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Aufmerken

Ich glaube, wir sind jetzt in der Lage, unsere vorläufige Definition der Aufmerksamkeit um einen kleinen Strich zu verbessern. Der Nachweis, daß Aufmerksamkeit und Zerstreutheit eigentlich verschiedene Auffassungen desselben Zustandes sind, hatte nur wie die frühere Kritik der Untereinteilungen der Aufmerksamkeit den Zweck, das Abstraktum Aufmerksamkeit zu eliminieren. Das Adjektiv beim aufmerksamen Wahrnehmen und beim aufmerksamen Denken, oder, wenn man will, das Verbum aufmerken, behält einen Sinn, erscheint uns nach wie vor als die Empfindung einer Arbeit, einer Arbeit im Bewußtsein. Die Zurückführung des Interesses (welches ja die Aufmerksamkeit lenkt) auf das Gedächtnis, die Auflösung des Selbstbewußtseins in Gedächtnisäußerungen, nicht zuletzt die Beziehung zwischen Apperzeption und Gedächtnis läßt uns vermuten, daß diese Arbeit, die wir als das Gefühl der Aufmerksamkeit empfinden, Gedächtnisarbeit sein könne. Jede Apperzeption fällt mit einem Gefühle der Aufmerksamkeit zusammen. Jede Apperzeption ist irgend eine Bereicherung des Gedächtnisses. Wir vermuten also, daß die Aufmerksamkeit die Empfindung des Gedächtnisses ist, welches die Arbeit einer inneren Vermehrung, eines Wachstums leistet. Wir schließen daraus sofort, daß das Gefühl der Aufmerksamkeit sich erst bei den mit Nerven ausgestatteten Tieren einstellt; bei Pflanzen und niederen Tieren beobachten wir kein Wachstum des Individualgedächtnisses oder des Artgedächtnisses; umgekehrt hat auch der Mensch kein Gefühl der Aufmerksamkeit für sein körperliches Wachstum.

Ich betone den Ort dieser Arbeit, die Werkstätte, die als Gedächtnisarbeit wohl sicher im Nervenapparat vor sich geht, um den Weg berühmter Physiologen ablehnen zu können, welche die Aufmerksamkeit einerseits mit dem Begriffe der Hemmung in Verbindung brachten, anderseits die Tätigkeit der Aufmerksamkeit unweigerlich an Bewegungen knüpften und Bewegungen im menschlichen Körper nur als Muskelbewegungen verstanden. Auf alle Fälle leistet auch die Hemmung Arbeit. Daß aber jede Bewegung im menschlichen Körper Muskelbewegung sei, daß jeder Willensakt nur durch Muskeln und nur auf Muskeln wirke, scheint mir eine sehr makroskopische Anschauung zu sein. Wir können sie aber unbeachtet lassen. Uns kann es genügen, daß das aufmerksame Wahrnehmen oder Denken in den Nerven Bewegungen oder Veränderungen ausdrücke (man sagt wohl auch: verursache), welche wir schwächer oder stärker oder gar bis zur Ermüdung und Unerträglichkeit als Arbeit empfinden.