Demagogische Umtriebe
Demagogische Umtriebe nannten die Regierungen nach den Karlsbader Beschlüssen vom August 1819 und der Einsetzung einer Zentraluntersuchungskommission zur Aufspürung demagogischer Umtriebe die liberalen Bestrebungen an den Universitäten und in der Presse und verfolgten sie aufs schärfste. Kein Wunder, dass man das neue kriminalistische Kunstwort mit Hohn und Verwünschungen aufnahm. Nach 1832 schilt es Börne 11, 22 einen Ausdruck der Schindersprache. Über die allgemeine Gärung, die sich damals aller Gemüter Deutschlands bemächtigte, vgl. z. B. Görres 4, 67 (1819): „Was den tätigsten, ränkevollsten und verschmitztesten demagogischen Umtrieben für sich von unten heraus nimmer gelungen wäre, das friedliche, ruheliebende, nüchterne und gemäßigte deutsche Volk in allen seinen Elementen und Tiefen aufzuregen und zu erbittern, das haben die, so von oben die Sache bei dem langen Arme des Hebels angegriffen .., glücklich zu Stande gebracht.“
Vgl. außer Gombert, Festg. der auch die scherzhaft-spöttische Einzahl Umtrieb bei Pückler und humoristische Anspielungen bei Arndt belegt, noch einige Varianten, die aus der Fülle der von Anfang an erscheinenden Nachbildungen ausgewählt sein mögen. Görres 4, 96 (1819) „revolutionäre Umtriebe“, ebda. S. 160 „geheime Umtriebe“ (z. B. auch bei Hauff 3, 48 f.), S. 162 „sträfliche Umtriebe“. Ferner 5, 36 (1822) „macchiavellistische Umtriebe“, Gaudy 12, 152 „satanische Umtriebe“, Börne 12, 138 (1833) „preußische, das heißt .. original-patent-demagogische Umtriebe“ usw. usw. Siehe auch spätere Zusammensetzungen ZfdW. 5, 124. Abgeleitete Substantiva, z. B. Umtrieber, begegnen bei Jahn 2, 799 (1837): „Die Marktschreier des „historischen Rechts“ sind heutzutage gefährliche Umtrieber;“ ähnlich Umtriebler, wie Heine 7, 97 (1840) den geschickten Demagogen Garnier nennt.
E. M. Arndt hat den Groll über diese ausregenden schikanösen Untersuchungen sein Lebtag nicht verwinden können. Das beweist u. a. der herbe Vorwurf 2, 124 (1858): „Über die Geheimnisse solcher wunderlichen Papiere und Briefschaften und über die geheimen politischen Umtriebe, worauf sie prächtig gedeutet werden konnten, hätte ich bei den demagogischen Umtrieben, womit ich viele besten Jahre meines Lebens umgetrieben worden bin, wahrhaftig zu Tod gequält werden können.“ Und S. 173: „O, was würde Preußen noch erlebt haben bei der Jagd der demagogischen Umtriebe, wenn der König einen Fürsten Wittgenstein und Herrn vom Kamptz und deren böse Schlange Herrn Tschoppe … hätte gewähren lassen, wie sie wohl gewollt hätten!“