§ 30. Modalität der Urteile: Problematische, Assertorische, Apodiktische


Der Modalität nach, durch welches Moment das Verhältnis des ganzen Urteils zum Erkenntnisvermögen bestimmt ist, sind die Urteile entweder problematische, oder assertorische, oder apodiktische. Die problematischen sind mit dem Bewußtsein der bloßen Möglichkeit, die assertorischen mit dem Bewußtsein der Wirklichkeit, die apodiktischen endlich mit dem Bewußtsein der Notwendigkeit des Urteilens begleitet.

Anmerk. 1. Dieses Moment der Modalität zeigt also nur die Art und Weise an, wie im Urteile etwas behauptet oder verneinet wird: ob man über die Wahrheit oder Unwahrheit eines Urteils nichts ausmacht, wie in dem problematischen Urteile: die Seele des Menschen mag unsterblich sein; — oder ob man darüber etwas bestimmt — wie in dem assertorischen Urteile: die menschliche Seele ist unsterblich; — oder endlich, ob man die Wahrheit eines Urteils sogar mit der Dignität der Notwendigkeit ausdrückt — wie in dem apodiktischen Urteile: die Seele des Menschen muß unsterblich sein. — Diese Bestimmung der bloß möglichen oder wirklichen oder notwendigen Wahrheit betrifft also nur das Urteil selbst, keinesweges die Sache, worüber geurteilt wird.

2. In problematischen Urteilen, die man auch für solche erklären kann, deren Materie gegeben ist mit dem möglichen Verhältnis zwischen Prädikat und Subjekt, muß das Subjekt jederzeit eine kleinere Sphäre haben, als das Prädikat.

3. Auf dem Unterschiede zwischen problematischem und assertorischem Urteilen beruht der wahre Unterschied zwischen Urteilen und Sätzen, den man sonst fälschlich in den bloßen Ausdruck durch Worte, ohne die man ja überall nicht urteilen könnte, zu setzen pflegt. Im Urteile wird das Verhältnis verschiedener Vorstellungen zur Einheit des Bewußtseins bloß als problematisch gedacht; in einem Satze hingegen als assertorisch. Ein problematischer Satz ist eine contradictio in adiecto. — Ehe ich einen Satz habe, muß ich doch erst urteilen; und ich urteile über vieles, was ich nicht ausmache, welches ich aber tun muß, so bald ich ein Urteil als Satz bestimme. — Es ist übrigens gut, erst problematisch zu urteilen, ehe man das Urteil als assertorisch annimmt, um es auf diese Art zu prüfen. Auch ist es nicht allemal zu unsrer Absicht nötig, assertorische Urteile zu haben.


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