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835. Jungfrau¹⁾. Jungfer²⁾. Dirne³⁾. Magd⁴⁾. Mädchen⁵⁾.

1) & 2) Virgin, maiden.
3) Lass, wench.
4) Maid.
5) Girl.
1) & 2) Vierge (pucelle, fille).
3) Fille (donzelle).
4) Fille (servante).
5) Fille (demoiselle).
1) & 2) Vergine (pulcella).
3) Fanciulla.
4) Serva (fantesca).
5) Ragazza (zitella, donzella).

Jungfrau (mhd. juncurouwe, eig. die junge Herrin) und Jungfer (aus Jungfrau gekürzt, wie Junker aus dem alten Junkherr, mhd. juncherre) bezeichnet eine unverheiratete Person weiblichen Geschlechts hinsichtlich ihrer Unbeflecktheit und unverletzten Keuschheit. Jungfrau (Gegens. Jüngling) gehört dem edlen Stile, das daraus gekürzte Jungfer der gemeinen Sprache an. So spricht man von der himmlischen Jungfrau, der Jungfrau Maria, einer reinen, hohen, edlen Jungfrau usw. „Eine reine Jungfrau | vollbringt jedwedes Herrliche auf Erden, | wenn sie der ird’schen Liebe widersteht.“ Schiller, Jungfr. I, 10. Jungfer kommt dagegen in edlem Stile nicht vor; gewöhnlich bezeichnet es auch nur dienende Personen, die aber höher stehen als die Magd, z. B. Kammerjungfer, Wirtschaftsjungfer u. ähnl. Mädchen (Verkleinerungswort zu Magd und Maid, mhd. maget, d. i. Jungfrau) bezeichnet auch eine unverheiratete weibliche Person, aber bloß dem Geschlechte nach; der Ausdruck umfaßt ferner auch das Kindesalter mit und bildet den Gegensatz zu Knabe, wie z. B. in Mädchenschule, es sind mehr Knaben als Mädchen geboren usw.; endlich wird Mädchen nur solchen Personen weiblichen Geschlechts beigelegt, die sich noch in den Jahren ihrer jugendlichen Blüte befinden; dagegen spricht man auch von alten Jungfern. Da die erotischen Dichter keine andern Vorzüge an dem schönen Geschlechte erkennen, als Jugend und Schönheit, und in ihrer Dichterwelt keinen Unterschied des Standes zulassen, so ist es kein Wunder, wenn sie alles, was jung und frei ist, und selbst die Göttinnen des Olymp Mädchen nennen. Magd (mhd. maget) bezeichnet ursprünglich die jungfräulich Reine; in dieser Bedeutung ist es aber veraltet und kommt nur hier und da noch bei Dichtern vor. „Sieh mich an! Eine keusche Magd wie du, | hab’ ich den Herrn, den göttlichen, geboren, | und göttlich bin ich selbst.“ Schiller, Jungfr. I, 10. Gegenwärtig bezeichnet Magd nur noch eine dienende Frauensperson vom niedrigsten Range (Gegens. Knecht). Dirne (ahd. diorna, mhd. dirne, dierne, d. i. Dienerin, Weiterbildung zu diu, got. pius, Knecht) bezeichnet nur eine weibliche unverheiratete Person von niedrigem Stande, z. B. eine Bauerdirne, Hausdirne, d. i. Dienstmädchen usw. „Blitz, wie die wackern Dirnen schreiten! | Herr Bruder komm, wir müssen sie begleiten. | Ein starkes Bier, ein beizender Tobak | und eine Magd im Putz, | das ist nun mein Geschmack.“ Goethe, Faust I. „Gesellschaft könnten sie die allerbeste haben | und laufen diesen Mägden nach.“ Ebenda. Besonders bezeichnet Dirne aber auch eine unzüchtige und feile unverheiratete Weibsperson. „Gibt es hier im Hause solche Dirnen, | die dem Fremden gleich zu Willen sind?“ Goethe, Braut von Korinth. — Fräulein ist das Deminutivum zu Frau und bezeichnet ursprünglich wie diese die Herrin, die Edeldame. Gegenwärtig dient es zur Unterscheidung der unverheirateten und verheirateten weiblichen Wesen, indem man die verheirateten Frau, die unverheirateten Fräulein anredet. Doch dient auch Fräulein bereits zur Bezeichnung einer höher stehenden in Stellung Befindlichen, namentlich einer Gouvernante, Erzieherin. „Unser Fräulein beaufsichtigt die Kinder.“ „Ich habe mir ein Gesellschaftsfräulein genommen,“ sagt eine Hausfrau zur andern. Auch als „Stutze der Hausfrau“ oder kurzweg „Stütze“ wird eine solche Dienende aus guter Familie bezeichnet. In höheren Kreisen ist daher, weil eben schon Dienende Fräulein genannt werden, die Anrede „gnädiges Fräulein“, die früher nur für Adlige angewendet wurde, auch in Bürgerkreisen ganz üblich geworden.