Drohnen
Drohnen ist im übertragenen Sinne seit dem 18. Jahrhundert als Scheltwort gebräuchlich. Wieland bei Böttiger, Lit. Zust. 1, 170 (1795): „Wir Gelehrte sehen uns für viel zu wichtig an. Wir sind Drohnen und Faultiere im Bienenstock.“ Gombert bringt in der ZfdW. 3, 172 weitere Belege seit dem 2. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, z. B. Voß, Stolberg ein Unfreier (1820) S. 111 ff.: „Dies Erbdronenrecht (erbliche Vorrechte der Ritterschaft!) begeistert sie, wie den Griechen Freiheit und Vaterland; dies fortzuerben auf ihre Drönlinge, reizen sie unter einander das Volk auf den Fürsten, den Fürsten auf das Volk.“
Den spezifischen Charakter eines sozialpolitischen Schlagwortes scheint mir aber der Ausdruck erst durch Saint-Simon erhalten zu haben, der in seinem Buch Du système industriell. Deuxième partie (1821) auf den Umschlag der 3. Lieferung das tendenziöse Motto setzte: „Ich schreibe für die Industriellen, gegen die Höflinge und gegen die Adligen, d. h. ich schreibe für die Bienen und gegen die Drohnen.“ Von da ab wird der Ausdruck mehrere Jahrzehnte vorzugsweise eine demokratische Schelte gegen die kapitalistischen Klassen, bis er allmählich wieder allgemeiner für träge oder unproduktive Menschen üblich wird.
Vgl. Ludw. Feuerbach, Sämtl. W. 3, 127 (1830): „Mystiker sind die Drohnen des Staats.“ Gutzkow spricht in den Beiträgen zur Gesch. d. neuesten Lit. 2, 351 (1839) über „die Steuerirremunität der Rentirer, dieser gesellschaftlichen Drohnen“. Hoffmann von Faltersleben hat ein besonderes Gedicht verfaßt 4, 224 ff. auf die „adelichen Drohnen“, die nicht werken und frohnen wollen, bis sie von den rebellischen Bienen in der großen Drohnenschlacht geschlagen werden (März 1842).
Später hat Bismarck nach Meyer S. 82 das Wort gern gegen die Bürokraten gewandt oder, wie Gombert hinzufügt, vielleicht gegen alle Beamten, die nichts als Beamten eben sind.
Eine ähnliche Schelte war im 18. Jahrhundert auch der Ausdruck Hummeln. So bemerkt Mendelssohn in den Literaturbriefen 6, 258 (1760): „Man ist es von der Raubbegierde der gelehrten Hummeln schon gewohnt, dass sie sich von fremder Arbeit nähren.“ Andere Zeugnisse bei Gombert in der ZfdW. 7, 4.