638. Ganz¹⁾. Vollständig²⁾. Vollkommen³⁾.
Ganz nennt man ein Ding, sofern seine Teile überhaupt sämtlich vorhanden sind; vollständig, sofern es dadurch zu dem Gebrauche, zu dem es bestimmt ist, geschickt wird, oder überhaupt seiner Bestimmung entspricht. Ein Anzug wird ein ganzer genannt, sofern an ihm kein Teil fehlt; ein vollständiger, sofern er alle Teile enthält, die zu einer völligen Bekleidung gehören; denn diese ist seine Bestimmung. „Ein Hauptvorteil ist die treffliche Sammlung ihrer (der Israeliten) heiligen Bücher. Sie stehen so glücklich beisammen, daß aus den fremdesten Elementen ein täuschendes Ganze entgegentritt. Sie sind vollständig genug, um zu befriedigen.“ Goethe, Wanderj. II, 2. Zur Vollkommenheit eines Dinges gehört außer seiner Vollständigkeit oder dem Zusammensein seiner Teile, daß es die Form oder die Eigenschaften habe, die dem Wesen des Dinges völlig entsprechen. Ein Quadrat ist vollständig, sobald es nur vier gerade gleich lange Linien enthält, es ist aber alsdann erst ein vollkommenes Quadrat, wenn diese vier Linien genau senkrecht miteinander zusammengesetzt sind; denn diese Lage der Linien ist eine Beschaffenheit, die zu der Form und dem Wesen eines Quadrats gehört. Eine vollständige menschliche Gestalt hat alle menschlichen Glieder, eine vollkommene hat sie in der angenehmsten Form und dem richtigsten Ebenmaße. Den unkörperlichen Dingen legt man nicht Vollständigkeit, sondern nur Vollkommenheit bei, weil sie nicht aus einzelnen, räumlich trennbaren Teilen zusammengesetzt sind. Man nennt einen Geist, die Weisheit, die Tugend usw. weder ganz noch vollständig, sondern vollkommen. Eine vollständige Kenntnis eines Teiles der Wissenschaft ist eine solche, der es an keinem nötigen Stücke in ihr fehlt; eine vollkommene eine solche, die das Wichtigste, Wissenswürdigste, in der klarsten Ordnung, nach wissenschaftlichster Methode umfaßt, so daß alles unter sich zusammenstimmt und harmoniert.