725. Grauen¹⁾. Greuel²⁾. Abscheu³⁾. Grausen⁴⁾.
Abscheu und Greuel bezeichnen die Gemütsbewegung, die aus der lebhaften Vorstellung eines großen Übels entsteht, mag dieses Übel in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft liegen; grauen und grausen beziehen sich auf bevorstehende Übel und drücken also einen höheren Grad der Furcht aus. Abscheu empfinden heißt: vor einem wirklichen oder vermeintlichen Übel zurückweichen oder fliehen. Greuel (mhd. der griuwel, griul, Schrecken, Grauen; zu grauen, mhd. grûwen, grauen, grausen, gehörig; von Greuel ist das Adjektiv greulich, mhd. griuwelich, abgeleitet) ist ein höherer Grad des Abscheus. Auch die Dinge selbst, die heftigen Abscheu oder Greuel erregen, werden Greuel, und ähnliche Taten Greueltaten genannt. „Ist sie wahrhaftig seine, meine Schwester, | so bin ich schuldig einer Greueltat.“ Schiller, Br. v. M. IV, 5. Grausen ist der höchste Grad des Grauens, bei dem eine unendliche Menge dunkler Vorstellungen von unbestimmten und eben dadurch fürchterlichen Übeln mitwirken. Es graut einem oft an einem Orte auch am Tage allein zu sein, es erregt Grausen, wenn man in einen tiefen, dunkeln Abgrund hinuntersieht, oder mit einer Einbildungskraft, die von Gespensterfurcht erfüllt ist, in der Mitternachtsstunde auf einem öden Kirchhofe allein ist. „Schwarz wimmelten da, in grausem Gemisch, | zu scheußlichen Klumpen geballt, | der stachlichte Roche, der Klippenfisch, | des Hammers greuliche Ungestalt.“ Schiller, Taucher. „Und da hing ich, und war’s mir mit Grausen bewußt, | von der menschlichen Hilfe so weit.“ Ebenda. „Hier wendet sich der Gast mit. Grausen.“ Schiller, Ring des Polykrates.