676. Geldbeutel¹⁾. Geldbörse²⁾. Geldtasche³⁾. Portemonnaie⁴⁾.
Geldbeutel (althochd. bûtil, mittelhochd. biutel, Beutel, Tasche, Säckchen) bezeichnet eine kleinere, leinene oder lederne sackförmige Tasche zur Aufbewahrung des Geldes, die man bei sich trägt oder auch, wenn sie größer ist, zu Hause verschließt, um größere Summen zu verwahren. In der letzteren größeren Form heißt der Geldbeutel auch Geldsack, der dann vielfach als volkstümlicher Ausdruck und derbes Sinnbild für den Reichtum dient, z. B. er sitzt auf seinen Geldsäcken; er treibt die Politik des Geldsacks usw. Der Geldbeutel wurde zugeknüpft oder zugeknöpft; daher sagte man von einem, der Geld gab: er knüpft oder knöpft den Beutel auf, und nannte den, der nichts geben wollte, zugeknöpft, was man auch auf den übertrug, der seine Geistesschätze für sich behält und sich nicht an der Unterhaltung beteiligt. Früher nannte man die Staats- oder Gemeindekasse den gemeinen (d. i. allgemeinen) Beutel, die Armenkasse den Armenbeutel. In dem Sinne von Kasse kann Beutel heute nicht mehr gebraucht werden. Das Wort hat vielmehr seine Bedeutung auf die wirklichen Leder- oder Leinenbeutel eingeschränkt, in denen auf der Post, bei Bankinstituten, Staatskassen usw. das Geld verwahrt wird, und auf den in der Tasche getragenen Geldbeutel. „Keinen Tropfen im Becher mehr und der Beutel schlapp und leer.“ Rudolf Baumbach, Die Lindenwirtin. „Wer reisen will, der tu Geld in den Beutel.“ Sprichwort. „Wir wollen uns nicht in den Beutel lügen“ (d. h. wir wollen uns vorher klar machen, wieviel Geld ein Unternehmen kosten wird und wieviel wir dazu haben). Sprichwort. — Vornehmer als Beutel ist der Ausdruck Börse. Das Wort (ahd. burissa, Tasche, mhd. burse, Börse, Beutel) ist über das Mittellateinische und Romanische (mittellat. bursa, frz. bourse, it. borsa) und Niederländische (beurs) zu uns gekommen; der gemeinsame Stamm für alle diese Wörter ist das griech. bursa, d. i. abgezogenes Fell, Lederschlauch, Beutel. Börse bezeichnet nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die aus gemeinsamer Kasse zusammenlebende Genossenschaft, worauf das Wort Bursche (d. i. urspr. Genossenschaft, namentlich der Studenten, dann der einzelne Teilnehmer an einer solchen Genossenschaft) beruht, das mit Börse identisch ist. Auch auf das Haus, in dem eine solche Genossenschaft wohnte, wurde dann das Wort übertragen. In den Niederlanden wurde auch das Versammlungshaus der Kaufleute zuerst Börse genannt. — Im engeren Sinne versteht man unter Geldbörse einen aus seidenen oder wollenen Schnüren gestrickten Geldbeutel, der in zwei Abteilungen, eine für größere, die andere für kleinere Münzen zerfällt und durch eine Schnur oder ein Band in der Mitte zusammengezogen und so geschlossen wird. Doch wurde das Wort zugleich als gewählter Ausdruck (nach dem franz. bourse) für den Geldbeutel überhaupt gebraucht. Der arme Mann hat keine Börse, sondern einen Geldbeutel oder ein Portemonnaie, während man von der Börse des reichen Mannes, des Reisenden, eines Fürsten, des Kaufmanns, von einer wohlgefüllten Börse usw. spricht. „Seidene Börsen voll Zechinen“ erwähnt Platen in den Abbassiden II, 100. In Schillers Kabale und Liebe IV, 9 sagt Lady Milford zu ihrer Dienerschaft: „Ihr dientet mir redlich und warm, sahet mir öfter in die Augen als in die Börse.“ — Geldtäschchen oder Portemonnaie sind etwas kleiner als Börse oder Geldbeutel und sind die gegenwärtig üblichsten Bezeichnungen. Geldtäschchen ist lediglich eine Verdeutschung des französischen Portemonnaie, das sich aber fest, namentlich auch beim Volke, behauptet. Eine Geldtasche kann auch eine größere Tasche (Ledertasche) sein, die man an einem Riemen umhängt oder umschnallt, daher braucht man als Verdeutschung für Portemonnaie lieber das Deminutivum Geldtäschchen. — Portemonnaie (von frz. porter, tragen und monnaie, Münze, also eigentlich: Münzenträger) ist so in die Volkssprache übergegangen, daß es sogar in die Dialekte und in Gassenhauer aufgenommen ist, z. B. „Das größte Portemonnaie hat Ludewig!“ Es ist auch das übliche Wort der Umgangssprache.