817. Jammer¹⁾. Widerwärtigkeit²⁾. Trübsal³⁾. Elend⁴⁾. Bedrängnis⁵⁾. Drangsal⁶⁾. Leiden⁷⁾. Not⁸⁾. Unglück⁹⁾. Ungemach¹⁰⁾ Kreuz¹¹⁾.
Unangenehme Zustände heißen, wenn sie von geringerer Bedeutung und von kurzer Dauer sind, Widerwärtigkeiten, in ihren höchsten Graden und bei langer Dauer nennt man sie Elend (vgl. Art. 147). Eine Widerwärtigkeit ist alles, was unsern Absichten und Wünschen entgegen ist, und wir bezeichnen es schon als Widerwärtigkeiten, wenn schlechte Wege, rauhe Witterung, ein zerbrochener Wagen uns hindern, zu rechter Zeit an dem Ziele einer Reise anzukommen. Elend dagegen ist der Inbegriff aller, auch der größten Übel, die eine traurige Lage mit sich bringt. Bedrängnis heißt ein einzelnes oder mehrere Übel, die uns unvermeidlich treffen, weil unsere Kräfte nicht ausreichen, ihnen zu entgehen, und die uns in Verlegenheit, Angst und Not bringen; namentlich nennt man Bedrängnis den Zustand vor dem Eintritt eines solchen Übels, in dem man alles aufbietet, das drohende Übel von sich abzuwehren. Wenn diese Übel größere, mannigfaltigere und dauernde sind, so bezeichnet man sie als Drangsale. Die Übel des Krieges sind Drangsale. Von seiten der schmerzhaften Empfindung, die durch Übel hervorgerufen wird, heißen sie in ihren geringeren Graden Ungemach. Auch die friedlichen Länder empfinden manches Ungemach von einem Kriege, Teuerung, Durchmärsche usw., aber die eigentlichen Drangsale desselben empfinden nur die am Kriege unmittelbar beteiligten Länder.
Einen höhern Grad des Schmerzes bezeichnet das Wort Leiden. Mit diesem Worte benennt man nur solche Übel, die den Menschen persönlich treffen, seien es Übel körperlicher oder geistiger Art. So spricht man von den Leiden Christi und meint damit die gewaltigen Körper- und Seelenqualen, die er zu erdulden hatte. Wenn diese Übel besonders durch ihre anhaltende Dauer empfindlich werden, so sind es Trübsale. Anhaltendes Siechtum, langwierige, harte Gefangenschaft, hoffnungsloses Umherirren ohne Herd und Freund sind Trübsale. Die schwersten Leiden und die Übel, welche den Menschen am stärksten treffen, ihn oft zu völliger Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung treiben, nennt man Jammer. In dem Ausdrucke liegt zugleich mit angedeutet, daß durch diese Leiden das Herz jedes menschlich fühlenden Wesens gewaltig ergriffen und erschüttert wird. Die Not (eig. das Kampfgedränge, die Kampfesnot, in der man sich nach einem rettenden Mitkämpfer umsieht) ist ein Zustand, in dem der Mensch der Hilfe bedarf und mit dringender Angst nach derselben verlangt. In diesem Zustande mögen nun die Übel, gegen die der Geängstigte Hilfe verlangt, gegenwärtig oder gewiß bevorstehend sein, er ist immer in Not, sobald er schleuniger Hilfe bedarf. Wenn wir die Übel, die wir empfinden, auf die Regierung der Welt beziehen, so nennen wir sie Unglück oder Kreuz. Unglück nennt man sie, wenn man sie einem bloßen Zufalle, einer bloßen Ungunst des Geschickes zuschreibt oder sie als Wirkungen betrachtet, deren Ursachen verborgen sind, Kreuz (ein christlicher Ausdruck, vom Kreuz Christi entlehnt) hingegen, wenn man sie als Fügungen der göttlichen Regierung betrachtet, welche dabei die Prüfung oder Veredelung des sittlichen Zustandes der Leidenden zur Absicht hat. Eine langwierige Krankheit heißt daher in dem Munde des Christen ein Kreuz.