689. Gemein¹⁾. Allgemein²⁾. Aller³⁾.
Das Gemeine ist bloß dem Besondern entgegengesetzt, allgemein ist außerdem aber auch das, was nicht bloß einigen Teilen des Ganzen zukommt, wenn diese Teile auch noch so zahlreich sind. So ist das eine gemeine Meinung, die Menschen der verschiedensten Stände und der verschiedensten Bildung hegen, die sich also in verschiedenen Gesellschaftsklassen findet, ohne daß darum jeder einzelne aus diesen Klassen ihr zugetan zu sein braucht, die allgemeine Meinung dagegen ist die Meinung eines jeden ohne Ausnahme. Da gemein aber vielfach zur Bezeichnung des Niedrigen und Unedlen gebraucht wird (vgl. den vorherg. Art.), so wird allgemein gewöhnlich für gemein in seiner ursprünglichen guten Bedeutung gesetzt, denn allgemein drückt zugleich das französische général und universel aus. Es bezeichnet also sowohl die Allheit der Teile eines Ganzen, als auch das Höhere und Abstrakte, die höhere Gattung und das, was ihr zukommt. Der Genitiv aller bezeichnet dagegen nur die einzelnen Teile, sofern diesen etwas ohne Ausnahme zukommt. Der Wille aller in einer Gesellschaft oder das, was alle wollen, ist dasjenige, was jedem einzelnen Gliede derselben beliebt; der allgemeine Wille das, was dem Interesse der ganzen Gesellschaft gemäß ist, was also ein jeder wollen muß, wenn er vernünftig genug ist, um sein wahres Bestes zu kennen und nicht nach Leidenschaft, Laune, Eigensinn und sinnlichem Interesse zu entscheiden. Wenn daher Rousseau sagt: der allgemeine Wille muß die Gesetze geben, so heißt das nichts anderes, als: sie müssen vollkommen vernünftig sein; und er hat den allgemeinen Willen von dem Willen aller unterschieden.