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Klassifikation der Aufmerksamkeit

Die Kritik des Begriffs Aufmerksamkeit hat uns also bis jetzt schon die vorläufige Definition bestätige, daß Aufmerksamkeit die Empfindung einer Anstrengung sei; sie hat uns außerdem eine Fülle sogenannter negativen Ergebnisse geliefert. Wir haben gesehen, daß die Aufmerksamkeit sich nicht wie irgend ein Haufe von wirklichen Dingen in feinere oder gröbere Bestandteile, daß die Aufmerksamkeit sich nicht in Unterarten einteilen lasse. Weder die Einteilung in passive und aktive Aufmerksamkeit, noch die in unwillkürliche und willkürliche Aufmerksamkeit ergab feste Grenzlinien. Dann glaubten wir das Wesen der Aufmerksamkeit besser beobachten zu können an dem Unterschiede zwischen aufmerksamem Wahrnehmen und aufmerksamem Denken; aber auch hier schoben sich die früheren Einteilungsgründe dazwischen, und die schönsten Vorstellungen vorn Wollen gerieten ins Schwanken. Als nun gar die personifizierte Aufmerksamkeit zugleich die Wirkung und die Ursache der Menschenentwicklung sein sollte, da wurden wir stutzig. Wir kehren jetzt zum Anfang der Untersuchung zurück. Läßt sich die Aufmerksamkeit irgendwie einteilen, ist sie gar Ursache, geschweige denn Wirkung der Entwicklung, so muß sie ein Ding sein, z. B. eine personifizierte Kraft, etwas Objektives; nach unserer vorläufigen Definition ist sie eine Empfindung, etwas Subjektives. Wohlgemerkt, hier darf man nicht mehr von einem Einteilungsgrunde reden. Die Aufmerksamkeit in eine subjektive und in eine objektive einzuteilen, das wäre ebenso falsch, wie wenn man ein Siegel in das vertiefte und in das erhabene Siegel einteilen wollte, weil Siegel und Siegelabdruck vertieft oder erhaben sind , je nachdem wir unsere Aufmerksamkeit auf das Material lenken. (Ich finde eben, daß schon S. Maimon — Versuch einer neuen Logik 337 — das Symbolische des Siegelvergleichs erkannt hat. Vorstellungen sind Abdrücke, aber nur bildlich.)