung der übrigen geschichtlichen Reiche und ihrer Herrscher, 3. Kirchenhistorie, 4. Gelehrtenhistorie und 5. chronologische Wiederholung. Und das nannte man Weltgeschichte! Ob unter solchen Umständen der Vortrag des Lehrers, wie es gewünscht wurde, dem öden systematischen Gerippe Fleisch und Blut geben konnte?

Was die Mathematik betrifft, so war obligatorisch nur der in vier Nachmittags-Wochenstunden erteilte Unterricht im Rechnen, der bis zur Regeldetri und Bruchrechnung einschließlich führte und von Befähigteren wie Kant 3 bis 4 Jahre lang besucht zu werden pflegte. Dann hörte der offizielle Mathematikunterricht auf. Dagegen war für die Weiterstrebenden — zuerst 1732/33 von Schiffert — ein Mittwoch- und Samstag-Nachmittag von 1 bis 3 gegebener privater Unterricht in der "Mathesis" eingerichtet worden, in der nach Christian Wolffs "Auszug aus den Anfangsgründen aller mathematischen Wissenschaft" die Elemente der Geometrie und Trigonometrie von — Theologiestudenten ihren unglücklichen Opfern beigebracht wurden.

Für das ebenfalls dem Privatunterricht der beiden sonst schulfreien Nachmittage überlassene Französisch bestanden zu Kants Zeit drei Klassen, in denen die Schüler dahin gebracht werden sollten, "einen französischen Autorem ziemlich exponieren (d. i. übersetzen) zu können". Indes sind uns gerade über die Unterrichtsweise während Kants Schulzeit keine näheren Mitteilungen erhalten. — Ebensowenig über den in zwei Abteilungen erteilten und von dem kleinen Immanuel nur drei Jahre lang mitgemachten Gesangunterricht. Daneben sorgte die Anstalt auf Wunsch — in erster Linie doch wohl für die Internen — für Unterweisung in Klavier- und Flötenspiel. Polnisch und Litauisch wurden nur gegeben, wenn genügende Anmeldungen erfolgten und geeignete Lehrer aufzutreiben waren. Kant hat daran, soviel bekannt, nicht teilgenommen.  


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