619. Gacken, Gackern¹⁾. Gackeln²⁾. Gacksen³⁾. Schnattern⁴⁾. Schwatzen⁵⁾.
Im eigentlichen Sinne sagt man gackern von der Henne, schnattern von der Gans und Ente, schwatzen von der Elster, wie man von kleinen Singvögeln zwitschern, von ganz jungen Nesthockern oder Küchlein piepen oder piepsen, vom Truthahn kollern, vom Hahn krähen usw. sagt. Gacken ist das Urwort, von dem gackern, gackeln, gacksen, gicksen u. a. abgeleitet sind. Gackern ist das in der Schriftsprache gebräuchlichste Wort vom Schreien des Huhnes, z. B. die Henne gackert, wenn sie ein Ei gelegt hat. Gackeln ist dazu eine Nebenform, die namentlich im älteren Deutsch üblich war und noch heute bei Dichtern vorkommt. „Auf einer Meierei, da war einmal ein braves Huhn, das legte, wie die Hühner tun, an jedem Tag ein Ei und gackelte, mirakelte, spektakelte, als ob’s ein Wunder sei!“ Heinrich Seidel, Das Huhn und der Karpfen. Gacksen und gicksen werden nur mundartlich gebraucht und in der der Mundart nahestehenden Umgangssprache. In übertragener Bedeutung wird gackern, gackeln von Menschen gebraucht, die ihre kleinen Taten in ruhmrediger Weise hinausschreien wie gackernde Hühner. Es tritt also hier als das Eigenartige die Ruhmredigkeit hinzu. Diese Nebenbedeutung haben schnattern und schwatzen nicht. Auf diesem Nebenbegriff der Ruhmredigkeit in gackeln beruht das eben angeführte Gedicht von Heinrich Seidel; denn der Karpfen antwortet dem Huhn: „Alljährlich leg ich 'ne Million und rühm’ mich des mit keinem Ton; wenn ich um jedes Ei so gackeln wollt', mirakeln wollt', spektakeln wollt', was gäb’s für ein Geschrei.“ „Welch Gegacker! Welch Gemecker! Schriller Streit um die Geschmäcker. Laß sie meckern! Laß sie gackern! Wir woll’n unsern Acker ackern.“ Otto Julius Bierbaum, Künstlerkernspruch, Irrgarten der Liebe 1905, S. 355.
Schnattern dagegen (mundartlich auch schnadern) hebt das Lärmen, das Hastige und das Durcheinanderschreien, schwatzen die Sinnlosigkeit hervor. „Und von den Gänsen, welches Geflatter, welches Geschnatter!“ Johannes Trojan, Der Hühnerhof. Im übertragenen Sinne bezeichnet daher schnattern das hastige Durcheinanderschreien der Menschen, namentlich der Mädchen und Frauen. „Das boshafte Volk schnatterte unverständliches Zeug wild durcheinander.“ Franz von Gaudy, Erzählungen 38 (Kollektion Spemann). „Sieh, die Sonne sinkt! Eh sie sinkt, eh mich Greisen ergreift im Moore Nebelduft, Entzahnte Kiefer schnattern Und das schlotternde Gebein!“ Goethe, An Schwager Kronos. „Warst du nicht die Memme, die anhub zu schnadern, als sie riefen: Der Feind kommt?“ Schiller, Räuber IV, 5.
Schwatzen (früher schwätzen, das jetzt nur noch süddeutsch vorkommt) bezeichnet zwar in der Regel ein gedankenloses Drauflosreden oder Erzählen von unbegründeten Gerüchten (Geschwätz), kann aber auch, ohne üble Nebenbedeutung, zuweilen ein behagliches Plaudern, bei dem man sich keinen Zwang auferlegt, bezeichnen. „Still und maulfaul saßen wir, wenn Philister schwätzten.“ Goethe, Generalbeichte. Auch von sprechenden Papageien, Staren usw. sagt man: sie schwatzen. Wer sich nicht überlegt, was er spricht, der schwatzt in den Tag hinein.
In manchen Gegenden sagt man zuweilen auch von Gänsen, daß sie gackeln oder gacksen, auch vom Storch, von dem man sonst in der üblichen Schriftsprache sagt, daß er klappert. Paul von Heyse sagt sogar von einem Affen: „wobei er wieder sein leises Schnattern hören ließ“ (Gesammelte Werke, Berlin 1873 ff. 6, 181).