645. Gebären¹⁾. Zeugen²⁾. Werfen³⁾. Jungen⁴⁾.
Nach dem gegenwärtigen Gebrauche wird gebären (ahd. bëran, d. i. hervorbringen, eins mit lat. fero, gr. pher,) nur von Menschen, und zwar von der Mutter gesagt, dem Vater wird das Zeugen (mhd. ziugen, ausrüsten, anschaffen, hervorbringen, mit ziehen verwandt) beigelegt. Dieser eigentliche Gebrauch hat auf den uneigentlichen einen unverkennbaren Einfluß. Denn in diesem heißt erzeugen, etwas durch Vorbereitungen, Fleiß und Kunst hervorbringen. Der Gärtner erzeugt aus dem Samen oft Blumen mit neuen Farben, und jede Kunst hat ihre eigentümlichen Erzeugnisse; gebären aber heißt, unwillkürlich durch Naturnotwendigkeit darstellen, was schon unsichtbar da war. Werfen und jungen wird nur von Tieren gebraucht; das erstere vermutlich, weil sie ihre Jungen leicht zur Welt bringen und gleichsam von sich werfen. Indes ist zwischen beiden der Unterschied, daß jungen von Tieren gesagt wird, welche mehrere Junge mit einem Male werfen, namentlich von Haustieren. „Werfen ist verhüllend und darum anständiger als jungen.“ Weigand. Von Tieren, die Nester bauen und sich nistend fortpflanzen, gebraucht man auch den Ausdruck hecken (vgl. Art. 764), namentlich von Vögeln, doch auch von kleinen Säugetieren, die sich rasch vermehren, z. B. Hasen, Mäusen, Kaninchen u. a. So spricht man von einer Vogelhecke, einer Kanarienhecke u. ähnl. Bei den Vögeln zerlegt man die Tätigkeit des Heckens auch in das Eierlegen und Ausbrüten. „Wo die Wölfe nistend hecken.“ Goethe. Von einzelnen Tieren werden in der Umgangssprache sowie in der Sprache der Züchter und Jäger nach dieser Richtung hin besondere Ausdrücke gebraucht. Die Pferde fohlen (das junge Pferd heißt Füllen oder Fohlen). Die Kühe kalben (das junge Rind heißt Kalb), die Schafe lammen (das junge Schaf heißt Lamm), die Ziegen zickeln (die junge Ziege heißt Zicke oder Zicklein), die zahmen Schweine ferkeln (die jungen Schweine heißen Ferkel), die Wildschweine frischen (die jungen Wildschweine werden Frischlinge genannt) u. ähnl. Diese Sonderausdrücke sind jedoch in gewählter Sprache nicht üblich.