Philosophie, Geographie


In seinem rhetorischen Teil führte der lateinische Schulbetrieb selbst auf die Philosophie, zumal die Logik, hin. So war denn auch am Fridericianum 1730 für die Primaner eine besondere "logische" Klasse eingerichtet worden, die sich 1734 in eine "philosophische" verwandelte. In dieser wurden, neben der Logik, auch die "Historie der Weltweisheit" und "aus der Vernunft- und Naturlehre und anderen Wissenschaften (!) das Nötigste" vorgetragen. Auch sollten, in der Regel einmal im Monat, mit den Fähigeren Disputierübungen, ähnlich wie im "Theologie"-Unterricht, veranstaltet werden. Es war sogar für diesen "philosophischen" Unterricht, den Kant zwei Jahre lang genossen hat, ein besonderer Lehrer vorhanden. Was darin zu Kants Zeit geleistet wurde, muß trotzdem kläglich gewesen sein. "Diese Herren", äußerte er später einmal im Gespräch zu seinem einstigen Mitschüler (später selbst Lehrer am Fridericianum) Cunde, "konnten wohl keinen Funken, der in uns zum Studium der Philosophie oder Mathese lag, zur Flamme bringen." — "Ausblasen konnten sie ihn wohl," meinte der andere ernst.

Beiläufig gesagt, ist dies die einzige Stelle des Lehrplans, wo einmal von "Naturlehre" die Rede ist. Erst nach Kants Schulzeit wurde eine besondere "physikalische" Klasse eingerichtet. Doch war schon 1718 auf dem Dache des Schulgebäudes ein kleiner (freilich 1765 schon ganz baufällig gewordener) hölzerner Turm als "Observatorium" angebracht, das erste seiner Art in Königsberg.

Die Anfänge des realen Elements im Unterricht sind überhaupt erst der pietistischen Richtung zu verdanken. So hatte Gehr (S. 23) zuerst in Königsberg Erdkunde und Geschichte als Lehrgegenstände eingeführt. In der Geographie gab es eine "Vorbereitungsklasse", in die Kant als Quartaner mit zehn Jahren, und eine "ordentliche", in die er 2½ Jahre später als Sekundaner eintrat; in Prima wurde dann anscheinend in der Geschichtsstunde das Ganze noch einmal wiederholt. Das für die Anstalt geltende Lehrbuch zeigt uns, worauf Wert gelegt wurde. Am eingehendsten ist die heimatliche Provinz behandelt. Die politische Geographie überwiegt durchaus, es werden zahlreiche Städtenamen, aber kein übersichtliches Bild eines Landes gegeben. Die Flüsse erfahren eine äußerst stiefmütterliche Behandlung; Gebirge werden außer den Alpen und dem Jura überhaupt nicht genannt. Die außereuropäischen Erdteile werden nur ganz oberflächlich beschrieben. Begreiflich genug, dass Kant später als Dozent eine so minderwertige gymnasiale Ausbildung durch seine geographischen Vorlesungen zu ergänzen suchte. Selbst der erdkundliche Lehrstoff wurde übrigens im Friedrichskollegium zum Lateinsprechen benutzt! Anzuerkennen dagegen ist, dass die Lehrpläne Veranschaulichung des Gelesenen oder Gehörten durch die Wandkarte, ja auch gelegentliche eigene Kartenzeichnungen der Schüler empfehlen. Auch die Hauptlehren der mathematischen Geographie werden nicht vergessen.


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