616. Gaben¹⁾. Naturgaben²⁾. Talent³⁾.
Talent (von lat. talentum, gr. talanton) d. i. eig. Wage, dann Gewicht, Pfund usw., endlich das, was das Schicksal dem Menschen an Kräften und Schätzen zugeteilt hat, unterscheidet sich von Gabe dadurch, daß es nur Anlagen des Geistes bezeichnet. Die Leibesstärke Simsons, vermöge welcher er einen Löwen zerreißen konnte, war eine Gabe, aber kein Talent. Praktisch sittliche Fähigkeiten, Vorzüge des Charakters werden Gaben genannt, nicht Talente. So sind ein natürlicher Frohsinn, eine natürliche Unerschrockenheit, die Geduld und Gelassenheit schöne Gaben, die die menschliche Glückseligkeit in hohem Grade befördern, aber keine Talente. „Es bildet ein Talent sich in der Stille, | sich ein Charakter in dem Strom der Welt.“ Goethe, Tasso I, 2. Talent bezeichnet ferner nicht bloß die angeborene, sondern auch die erworbene und ausgebildete Fähigkeit, Gaben und Naturgaben nennt man aber nur die angeborenen Fähigkeiten, die Anlagen, welche durch Kunst, Übung und Fleiß erst zur Vollendung und Fertigkeit reifen. Naturgabe (vgl. Art. 97) hebt nur die Natur als Geberin der angebornen Fähigkeit hervor, während Gabe auch andere Geber voraussetzen kann, z. B. Gabe Gottes, des heiligen Geistes usw. So waren die Gabe der Sprache, die Gabe Kranke zu heilen, die Gabe der Weissagung oder des Lehrens und der Auslegung der heiligen Schrift bei den Aposteln weder Naturgaben noch Talente, sondern Gnadengaben des heiligen Geistes oder Charismata (von gr. charisma).